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Ghana: Kampf gegen Produktpiraterie

Ghana: Kampf gegen Produktpiraterie | Bild: ARD

Ghana ist stolz auf seine Textilien: Farbenfrohe oft handgewebte afrikanische Stoffe.  30 Tausend Menschen arbeiteten lange in der eigenen Textilindustrie. Doch mittlerweile sind es nur noch knapp 3.000. Ein Grund für den Niedergang: Der Markt wird über- schwemmt mit billigen Stoff-Kopien, die überwiegend aus China in das Land geschmuggelt werden.

Die ghanaische Regierung hat nun eine Spezialeinheit gegründet, die gegen den Schmuggel vorgehen will. Immer wieder finden spektakuläre öffentliche Stoffverbrennungen  von beschlagnahmten Textilien statt. Und die ghanaische Regierung hat den Freitag zum Tag des „Traditionellen Gewandes“ erklärt. An ihm sollen die Bürger traditionelle Kleidung anziehen und damit die heimischen Schneider und Stoffproduzenten unterstützen.

Eine Reportage von ARD Korrespondentin Sabine Bohland, Studio Nairobi.

Der Makola-Markt in Ghanas Hauptstadt Accra. Ein Paradies für alle, die es bunt mögen. Es gibt die knalligsten Stoffe, mit immer neuen Mustern. Am beliebtesten sind jedoch die traditionellen Wachsstoffe mit uralten Motiven. Hier werden Stoffe gekauft wie in Deutschland fertige Kleider. "Wenn ich zu einem Fest eingeladen bin, dann suche ich mir einen Stoff aus, der eine Bedeutung hat", erklärt uns die Kundin." Für den Alltag habe ich aber lieber was Modernes, so wie dieses hier. Ich achte aber immer auf die Qualität."

Frauen in traditioneller Kleidung
Am Traditional Friday Wear-Tag sollen die Ghanaer traditionelle Kleider tragen  | Bild: SWR

Für heimische Originalstoffe muss die traditionsbewusste Ghanaerin umgerechnet etwa 15 Euro für knapp drei Meter hinlegen, das reicht für ein Kleid. Dazu die Kosten für die Schneiderin – für viele nicht zu bezahlen. Doch seit einigen Jahren gibt es eine billige, allerdings illegale Alternative. Raubkopien aus China für ein Drittel des Preises. Die Verkäuferin erzählt, dass zur Zeit keiner die billigen Stoffe habe, die wären auf dem ganzen Markt beschlagnahmt worden, bei einer Razzia. Die Läden, die die Originalstoffe verkaufen, machen seit Jahren Verluste. "Wenn wir ein neues Muster im Laden haben, kommt sofort jemand, kauft ein, zwei Meter und innerhalb von 3 Wochen ist die Kopie auf dem Markt."

Außerhalb der Hauptstadt in dem kleinen Ort Akosombo. Hier produziert die Firma ATL traditionelle afrikanische Stoffe. John Amoah ist als Markenschützer angestellt. Er begutachtet mit einem Kollegen neue Fälschungen aus China. Eine Spezialtruppe aus Polizei, Vertretern des Handelsministeriums und anderer Textilfirmen versucht seit einigen Monaten gegen das Netzwerk der Produktpiraten aus Ghana und China vorzugehen. John Amoah erzählt von der Razzia auf dem Markt. Die billige Ware Made in China kopiert ganz frech nicht nur Original-Muster aus Ghana, sondern auch die Logos der Firmen. Doch woran erkennt man das Original? "Hier, schauen sie mal, dieser Stoff ist eines unserer Produkte. Die Wachsblasen im Muster sind alle unterschiedlich, unsere Stoffe sind unverwechselbar. Der Stoff hier ist eine Fälschung. Die vermeintlichen Wachsblasen sind alle gleich, einfach aufgedruckt."

Arbeiter und Maschinen in einer Textilfabrik
Die Firma ATL stellt traditionelle Stoffe her  | Bild: SWR

Bei ATL werden traditionelle Stoffe von der Baumwolle bis zum fertigen ghanaischen Waxprint hergestellt. Alles ist Made in Ghana. Die riesigen Trommeln sind das Herzstück der aufwendigen Textilkunst. Die zuvor mit Wachs bzw. Baumharz überzogenen Stoffe werden geschleudert, die Harzschicht dabei gebrochen. So entsteht ein unverwechselbares, einzigartiges Muster. Steve Dutton arbeitet seit 15 Jahren als Marketingchef für ATL, die Situation der Textilindustrie sieht er zunehmend verzweifelt. "99% aller Stoffe aus Fernost kommen illegal nach Ghana und Westafrika. Die meisten werden geschmuggelt. Leider sind wir direkt neben der Freihandelszone in Nachbarland Togo. Von dort kann alles leicht nach Ghana gebracht oder über die lange Grenze geschmuggelt werden." In verschiedenen Arbeitsschritten wird sorgsam eine Farbschicht nach der anderen aufgetragen – eine teure Herstellungsart. Die Stoffe aus Fernost haben nicht annähernd die gleiche Qualität.

Zurück auf dem Makola Markt. Seit vielen Jahren wird Ghana auch von Gebrauchtkleidung aus Europa überschwemmt. Ghana ist eines der afrikanischen Länder mit dem größten Anteil an Second-Hand-Kleidung – obwohl es die farbenfrohe heimische Alternative gibt. Zusätzlicher Druck für die Textilindustrie. "Auf die Dauer sind die gebrauchten Kleider günstiger. Stoffe zu kaufen und Kleider schneidern zu lassen, ist ganz schön teuer und dauert auch manchmal ewig. Dann kaufen wir second hand", sagt eine Käuferin. Doch das eigentliche Problem für Ghana ist die Billigkonkurrenz aus China, die meist von einheimischen Zwischenhändlern ins Land geschmuggelt wird. Die Spinnerei in der Firma ATL arbeitet nur noch an drei Tagen die Woche, 500 Mitarbeiter mussten schon entlassen werden, jetzt arbeiten noch 1000 Menschen hier, teilweise in Kurzarbeit.

Brennende Textilien
Gefälschte und geschmuggelte Textilien werden verbrannt | Bild: SWR

Auf einer Müllkippe am Rande der ghanaischen Hauptstadt. Der Stoffhaufen ist aus gefälschter geschmuggelter Ware. Die Spezialeinheit will ein Exempel statuieren. Unermüdlich beantwortet der Markenschützer John Amoah die Fragen der Journalisten. "Die Fälscher sollen eigene Muster entwerfen und ihr eigenes Label aufdrucken. Sie sollen Zoll zahlen, dann können sie ihre Stoffe auf dem Markt verkaufen und wir alle können von einem fairen Wettbewerb ausgehen." ‚Made in Ghana’ soll geschützt werden – ein Aus für Fälschungen. Die Regierung ist stolz auf die echten traditionellen Produkte, nicht nur der stellvertretende Handelsminister."Frauen sehen wunderschön in afrikanischen Stoffen aus", sagt der stellvertretende Handelsminister Murtala Mohammed. "Ich kaufe meiner Frau nur afrikanische Stoffe, die Originale, nicht die nachgemachten. Wir müssen die echte ghanaische Qualität schützen und den Kriminellen den Kampf ansagen. Dann können wir auch wieder mehr produzieren und letztlich sogar die Preise für die Verbraucher senken." Seit einiger Zeit hat die Regierung den Traditional Friday Wear-Tag ausgerufen. Alle sind aufgefordert, sich freitags traditionell zu kleiden, Büros, Schulen, Normalbürger. So kann sich die ghanaische Textilindustrie über Wasser halten – vorerst.

Stand: 09.02.2015 14:28 Uhr

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