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Mosambik: Kein Erdgas wegen Terror

Mosambik: Kein Erdgas wegen Terror | Bild: IMAGO / Le Pictorium

Riesige Erdgasvorkommen vor der Küste sollten das Land und die Menschen reich machen. Das war der Plan. Und westliche Inverstoren standen Schlange. Es ist das größte Energie-Projekt in Afrika südlich der Sahara mit einem Investitionsvolumen von 20 Milliarden US-Dollar. Das Projekt war auf einem guten Weg und könnte die Energiekrise abmildern helfen. Aber dann kamen Terroristen des IS, und überziehen seitdem die Region im Norden von Mosambik mit erbarmungslosen Attacken, töten Zivilisten, enthaupten ihre Opfer. Es gibt fast eine Million Binnenflüchtlinge. Die mosambikanische Armee zeigte sich machtlos, mittlerweile versuchen die Armeen Ruandas und des südafrikanischen Staatenverbundes SADC, die Terroristen abzudrängen. Die Hoffnung ist klar: Schutz der Zivilbevölkerung, vor allem aber endlich die Gasförderung aufzunehmen.

Kampf gegen Terroristen behindert Energieprojekt

Die Halbinsel Afungi im Norden Mosambiks, an der Grenze zu Tansania. Das größte Energieprojekt in Afrika südlich der Sahara, betrieben von der französischen Firma TotalEnergies. Investitionsvolumen: 20 Milliarden US-Dollar. Aber seit April 2021 passiert hier kaum etwas, nur wenige Arbeiter sind auf dem Gelände. Dafür umso mehr Soldaten. Sie sind aus Ruanda. Die Regierung Mosambiks hat das ostafrikanische Land gebeten, gemeinsam einen islamistischen Aufstand in der nördlichen Provinz Cabo Delgado niederzuschlagen.

Arbeiter auf Baustelle
Die Arbeiten am Energie-Projekt gehen nur sehr langsam voran  | Bild: SWR

Das Dorf Awasse ist das letzte Dorf, in dem es Gefechte zwischen der ruandischen Armee und den Terroristen gab, vier Tage lang. Er könne nicht verstehen, warum die Islamisten der al-Sunna wal Jama’a auch Dinge zerstören, von denen sie selbst profitieren könnten, sagt der ruandische Kommandeur. "Es gibt Gebiete, die werden von den Islamisten der Al-Sunna wal Jama’a völlig kontrolliert", sagt Brigadegeneral Ronald Rwivanga. "Das hier war so ein solches Gebiet. Sie haben die Stromversorgung zerstört."

Unzufriedene Jugendliche lehnen sich auf

24. März 2021, die Stadt Palma wird angegriffen. Mosambikanische Soldaten versuchen tagelang vergebens, die Angreifer zurückzuschlagen. Der bisher größte Angriff der Terroristen. Die Aufständischen zeigen sich auf einer Webseite der Terrormiliz Islamischer Staat. Einige sind Islamisten aus anderen Ländern Afrikas und des Nahen Ostens, die meisten sind aber unzufriedene junge Männer aus der Region. "Nachdem man in der Provinz viele Rohstoffe gefunden hatte, haben die Jugendlichen gesehen, wie reich man damit werden kann", sagt Borges Nhamirre vom Institute for Security Studies. "Dass auch sie Luxusautos fahren könnten, über viel Geld verfügen, ein teures Smartphone haben. Als sie dies alles dann nicht bekamen, haben sie sich aufgelehnt."

Menschen und Autos in Pemba
In der Region gilt nur die Provinzhauptstadt Pemba als relativ sicher | Bild: SWR

So haben die Aufständischen weiterhin Zulauf. Als sicher gilt in Cabo Delgado ansonsten nur die Provinzhauptstadt Pemba. Die Menschen wissen wenig über den Rohstoffreichtum des Landes. Die Regierung in der 2.500 Kilometer entfernten Hauptstadt Maputo schweigt sich dazu aus. Sicherheitshalber bleiben die meisten Menschen in Pemba. "Ich weiß nicht, was diese terroristischen Attacken sollen", fragt sich Nelson Cossa. "Ich verstehe nicht, warum die das machen, ich weiß nur, dass die Angriffe geschehen. Ich wünsche mir, dass die Konfliktparteien zu einer Lösung kommen."

Schwierige Ernährungslage im Flüchtlingslager

Selten nur wagen sich die Überland-Busse raus aus der Provinzhauptstadt in das Rebellengebiet. Das ist riesig. Platz genug für die vermutlich 2.000 Aufständischen, um sich zu verstecken. Muanaquera Mualimo lebt seit zwei Jahren im Flüchtlingslager Marrupa, mit ihren vier Kindern. Eine Mitarbeiterin des Lagers erzählt, dass Muanaquera auf ihrer mehrtägigen Flucht nur einmal Essen angeboten bekam, im Gegenzug musste sie sich mit einem Mann einlassen, Geld hatte sie keines. Jetzt lebt sie völlig mittellos im Lager Marrupa. Ihr Mann ist von den Aufständischen getötet worden. "Es war 9 Uhr abends, ich war mit den Kindern allein, da haben wir Schüsse gehört. Ich habe den Kindern gesagt: ‚Raus hier‘, und wir sind in den Busch gelaufen. Nach ein paar Stunden haben wir uns zurückgewagt, und da lag mein Mann in der Hütte. Sie hatten ihn erschossen. Ich konnte nicht mehr in unserem Dorf bleiben, da kamen wir hierher." Nur ein paar Kleidungsstücke konnten sie mitnehmen. Die Decken, die Plastikschüsseln, ihren einzigen Topf bekamen sie im Camp. Auch hier wissen die Menschen nichts vom Rohstoffreichtum. Sie weiß nur, dass sie und ihre Kinder nicht zurück nach Hause können.

Kinder in Flüchtlingslager
Viele Menschen fliehen vor der Gewalt | Bild: SWR

Ibrahimo Issa ist der Leiter des Flüchtlingslagers. Sein Motorrad ist das einzige Verkehrsmittel, um im Notfall die Bewohner des Camps in die 17 Kilometer entfernte Kleinstadt Chiure zu bringen. Dort gibt es eine Sanitätsstation. "Unser größtes Problem ist die Nahrungsmittelversorgung. Das Welternährungsprogramm der UNO bringt uns etwas Essen. Die zweite Hilfsorganisation, die uns Essen spendete, die Caritas, ist eines Tages weggeblieben. Ich weiß nicht, warum."

Unter dem Schutz der ruandischen Armee

50 Kilogramm Reis bekommt jede Familie, alle zwei Monate, und 10 Kilogramm Bohnen und ein bisschen Mehl. Es ist zu wenig. 5.000 Menschen leben hier. Und nur in den Gebieten, die von der ruandischen Armee kontrolliert werden, fühlen sich die Menschen sicher, wie hier in der Hafenstadt Mocímboa da Praia. Die Stadt war fast ein Jahr lang in der Hand der Rebellen, die schließlich von ruandischen Truppen vertrieben werden konnten. Anders als viele mosambikanische Soldaten sind die Ruander freundlich zur Bevölkerung. Und: sie nehmen ihnen nichts weg: kein Geld, keine Nahrungsmittel, vor allem aber kein Land. "Die mosambikanische Regierung und auch die internationalen Konzerne haben Fehler gemacht, vor allem bei der Erdgas-Förderung", erklärt Borges Nhamirre vom Institute for Security Studies. "Sie haben den Menschen das Land einfach weggenommen, auf dem sie Landwirtschaft betrieben hatten, und auf dem jetzt die Erdgas-Anlagen stehen. Vor allem in Afungi, da haben sie 7.000 Hektar Land einfach enteignet."

Ruandische Soldaten in einem Dorf
Die ruandischen Soldaten sorgen für etwas Sicherheit | Bild: SWR

Auf der Halbinsel Afungi gibt es erste Anzeichen dafür, dass die Erdgasförderung bald beginnen könnte. Anfang nächsten Jahres könnte es soweit sein, heißt es. "Es ist gut, dass diese Anlage jetzt betrieben werden könnte", sagt Brigadegeneral Ronald Rwivanga. "Sie ist ja seit Monaten stillgelegt. Jetzt kann es hoffentlich bald losgehen." Muanaquera Mualimo hingegen stellt sich darauf ein, noch lange Zeit im Flüchtlingslager Marrupa zu sein. Sie hat ein kleines Stück Land bekommen. Dort darf sie jetzt Gemüse anbauen.

Autor: Richard Klug, ARD-Studio Johannesburg

Nachtrag:

Die Anmoderation zu diesem Beitrag war, so der richtige Hinweis eines Kollegen, im Detail nicht präzise. Unser Korrespondent Richard Klug war gemeinsam mit seinem Team in Pemba und besuchte das Flüchtlingslager bei Chiure. Den zweiten Teil der Drehreise im Norden Mosambiks mit dem ruandischen Militär haben aus zeitlichen Gründen ein journalistisch sehr erfahrener Kollege, ein sogenannter Producer und der Kameramann des ARD-Studios in enger Absprache mit dem Korrespondenten allein absolviert.

Stand: 07.10.2022 16:44 Uhr

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