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Spanien: Das Leiden der Ärzte

Spanien: Das Leiden der Ärzte | Bild: BR

Sie gehören fast schon zum Alltag: Demonstrationen in der Hauptstadt Madrid mit erbosten Bürgern, frustrierten Ärzten und Krankenschwestern. Protest gegen ein kaputt gespartes Gesundheitssystem, so sehen es die Menschen hier, unter ihnen auch zwei junge Mediziner, Alberto Cabañas und Cristina Sanz.

Nach Dienstschluss treffen wir die beiden vor einem Gesundheitszentrum. Hier findet in Spanien die Erstversorgung der Patienten statt, durch Haus- und Kinderärzte. Doch die Arbeitsbedingungen sind katastrophal, es fehlen überall Mediziner, von einer Festanstellung können die beiden nur träumen.
Cristina will jetzt mit dem Roten Kreuz nach Afrika gehen – mit einem richtigen Vertrag.

Zeitverträge statt Festanstellungen

Auch in den öffentlichen Krankenhäusern Spaniens gibt es oft nur Zeitverträge von einigen Wochen oder Monaten. Und bei den Gehältern liegt Spanien ganz unten im europäischen Vergleich. Die Corona-Krise macht diese Missstände besonders deutlich. Mittlerweile fehlen in ganz Spanien etwa 12.000 Ärzte, Tendenz steigend. Cristina und Alberto, die beiden Familienärzte, können nicht verstehen, dass in den letzten Monaten nicht verstärkt investiert wurde. Dabei hatte die Corona-Krise Spanien im Frühjahr besonders hart getroffen.

In nur wenigen Monaten soll für hundert Millionen Euro ein neues Krankenhaus für Covid-Patienten gebaut werden. Ein Bau mit einem Schönheitsfehler, wie Kritiker bemängeln: es fehlt das Personal, das hier demnächst arbeiten soll. Möglicherweise muss es dann aus anderen Krankenhäusern der Region zwangsverpflichtet werden. Auch gegen dieses Projekt wird protestiert. Ärzte ziehen sich schweigend vor dem Gesundheitsdezernat Müllsäcke über, ein Symbol für ihre prekäre Situation. Statt eines neuen Hospitals fordern sie bessere Arbeitsbedingungen für sich und ihre Kollegen.

Der Weg ins Ausland

Yaiza Cruz hat als Ärztin in Madrid praktiziert, doch nun arbeitet sie in der Klinik auf der Schillerhöhe, in Stuttgart. Es ist eine völlig andere Welt: "In Deutschland verdient man mehr, und man hat mir, nach einer Probezeit, sofort einen unbegrenzten Arbeitsvertrag angeboten."

Die junge Ärztin ist kein Einzelfall. In der Nähe von Sevilla besuchen wir einen anderen Arzt, Narciso Barbancho. Er pendelt schon seit fast 20 Jahren von seinem Wohnort ins portugiesische Faro. Im dortigen Krankenhaus hat er einen unbegrenzten Vertrag und klare Aufstiegschancen. In Sevilla war dies für ihn unmöglich.
Am nächsten Morgen macht sich der Arzt früh auf den Weg nach Portugal, drei Stunden fährt er. Doch das ist es ihm wert, und vielen anderen auch: im Schnitt wandern 3000 spanische Mediziner jährlich ins Ausland ab – ein dramatischer Brain drain.

Es ist ein zwiespältiges Gefühl – die fehlende Wertschätzung in der Heimat hat sie ins Ausland vertrieben. Sie haben ihre Entscheidung nicht bereut.

Autor: Stefan Schaaf, ARD Madrid

Stand: 22.11.2020 20:27 Uhr

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