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Somaliland: Flüchtlinge kehren zurück

Somaliland: Flüchtlinge kehren zurück  | Bild: SWR

Zurück nach Somaliland. Wir sprechen immer von denen, die sich auf den Weg in den Westen machen. In Somaliland hat Sabine Bohland (ARD-Studio Nairobi) einige gefunden, die im Westen waren, jetzt aber wieder zurückkehren. Chancenlos, so waren deren Erfahrungen in Europa oder Kanada. Sie sind zurück und bauen kleine Unternehmen auf.

Das sieht nicht nur köstlich aus – es ist auch die Erfüllung eines Lebenstraums. Ifrah Abdi Artan wollte eigentlich in Amerika ein Teehaus mit selbstgebackenen Törtchen eröffnen. Doch trotz US-Pass war alles zu schwierig. Nach einem Besuch in der Heimat ihrer Eltern beschloss sie, es einfach hier in Hargeisa, der Hauptstadt von Somaliland, zu versuchen. Drei Jahre ist das her. "Meinen Traum hier zu verwirklichen fühlt sich so gut an. Es war nicht leicht. Es braucht Zeit, weil das Land sich ja gerade erst erholt.

Ifrah Abdi Artan
Ifrah Abdi Artan hat sich ihren Lebenstraum erfüllt  | Bild: SWR

Und es braucht Geduld, weil es bislang kaum Infrastruktur gibt. Aber es gibt viele von uns, die eine Menge hier angeschoben haben." Mittlerweile hat Ifrah vier Angestellte, zwei Bäcker und zwei Bedienungen. Sie hat sie alle selbst ausgebildet. Ifrahs Eltern hatten ihr Land verlassen, als sie ein Kind war. Damals war Krieg. Anfang der 90er Jahre erklärte Somaliland sich unabhängig vom Rest des Landes. Es zählt offiziell zwar noch immer zu Somalia, hat aber eine eigene, demokratisch gewählte Regierung. Und es ist friedlich. Die Wirtschaft wächst, doch ein Großteil der Bevölkerung ist arm.

Unterschiedliche Schicksale

Abdirahman Blackie in seinem Laden
Abdirahman Blackie war in Saudi-Arabien nicht erfolgreich  | Bild: SWR

Die wirtschaftliche Situation veranlasste den Geschäftsmann Abdirahman Blackie vor einigen Jahren zur Flucht. "An dem Tag, an dem ich geflohen bin, war ich fest davon überzeugt, dass dieses Land mir nichts zu bieten hat. Ich glaube, alle, die ihre Heimat verlassen, denken so. Wenn sie aber wüssten, wie süß, wertvoll und voller Respekt ihr eigenes Land ist – ich bin sicher, sie würden alle bleiben." Er wollte sein Glück in Saudi-Arabien versuchen, kam aber desillusioniert zurück. Heute hat er ein gut gehendes Business in Hargeisa. Er verkauft Lebensmittel, tauscht Geld und vieles mehr.

So glatt läuft es für Nuurdin Abdullahi nicht. Auch er ist ein ehemaliger Flüchtling. Er ließ sein Geschäft und seine Familie zurück und floh über die Mittelmeerroute nach Europa. Heute schuftet er als Tagelöhner in einem Lagerhaus. "In der Schweiz habe ich nicht das bekommen, was ich mir vorgestellt und worauf ich gehofft hatte. Ich war selbst total verwundert. Mein gutes Leben von hier wurde plötzlich das eines Flüchtlings. Und so konnte ich nicht das erreichen, was ich anstrebte."

Strassenszene - Menschen und Autos in Hargeisa
Viele Rückkehrer müssen von vorne anfangen | Bild: SWR

Nach zwei Jahren in einer Flüchtlingsunterkunft meldete Nuurdin sich freiwillig, um nach Somaliland und zu seiner Familie zurückkehren zu dürfen. Das wurde genehmigt und der Rückflug bezahlt. Dennoch muss er etwa 10.000 Dollar, die ihn die Flucht gekostet hat, mühsam bei Freunden abstottern. "Ich konnte in Europa nicht für mich selbst sorgen. Ich hatte nichts. Und meine Frau rief oft an und bat, dass ich ihr Geld schicken solle. Ich war hilflos in der Schweiz – und sie war hilflos hier." Stück für Stück möchte Nuurdin sich sein Leben nun wiederaufbauen. In Somaliland. Trotz allem sei er mit seiner Frau und den Kindern nun glücklicher als jemals zuvor, sagt er.

Die Rückkehrer werden aktiv

Überall eröffnen Rückkehrer Geschäfte. Die Teehaus-Besitzerin Ifrah besucht eine Freundin, die aus Kanada heimkehrte und ein Kosmetikstudio eröffnet hat. Die Frauen unterstützen sich gegenseitig mit Tipps und helfen, wenn es Probleme zu lösen gibt. "Unser Land braucht alles" sagt Ifrah Abdi Artan. "Was immer man auch gründet: es wird sehr wahrscheinlich Erfolg haben. Aber man braucht Geduld und darf nicht bei jedem Hindernis gleich aufgeben." Was fehlt, sagt sie, seien vor allem Ausbildungsplätze für junge Menschen in Somaliland. Und Aufklärung darüber, was es heißt, ins Ausland zu fliehen. Welche Möglichkeiten es dort überhaupt gebe.

Menschen steigen über Treppe aus Flugzeug
Die Rückkehrer versuchen jetzt in der Heimat ihr Glück  | Bild: SWR

Das sieht auch Abdirahman Blackie, der in Saudi-Arabien scheiterte, so. "Migration ist ein Virus, so würde ich es beschreiben. Es hat die Gesellschaft infiziert. Die Menschen müssen gemeinsam dagegen kämpfen. Politiker, Akademiker, die ganze Gesellschaft muss zusammenkommen und Lösungen erarbeiten." Eine Lösung wäre sicher, mehr Geld für Bildung auszugeben. Abdirahman Blackie verdient Geld damit, Briefe für Analphabeten zu schreiben. Es läuft bestens. Noch einmal würde Blackie seine Heimat nicht verlassen. "Ich sage immer: Ich war zwei Jahre weg – für nichts. Ich erzähle allen, wie schwierig es war und warum ich wieder hier bin. Sie sagen dann: Abdirahman, wir wissen, dass du ein Mann bist, der Geld liebt. Wenn Du schon zurückkommst, dann versuchen wir es gar nicht erst."

Am Flughafen von Hargeisa bringt ein Flugzeug gerade junge Somaliländer aus Libyen zurück. Was haben sie jetzt vor? "Ich suche mir Arbeit", meint Shakeeb Hussein Ali, "egal was. Bevor ich geflüchtet bin, hatte ich dazu keine Lust. Aber jetzt bin ich der erste, der arbeiten möchte." Vielleicht schafft es ja auch der eine oder andere von ihnen, in der Heimat seinen Lebenstraum zu verwirklichen. So wie Ifrah aus Amerika. Sie hat in Somaliland ihr Land der unbegrenzten Möglichkeiten gefunden.


Stand: 30.08.2019 01:29 Uhr

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