So., 26.06.22 | 18:30 Uhr
Das Erste
Seychellen: Ranger retten Paradies
Wer wirklich unberührte Natur sehen will, macht sich mit solch einem Katamaran auf nach Cousin Island. Cousin Island ist eine der kleineren Seychellen-Inseln – dafür aber hat sie über 300.000 Vögel zu bieten. Sie ist zur Vorzeigeinsel geworden, wenn es um Naturschutz geht – und sie hat inzwischen auch einen Vorzeige-Ranger: Dailus Laurence, Träger des 'African Ranger Awards': "Mein Name ist Dailus. Willkommen auf Cousin Island! Die Führung wird etwa eine Stunde dauern.1968 gab es hier einen kleinen Vogel namens Seychellen-Rohrsänger. Damals kaufte Bird Life International die Insel, verwandelte sie in ein Naturschutzgebiet. Jetzt haben wir wieder 3.000 Rohrsänger auf den Seychellen."
Kann man Tourismus und Umweltschutz verbinden?
Was vor mehr als 30 Jahren als private Rettungsaktion für den Rohrsänger begann, ist jetzt eine Touristenattraktion. Urlaub vom Strand mit dem Vogelkundler. "Das komische an der Feenseeschwalbe ist, dass sie kein Nest baut. Sie findet eine kleine Kuhle auf dem Ast und legt da ihr Ei ab. Das Weibchen sitzt da 20 bis 30 Tage. Der Partner wird dann kommen und sie mit Fisch füttern. Sie kann sich ja nicht bewegen – das Ei würde dann runterfallen", erklärt der Ranger.
Über die 37 Euro Eintrittsgebühr meckert keiner. Die Tourist:innen sind begeistert. Der Abstecher vom Strand mit Ranger Dailus scheint´s wert zu sein. "Es war schön, mal ganz viele Vögel ganz nah zu sehen. Die sind auch nicht scheu, Babys, ganz kleine", erzählt Touristin Kerstin Schäfer und ihr Mann ergänzt: "Bislang hat der Mensch hier nicht eingegriffen. Da wurden mal ein paar Wege freigesägt – Holz zur Seite und das war´s. Sonst gibt es keinen Beton zu sehen. Nur ein paar vereinzelte Hütten."
Einerseits sind die Touristen in Spitzenzeiten eine Belastung für die Tierwelt von Cousin Island, andererseits werden sie gebraucht, um auch mit ihrem Geld den Schutz der Insel zu sichern und sie dauerhaft zu retten. "Während der Saison von Oktober bis Februar kommen etwa 800 bis 1.000 Meeresschildkröten hierher, graben im Sand und legen ihre Eier. Aber durch die Erosion dringt das Wasser immer weiter vor und die Nester werden weggespült", erklärt Dailus Laurence.
Korallenzucht soll das Riff retten
Eine Insel, die immer kleiner wird. Es sind immer öfter Wetterextreme, die ihr zu schaffen machen – und zum Verlust von Strand führen. "Das Meeresschutzgebiet geht 400 Meter nach draußen. Da hinten siehst du die Riffretter, die auch mit uns arbeiten. Sie kümmern sich um die Korallenzucht und tauchen gerade", sagt der Ranger. Tauchen, um das Korallenriff zu retten. Vor allem erhöhte Wassertemperaturen durch den Klimawandel lassen die Korallen bleichen und irgendwann absterben. Das war einmal ein buntes Korallenriff. Es half nicht nur, Cousin Island vor der Küstenerosion zu schützen. Es war auch Lebensraum für bedrohte Fischarten und Kinderstube für Nutzfische. Um das Riff wieder aufzubauen, setzt Riffretter Luca Saponari und seine Kollegin den Meißel erstmal an die Korallen an, die überlebt haben: "Wir arbeiten mit sogenannten 'Superkorallen'. Diese Korallen haben in den vergangenen Jahren die Ereignisse mit hoher Korallensterblichkeit überlebt. Sie sind stark und widerstandsfähig. Wir helfen ihnen, sich zu erholen – damit sich auch das Riff erholen kann."
Eine Kiste voller Korallenbruchstücke – sie sollen der Anfang neuen Lebens werden. "Wir öffnen das Seil und stecken die Koralle rein. Das machen wir an jedem Seil etwa 100 mal. Dann bringen wir das Seil unter Wasser und befestigen es an der Aufzuchtstation", sagt Riffretter Luca Saponari.
Es ist die größte Korallenkinderstube der Welt: mehr als 40.000 Korallen sind hier in solchen Unterwasser-Stationen großgezogen worden. Wenn sie die richtige Größe erreicht haben, werden sie auf dem Meeresboden eingepflanzt. Die Korallen schaffen neues Leben, seltene Fischarten kehren zurück. "Der Klimawandel und wir als Menschen richten einen großen Schaden an, weil wir die CO2-Produktion vorantreiben. Wir müssen nun diesen Prozess verlangsamen und tun, was wir können. Die Wiederherstellung der Korallenriffe ist die letzte Chance, um die Korallen zu retten", erklärt Luca.
Ranger-Award für die Seychellen
Zurück zum Inselrundgang mit Dailus Lawrence, durch sein Paradies. Wie bedroht es ist, zeigt er uns bei einigen Rangerhäusern: "Das hier wurde im vergangenen Jahr unterspült. Jetzt stapeln wir ein paar Steine darunter." Auch der Bürokram will erledigt werden. Haben die Touristen die Insel verlassen, geht’s an die Abrechnungen im Home-Office: "Hier leben wir das ganze Jahr über. Unsere Familien und Freunde treffen wir am Wochenende. Dann verlassen wir die Insel. Das ist mein Zimmer. Ich bin ein Fußball-Fan – vor allem Deutschland und Bayern München."
Besprechung vor der Insel-Hütte – ein Arbeitsplatz, um den man Dailus beneiden kann und auch um den Erfolg, den er gern mit dem Team teilt: "Dass wir den Ranger-Award geholt haben, ist ein großes Ding. Wir haben den Seychellen damit einen Namen im Naturschutz gemacht." Auf Cousin Island zeigt sich, dass sich Naturschutz und Tourismus nicht ausschließen müssen, dass sie vielmehr sogar helfen können, zerbrechliche Paradiese zu retten.
Autor: Norbert Hahn/ARD Nairobi
Stand: 26.06.2022 21:01 Uhr
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