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Der Kosovo-Konflikt

Der Kosovo-Konflikt | Bild: picture alliance / AA | Erkin Keci

Seit einer Woche fährt Aleksandar Arsenijevic nur zum Schlafen nach Hause. Als Kosovo-Serbe verbringt er so viel Zeit wie möglich bei den Protesten. Seine vertraute Umgebung – nicht mehr wiederzuerkennen: Überall Spezialpolizei, Militär, erhöhte Sicherheit.
Gestern hat Aleksandar diese Fahne angebracht. Nur ein Protest keine Gewalt, steht darauf. Und er hat klare Forderungen: "Der erste Punkt ist natürlich der Rückzug aller Einheiten der Kosovo-Spezialeinheit und ein Waffenstillstand für eine Weile, damit sie sich an den Verhandlungstisch setzen und die Dinge im Dialog lösen können, denn das ist nicht der Weg, das ist kein Leben."

Momentan ist an einen Rückzug nicht zu denken. Die NATO-Schutztruppe KFOR hat die Zahl ihrer Soldaten erstmal aufgestockt. Zu heftig waren die Straßenschlachten am vergangenen Montag: Militante Serben werfen Steine und Brandsätze auf die Sicherheitskräfte, die setzen unter anderem Tränengas ein. 30 Soldaten werden verletzt, kommen mit Knochenbrüchen und schweren Verbrennungen in umliegende Krankenhäuser, ebenso etwa 50 serbische Demonstranten.

Wahlboykott der Serben – Protest gegen die Ergebnisse

Und sie sollen der Auslöser gewesen sein: albanische Bürgermeister, die im April gewählt wurden, allerdings nur von etwa drei Prozent der Bevölkerung. Die serbische Mehrheit im Norden des Kosovo hatte die Wahlen boykottiert.

Izmir Zeqiri hat für die Demokratische Partei des Kosovo das Bürgermeisteramt in einer serbischen Gemeinde ergattert, kann nun aber das Rathaus nicht betreten. Die Amtsgeschäfte leitet er aus einem improvisierten Büro. Wer sind die Randalierer? "Das sind kriminelle Gruppen mit engen Verbindungen nach Serbien und sie haben die Unterstützung von Präsident Vučić", sagt Zequiri.

Florian Bieber leitet das Südosteuropa-Zentrum der Uni Graz. Für ihn ist Russland einer der Profiteure des erneut aufgeflammten Konflikts: "Russland mag Unruhe auf dem Balkan, nicht weil es viel bringt, aber es ist ein Ablenkungsmanöver, hilft den Westen schwach aussehen zu lassen. Ich glaube nicht, dass Russland einen Beitrag geleistet hat zu der Krise. Aber es ist sozusagen der lachende Dritte."
Auch in der EU weiß man: einen weiteren Konfliktherd in Europa kann man sich nicht leisten.
Im Dorf des albanischen Bürgermeisters Izmir Zeqiri wissen sie jedoch, dass die Probleme in der Region tiefer liegen: Ethnische Spannungen zwischen Albanern und Serben führten in der Vergangenheit immer wieder zu blutigen Konflikten.

Hoffen auf eine neue Generation

Serbische Nationalisten beanspruchen die Proteste längst für sich, machen klar, dass diese Region für sie zu Serbien gehört. Der Kosovo-Serbe Aleksandar Arsenijevic will sich den alten Lagern nicht anschließen. Er versucht auf seine Art zu deeskalieren: "Ich hoffe, dass die Vergiftung, die derzeit nicht nur im Kosovo, sondern auf dem gesamten Balkan stattfindet, eines Tages aufhört, wenn die Kriegsgeneration der 90er-Jahre auf dem gesamten Balkan in den Ruhestand geht."
Doch vorerst denkt die Generation gar nicht daran: Der serbische Präsident hat seine Armee in Alarmbereitschaft versetzt. Serbische Panzer stehen nun an der Grenze zum Kosovo – der Entspannungsprozess der letzten Monate scheint erstmal beendet.

Autorin: Anna Tillack, ARD Wien

Stand: 04.06.2023 19:28 Uhr

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