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Südafrika: Das schönste Ende der Welt

Südafrika: Das schönste Ende der Welt | Bild: ARD

Namaqualand heißt eine der trockensten Gegenden Südafrikas. Besiedelt nur von einigen wenigen Ureinwohnern, den San. Kaum ein Tourist verirrt sich in diese Region an der Grenze zu Namibia. Im südafrikanischen Frühling, der jetzt begonnen hat, ändert sich das schlagartig.

Ein bisschen Regen genügt – und schon wandelt sich die Wüste zu einem Blütenmeer, das von Bienen und Touristen gleichermaßen durchschwärmt wird. Viel Zeit bleibt nicht, denn die Farbepracht hält nur wenige Wochen, danach versinkt das Land wieder in Einheitsbraun. Eine Reportage von Ulli Neuhoff, ARD Johannesburg.

Trockene, karge Wüste
Die meiste Zeit im Jahr ist die Region trocken und karg.  | Bild: SWR

Einmal im Jahr erblüht der trockene Busch im Namaqualand. Und er blüht förmlich um die Wette, denn fürs Bestäuben bleiben nur sechs Wochen Zeit vor der Trockenheit. Jeden Tag ist Lita jetzt unterwegs, sie hat ihr Leben dieser Pflanzenwelt verschrieben. Blütezeit ist Hauptsaison. Dann reicht es auch wieder, meint sie. Eine längere Blütezeit will sie gar nicht. soDas wäre zu viel Aufregung auf einmal. Du weißt ja, wenn man zu viel davon hat, dann wird es normal und du merkst es nicht mehr. Ich möchte das nicht erleben. Ich brauche noch die Aufregung und Vor-Freude, das Warten auf die Blüte."

Der Busch als Apotheke

Es ist eine der am dünnsten besiedelten Gegenden von Südafrika. Landwirtschaft lohnt sich hier eigentlich nicht. Viele haben diese abgeschiedene Gegend in den vergangen Jahren verlassen. Ein paar Weiße wie Lita leben hier noch. Und die San, die von alters her im Namaqualand siedeln. Sie sind die wahren Ureinwohner im südlichen Afrika. Ouma Brandt gehört zu ihnen. Litas alte Freundin. "Kräuterhexen" sind sie beide – das verbindet. Altes Wissen, denn der Busch kann viel mehr als nur farbenfroh blühen. "Du musst dich schon auskennen, wissen wofür welche Pflanze gebraucht werden kann. Dann ist der Busch eine Apotheke, sagt Ouma Brandt. Sonst bringen die Pflanzen dir nichts. Aber wir haben es gelernt, denn hier gab es ja keine Ärzte."

Blühende Blume
Einmal im Jahr entfaltet sich eine millionenfache Blütenpracht. | Bild: SWR

Sie halfen sich selbst. Zwangsläufig, denn sie leben das ganze Jahr hier, im Sommer wird es bis zu 45 Grad heiß, im Winter ist es kalt. Kaum jemand kommt dann freiwillig ins Namaqualand. Jetzt aber zur Blütezeit strömen die Touristen. Und Lita führt sie. Blumensafari. "Es ist noch ein bisschen zu kalt für die Blüten, noch öffnen sie sich nicht, Die Insekten fliegen noch nicht, die brauchen die Wärme um auf Betriebstemperatur zu kommen", erklärt Lita. Die Blumensafari, ist die einzig, bei der man nicht früh am Morgen aufstehen muss. Erst ab 12 Uhr mittags sind alle Blüten auf. Erst dann entfalten sie ihre volle Pracht. Die Saison ist kurz. Aber solange das Blütenmeer wogt, kommen die Touristen, jedes Jahr. Sechs Stunden fahren sie dafür von Kapstadt in den Norden. "Das ist wirklich etwas ganz Besonderes", sagt eine Touristin. "Ich glaube sogar, es ist eines der Weltwunder. Und das vor unserer Haustüre in Südafrika. Die Reise ist es wert."

Safari mit Tee

Teepause für Litas Reisegruppe mitten im Nationalpark. Auch hier ist der Unterschied zu anderen Safaris klar - man nimmt sich Zeit. Genießt den englischen Tee genauso wie die Blumen. Und die sind Orange im Namaqualand. "Die Bestäuber, fliegen hier in unserer Gegend vor allem auf das grelle Orange", sagt Lita Cole. "Die gleichen Pflanzen sind unten an der Küste weiß oder pastellfarben in der Vanrhynsdorp-Gegend. 2000 verschiedene Arten, die alle kurz nach dem kärglichen Winterregen blühen. Um dann wieder in die Hitzestarre zu verfallen." Die Touristen sind dann wieder weg.

Mann und Frau untersuchen Pflanze
Die Ureinwohner im südlichen Afrika kennen die Heilkraft der Pflanzen. | Bild: SWR

Sie aber leben auch dann vom Trockenbusch. Das alte Wissen um die Heilkraft der Pflanzen wird jetzt zur bescheidenen Einkommensquelle. Noch steckt das Projekt in den Anfängen, aber schon jetzt beschäftigt es acht Menschen, die sonst keine Arbeit hätten. Und sie machen sich das alte Wissen zu nutze. "Der botanische Name ist Sceletium tortousum", erklärt Charles Brandt. "Diesen Kougoed nutzen schon meine Vorfahren. Wenn du Bauchschmerzen hast hilft es. Und es gibt dir gleichzeitig gute Gefühle. Wie die Jungen heute, wenn sie Alkohol trinken, das ist ähnlich. Es macht dich high, bringt dich in eine gute Stimmung." Ein Rauschmittel, das die lokale Gemeinde hier anpflanzt – ganz legal. Soll übrigens auch gegen Depressionen helfen. Der Busch ist voll von solchen Heilpflanzen.

"Eure Leute wussten immer viel über die Pflanzen im Busch, und wir wissen auch einiges", meint Lita Cole. "Und ihr habt dieses Wissen nicht für euch behalten und wir haben daraus auch keine Geheimwissenschaft gemacht. Oder?" "Genau Tante Lita, schon damals haben wir unser Wissen geteilt. Heute ist das nicht mehr so, denn heute gibt es kaum mehr Menschen die solche Dinge wissen." An Lita liegt das sicher nicht. Sie ist an jedem Tag der Blüte unterwegs und erzählt, was sie weiß über das blühende Busch-Veld von Namaqualand.

Stand: 09.07.2019 12:57 Uhr

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