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Südafrika: Der letzte Goldrausch

Südafrika: Der letzte Goldrausch | Bild: SWR

Was sie machen ist lebensgefährlich! Unter Tage sowieso. Wenn Hloniphani und ihre Freundin Nomusa hinabsteigen in die aufgegebenen Schächte aus alten Zeiten. Sie sind zwei von hunderten, die so vor den Toren Johannesburgs ihren Lebensunterhalt bestreiten. Unter Tage bleiben sie Stunden – manche Tage lang, ausgerüstet nur mit einer Stirnlampe und klopfen Steine. Was sie hoch bringen, zermahlen sie zu feinem Staub und waschen ihn. Zurück bleiben kleinste Spuren von Gold. Über Tage geht die Gefahr weiter. Was sie machen ist illegal. Vor der Polizei verbergen sie sich und an die Banden, die hier operieren, müssen sie immer wieder Schutzgeld bezahlen. Das harte Leben der illegalen Goldschürfer von Johannesburg. Für Hlomiphani aber der einzige Weg, ihrer Kinder durchzubringen.

Manchmal sind sie drei, manchmal sogar vier Stunden so unterwegs auf allen Vieren immer tiefer in den Berg. Heiß ist es, stickig sowieso. Aber nur so kommen die beiden Frauen an das bisschen Gold heran, das die Minengesellschaft im Berg zurückgelassen hat, als sie den Schacht vor ein paar Jahren schloss – zu unrentabel. „Wir biegen weiter hinten ab auf dem Weg nach Makoko“, sagt Hlophani. Ein Stollen in dem sie das letzte Mal eine kleine Goldader entdeckt hat. Hier unten ist alles Handarbeit. Selten sind es Frauen, die sich so weit vorwagen. Hlophani und ihre Freundin aber gehen Stein für Stein durch auf der Suche nach Spuren von Gold. Kupfer gibt es hier unten auch, das aber lohnt sich nicht. „Das Gold kann man im Stein erkennen. Die Steine sind sehr unterschiedlich. und manchmal sieht man Goldeinschlüsse. Die zeigen dir dann wo du suchen musst, manchmal führen sie dich zu einer Goldader.“ Der da aber ist nichts.

Goldklumpen
Die magere Ausbeute | Bild: SWR

So wie sie gekommen sind, robben sie auch wieder zurück. Die Ausbeute: Ein paar Brocken Fels – vielversprechend wie sie hoffen. Mehr können sie nicht tragen. Einen Tag und die ganze Nacht sind sie normalerweise unter Tage, erst am nächsten Morgen steigen sie wieder auf. Sonst würde sich der lange Abstieg nicht lohnen. Zu Fuß gehen sie zurück in ihre Township. In der jeder irgendwie von der illegalen Goldsuche in den gesperrten Schächten lebt. Hier in Durban Deep können wir nur mit versteckter Kamera drehen. Die Goldschürfer möchten keine Öffentlichkeit. Außerdem sind sie in Gangs organisiert. Hier die Simbabwer, weiter drüben zermahlen Frauen aus Lesotho die Felsbrocken zu feinem Staub. Die Frauen sind meist für alles über Tage zuständig. Die Männer gehen in der Regel in die Stollen. Hunderte arbeiten hier so. Ein ganzes Township lebt von der alten Mine und dem was sie da noch rausholen können. Illegal, und trotzdem unter den Augen der Polizei, denn die schaut weg, weil sie mitverdient.

Hlophani versucht sich von den Gangs und der Polizei fernzuhalten. Im Innenhof bei ihrer Hütte betreibt sie - zusammen mit anderen - ihre Goldproduktion. Hier können die Frauen wenigsten gleichzeitig auf ihre Kinder aufpassen. Hlophani hat vier. Es dauert lange, bis aus den Steinbrocken feiner Staub wird. Der Grundstoff für die Goldgewinnung. Es ist ein staubiges Leben, das sie hier führen. Aber es ist ihre einzige Chance. Jobs gibt es hier nicht, am südwestlichen Rand von Johannesburg. Der Stadt, die vor 120 Jahren nur wegen des Goldes gegründet wurde. Sie wollen am letzten Goldrausch teilhaben, auch wenn es gefährlich ist.  Als Frau unter Tage – einfach ist das nicht, in einer Männerwelt. „Da ist nichts was mich schützt, wenn ich unter Tage gehe. Du kannst nicht wegrennen, wenn etwas passiert. Vor dem Tod davonrennen, da unten geht das nicht. Aber meine Kinder und ich haben zu Essen, darum geht es doch“, meint Hlophani. „Außerdem kann dir auch über Tage etwas zustoßen, beruhigt sie sich. Du kannst auch in einem Autounfall sterben.“

Wasserrutsche
Feinste Goldpartikel setzen sich ab  | Bild: SWR

So denken sie hier alle. Was sollten sie auch sonst machen. Sie sind Goldschürfer. Ein kleiner Goldrausch, der ganz Armen. So in etwa hatte es hier wohl auch angefangen, vor 120 Jahren. Der Staub wird über die Wasserrutsche gespült. Und weil Gold 19 mal schwerer ist als Wasser, setzen sich die Goldpartikel in den ausgelegten Handtüchern ab. Die Ausbeute ist gering, um sie ein bisschen zu steigern setzen die Goldschürfer Quecksilber ein, das bindet das Gold, ist aber auch hochgiftig. Hier fassen sie es mit bloßer Hand an. Das ist extrem gesundheitsgefährdend, sie nehmen es in Kauf, viel bleibt trotzdem nicht übrig. „Das ist vielleicht ein Fünftel von einem Gramm. Das lohnt sich kaum. Brot, Maismehl vielleicht ein bisschen Fleisch, mehr kann ich davon nicht kaufen.“

Zweimal pro Woche steigen sie ab in die Stollen. Auf die Kinder passt dann die älteste Tochter auf. Ein ungutes Gefühl bleibt trotzdem zurück. Über Tage finden sie es nämlich gefährlicher als im Schacht, so sehen sie es. „Wovor wir uns wirklich fürchten sind die Polizei und die Gangs. Die Polizei nimmt uns unsere Sachen weg, alles, und auch die Gangs rauben uns aus. Es gibt keinen Unterschied zwischen den Gangstern und der Polizei.“ Und dann verschwinden sie wieder im Bauch der Erde. Seit sieben Jahren macht das Hlophani schon. Zwei ihrer Freundinnen hat sie in dieser Zeit bereits verloren. Sie starben wegen des Staubs in der Lunge.

Ulli Neuhoff, ARD Johannesburg

Stand: 15.04.2014 10:51 Uhr

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