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Russland: Bald Massenimpfungen gegen Corona?

Russland: Bald Massenimpfungen gegen Corona? | Bild: BR

Für Fotograf Sergej Gawaros waren es keine einfachen Monate. Das Fotostudio war geschlossen, Aufträge wurden verschoben. Damit Corona keine Probleme mehr macht, will er geschützt sein - und testet als einer der ersten den russischen Impfstoff. Neben Studio-Fotoshootings arbeitet Gawaros nämlich meist auf Hochzeiten mit vielen Menschen: "Auf die Hochzeiten kommen Verwandte aus verschieden Städten, auch ältere Leute, ich habe dann viel Kontakt mit ihnen. Wenn ich plötzlich Überträger würde, das wäre nicht gut. Ich möchte nicht, dass wegen mir Leute leiden."

Wie Sergej sollen 40.000 Menschen Russlands ersten Impfstoff testen. Die Produktion läuft parallel, ausgeliefert wird auch. Denn er ist trotz noch laufender Testphase zugelassen und wird etwa Ärzten, Polizisten oder Lehrern gespritzt, freiwillig, wie es heißt.

Ein Prestigeprojekt

Für Präsident Putin ist der Impfstoff ein nationales Prestigeprojekt. Putin will offenbar, dass Russlands Polit-Elite Vorbild ist.

Russland verkauft den Impfstoff auch an befreundete Staaten. Belarus, Syrien, oder hier Venezuela: Groß inszeniert die Ankunft in der Hauptstadt Caracas.

Auch dieser Abgeordnete ist Testperson. Doch jetzt habe er COVID-19, sagt Walerij Gartung in einer Videobotschaft. Heißt das: Zweifel am Impfstoff? Gartung vermutet eher, Teil der Kontrollgruppe zu sein. Jeder Vierte kriegt statt Impfstoff nur Vitamine, damit Forscher die Wirkung überprüfen können.

Ausliefern, bevor zu Ende getestet wurde? Infektionsforscher kritisieren das. Epidemiologe Wassili Wlassow: "Ich finde, das ist eine falsche Politik, eine Politik von Erfolgsmeldungen, da, wo es große Erfolge noch gar nicht gibt. Dieser Impfstoff kann natürlich funktionieren, aber wir wissen das noch nicht, weil die Tests noch nicht abgeschlossen sind."

Skepsis, die viele Russen teilen: 73 Prozent wollen sich laut einer regierungsnahen Umfrage noch nicht gegen Corona impfen lassen.

Moskaus Bürgermeister, auch Chef einer Kommission gegen Corona, redet aber schon von Massenimpfungen. Der Hersteller sagt: Innerhalb eines Jahres könne man mehr als zwei Drittel der Bevölkerung impfen.

In der Moskauer Poliklinik Nummer 46 bekommt Sergej Gawaros bald seine zweite Impfdosis gespritzt. Jeden Tag führt er in einer App Protokoll über sein Wohlbefinden, mögliches Fieber oder andere Symptome. Als Testperson will er dazu beitragen, dass die Welt wieder die alte wird.

Doch wann das wieder möglich ist, das vermag auch in Russland derzeit niemand genau zu sagen.

Autor: Demian von Osten, ARD Moskau

Stand: 25.10.2020 20:19 Uhr

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