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Spanien: Das Dorf der Bücher

Spanien: Das Dorf der Bücher | Bild: Stefan Schaaf / ARD Madrid

Urueña ist ein Dorf, wie Kinder es sich malen würden – auf einem Hügel gelegen, eine hohe mittelalterliche Mauer. Aber dahinter leben nur noch hundert Menschen. Das Problem: Landflucht. Das Rezept dagegen: Bücher. In Urueña gibt es unglaubliche zehn Buchläden mit sehr stolzen Besitzern.

Lourdes Gomez profitiert von einem Programm der Regionalregierung: die restauriert und vermietet dann die Läden für symbolische zehn Euros. Dafür müssen die Buchhändler vier Tage in der Woche ihr Geschäft öffnen. Lourdes, die früher in einer Großstadt lebte, hat sich in Urueña verliebt: "Es war tatsächlich eine große Veränderung für mich. Doch es ist so schön, sich den ganzen Tag nur mit Büchern zu beschäftigen – mir gefällt es."
Direkt um die Ecke öffnet sie uns einen weiteren Laden – der Besitzer ist gerade verreist. Hier finden sich neben vielen Exemplaren der Weltliteratur auch die Modelle von Schreibmaschinen, auf denen berühmte Autoren ihre Texte geschrieben haben – von Hemingway bis Kafka ist alles dabei. Die Nostalgie gehört in Urueña dazu - so hat sich Schreiben damals angehört… Und so taucht der Besucher in jedem einzelnen Laden in eine andere Welt ein: Isaac Garcia etwa hat cineastische Raritäten im Sortiment. Früher hat er in New York gelebt, doch er vermisst es keinen Tag.
Und im Geschäft von Jésus kann man neben wichtigen Schriftstellern aus Kastilien auch den Wein aus der Region kaufen – so finanziert er seine Liebe zu den Büchern: "Ich habe das große Glück, mein Hobby zum Beruf gemacht zu haben. Es ist ein Wunder, von dem zu leben, was man mag, zu tun, was man mag und vor allem an dem Ort, den man mag."

Urueña, ein erstaunliches Dorf – keine Bäckerei, keine Metzgerei, aber dafür kommt ein Buchladen auf zehn Einwohner. Die Buchhändler hätten die Abwanderung gebremst, Urueña sei nun in ganz Spanien bekannt, sagt der Bürgermeister.
Am Wochenende schwärmen dann die Besuchergruppen aus, erster Anlaufpunkt: ein prächtiges Museum, die Joaquín Díaz-Stiftung: 50 000 Bücher gibt es hier zu bestaunen, alte Schriften und überlieferte Erzählungen aus ganz Spanien. Hier entsteht so etwas wie ein nationales Gedächtnis des Landes. Zusammen mit einem Kollegen zeigt uns Joaquin Diaz, selbst ein sehr bekannter Folkloresänger, eine andere Kostbarkeit: Tausende Kassetten mit volkstümlichen Gesängen aus vielen Dörfern – sie werden hier digitalisiert: 20.000 Lieder sind es bereits.
Es sind wahre Schätze, die sich in Urueña verbergen – viele Besucher kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Zum Schluss müssen wir unbedingt noch den Buchladen "Primera Pagina", die "Seite Eins" besuchen: Zwei Journalisten, Tamara Crespo und Fidel Raso, betreiben ihn. Er war Fotograf in vielen Krisengebieten, sie Journalistin im Baskenland. Nun verkaufen sie Bücher über und von Journalisten, dazu Reiseliteratur. Urueña, sagen sie, hat sie entschleunigt.
In dem Dorf scheinen die Menschen zu sich zu finden. Es ist eine echte Oase.

Autor: Stefan Schaaf, ARD Madrid

Stand: 16.10.2022 19:44 Uhr

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