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Russland: Protz-Putin – Milliardengrab Wladiwostok

Die Insel Russki ist mit einer Hängebrücke mit Wladiwostok verbunden.
740 Millionen Euro hat die Hängebrücke zur Insel Russki gekostet. | Bild: NDR

Der russische Präsident Putin sonnt sich gerne in Superlativen. Sein Hang zur Gigantomanie kennt keine Grenzen, wenn es darum geht, Russland als Großmacht zu verkaufen. Doch die einfache Bevölkerung hat meist nichts davon. So erging es auch Wladiwostok. Hier wurde für den Apec-Gipfel vor einem Jahr kräftig gebaut. 

Mit der Insel verbindet die Stadt jetzt eine der längsten Hängebrücken der Welt: Kosten: 740 Millionen Euro. Gleicht dahinter die riesige Universität für 50.000 Studenten: 1,7 Milliarden Euro.Viel zu groß, sagen Kritiker, obwohl alle Fakultäten der Stadt hierher auf die Insel umgesiedelt werden.

Früher ging von der Insel Russki eine Fähre direkt nach Wladiwostok. Die wurde nach dem Bau der Milliardenbrücke eingestellt, genauso wie ihre lokale Buslinie. Die meisten der gerade einmal 5.000 Einwohner auf der Insel haben kein Auto - sie müssen jetzt lange auf den Bus aus der Stadt warten.

Medizinischer Luxus für reiche Patienten?

Medizin-Roboter für eine OP
Um die hochmodernen Geräte bedienen zu können, müssen die Ärzte in Europa geschult werden. | Bild: NDR

Und dann ist da noch das medizinische Zentrum. Der Pianist ist schon engagiert für das 160-Betten-Haus, ein nicht nur für Russland hypermodernes Chirurgiezentrum. Acht Operationssäle und teure Medizintechnik aus Europa sidn hier zu finden. Roboter sollen vom Operateuren ferngesteuert werden.

Ein Luxus allerdings nur für die, die ihn sich leisten können. "Hier sind die Operationen kostenspflichtig. Billig sind die bestimmt nicht, denn die Geräte sind so teuer“, sagt eine Ärztin. Noch fehlen Betriebs-Lizenzen und die russischen Ärzte müssen in Europa geschult werden. Offiziell sollen dann auch mittellose Patienten auf Staatskosten operiert werden. Doch Kritiker bezweifeln das. Hier, glauben sie, wird sich wohl die kleine Kaste der superreichen Russen behandeln lassen.

Staatliche Krankenhäuser verkommen

Neurologe Alexander
Alexander ist Neurologe und war medizinischer Leiter einer kleinen Klinik in Wladiwostok. | Bild: NDR

Machen sich die Milliardeninvestitionen auch normalen Krankenhäusern Wladiwostoks bemerkbar? Alexander ist Neurologe und war medizinischer Leiter einer kleinen Klinik in Wladiwostok. Doch dort hat er unter Protest gekündigt und arbeitet jetzt als Physiotherapeut. Pro Sitzung verlangt er 35 Euro. Das reicht für die Miete in einem heruntergekommenen Geschäftszentrum.

Als leitender Arzt im Staatsdienst hatte er weniger. "Ich kann es mir einfach nicht leisten, in einem staatlichen Krankenhaus zu arbeiten, denn dann würde ich verhungern. Ich könnte das als Hobby machen. Aber davon kann ich mich nicht ernähren. Und ich liebe es, zu essen", erzählt Alexander. Schon ein Bruchteil der 16 Milliarden für Wladimir Putins APEC-Gipfel hätte die Lage der normalen Krankenhäuser hier dramatisch verbessern können, glaubt er.

"Wir haben nur einen Wunsch: Geben Sie uns Geld"

Alexander bringt uns zum Krankenhaus der Insel. Es ist ein heruntergekommener Bau aus der Zarenzeit. "Einen Trakt wurde schon stillgelegt", erzählt der leitende Arzt Andrei. Jetzt gibt es nur noch eine Kinderärztin, eine Zahnärztin, einen Chirurgen und ihn, den Allgemeinmediziner. Alle anderen wollten nicht mehr in dieser Misere arbeiten. "Ich habe nur einen Wunsch: Geben Sie uns Geld. Geld, damit wir endlich renovieren können. Wir zahlen schon nicht mehr in den Pensionsfond ein. All unser Geld geht für die Gehälter drauf, für Heizmittel, für das Benzin der Rettungswagen.Wir haben Schulden, wir haben nicht mal die Gehälter für den vergangenen Monat zahlen können. Wir haben einfach kein Geld", erklärt Andrei.

Andrei, Leitender Arzt, in Interview mit Korrespondent Udo Lielischkies
Der leitende Arzt Andrei kann seine Patienten nicht angemessen versorgen. | Bild: NDR

40.000 Euro Schulden haben sich angesammelt, alles verfällt. Die Gesundheitsbehörde bezahlt viel zu wenig pro behandelten Patienten, erklärt Andrei. "Wenn ihr mehr Geld braucht", sagen die, "dann kassiert doch für Eure Leistungen". Doch die Rentner und Obdachlosen, die sie behandeln müssen, haben natürlich nichts. Und so fehlt nicht nur das Geld für die Renovierung, selbst die Kohle für den kommenden Winter haben sie noch nicht bezahlen können.

Medikamente für Schlaganfälle oder Herzinfarkte gibt es nicht. "Das hier sind Medikamente für die Anregung der Gehirntätigkeit. Aber: veraltete Präparate. Neue, bessere können wir uns nicht leisten. Wir dürfen aber Patienten nicht einmal sagen: Kauf Dir für eigenes Geld das bessere Medikament in der beanachbarten Apotheke hier. Wenn wir ihnen das erzählen, werden wir bestraft", so Andrei.

Autor: Udo Lielischkies, ARD-Studio Moskau

Stand: 25.11.2013 11:35 Uhr

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