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Kasachstan: Spagat zwischen Russland und dem Westen

Kasachstan: Spagat zwischen Russland und dem Westen
Kasachstan: Spagat zwischen Russland und dem Westen | Bild: WDR

Die mächtigen Berge ganz im Süden Kasachstans sind fast alle Viertausender. Zu Füßen dieses gigantischen Gebirgszuges liegt Almaty, die ehemalige Hauptstadt Kasachstans mit fast zwei Millionen Einwohner:innen. Viele junge Menschen, ein zweisprachiges Land: Russisch und Kasachisch. Er will heute gewählt werden: Präsident Tokajew besuchte Almaty und versprach bei der Gelegenheit mehr für die Infrastruktur zu tun. "Ich werde unseren Präsidenten wählen, weil wir jetzt ziemlich stabil im Land leben und so weiterleben wollen", sagt Swetlana und Ilim findet: "Wir befinden uns mit niemandem im Krieg und sind mit allen befreundet. Wir sind für Freundschaft." "Für Tokajew, weil wir keine Alternative haben. Nun, Tokajew ist eindeutig ein kluger Mann", sagt Abil.

Vorsichtig mit Kritik

Die Gegenkandidaten sind praktisch unbekannt und chancenlos. Tokajew wird wohl den Kurs des Landes bestimmen. Gegenüber Russland heißt das, sanfte Kritik, aber ohne die wirtschaftlichen Beziehungen zu gefährden. Der Cafe-Besitzer Nurlan Orynbayev wird Tokajew nicht wählen. Er sorgt sich um die Ukraine und das Vorgehen des großen russischen Nachbarn: "Das ist doch alles widerlich, anders kann man das nicht sagen. Ekelhaft. Aber ich hoffe, dass die Ukraine bald siegen wird und sie sich ihr Land zurückholen."

Nurlan, sagt uns, er würde gerne sehen, dass sein Land aus der Eurasischen Union austritt, aber er weiß, das ist nicht einfach: "Wir sind zu abhängig, um irgendwelche gewagten Schritte gegen die Russische Föderation zu unternehmen. Weil wir schon Beispiele hatten, als Tokajew Putin bei einem der Gipfel herausforderte und man uns sofort die Ölpipeline blockierte. Die können enormen Druck auf uns ausüben." In seinem kleinen Cafe wird gerne munter diskutiert. "Nun, ohne Russland wird es natürlich schlecht für uns, denn wir sind zwischen China und Russland bereits wie eine Handels-Seidenstraße. Das war immer so und wird immer so sein", sagt Nurlan.

Offiziell hält sich Kasachstan mit deutlicher Kritik an Russland zurück. Vielen jungen Menschen ist das viel zu wenig. Sie macht einen Videoblog zur Wahl auf kasachisch und russisch. Bei einer Demo gegen den Krieg bekam Kamila Ärger wegen ihrer Ukraine-Flagge. Öffentliche Solidarität ist unerwünscht: "Da steht, Putin geh zum… Das kann ich so nicht sagen."

Kasach:innen wollen in Frieden leben

Wie die Ukraine ist auch Kasachstan zweisprachig. Es gibt ein Viertel ethnischer Russen. Jetzt wollen viele gerne Kasachisch, die Sprache ihrer Heimat lernen, selbst wenn sie sonst nur Russisch sprechen. Der Sprachklub "Batyl Bol" gründete sich erst vor sechs Monaten. Inzwischen hat er schon mehr als 300 Mitglieder. Sie treffen sich in der Uni. "Kasachstan muss sich in allen Bereichen vom Einfluss Russlands trennen, genau wie die Ukraine", findet Ajgirim. "Wahrscheinlich begannen wir vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise zu erkennen, dass wir uns hier vereinen sollten, denke ich", sagt Anel.

Kasachisch lernen, um die Einheit des Landes zu festigen. Clubgründer Alexey kommt aus dem russisch geprägten Norden des Landes. Er möchte die Liebe zu seiner Heimat ausdrücken. Am besten mit Musik. Ein kasachisches Lied über die Liebe. Hier fühlen sich alle als Kasach:innen, unabhängig von ihrer Herkunft. Im Sprachclub sind auch Russen, die vor der Mobilmachung aus Russland nach Kasachstan flohen. Zigtausende von ihnen wollen bleiben.

Zurück zu Nurlan Orynbayv. Er kauft für sein Cafe ein. Die meisten der frischen Produkte hier kommen aus Zentralasien. Wie überall sind auch hier die Preise heftig gestiegen, vieles kostet das Doppelte wie früher. Freier, friedlicher Handel mit allen, das wünscht sich Nurlan für seine Heimat: "Wir müssen uns tiefgreifender in die internationale Gemeinschaft integrieren. Das ist die wichtigste Aufgabe, mit allen gute Beziehungen zu unterhalten, mit allen befreundet sein. Mit Putin wird das schwierig. Aber er ist nicht für ewig." "Ich wünsche allen Menschen nur das Beste, Frieden und Ruhe", ergänzt die fast 70-jährige Marktfrau Iwa. Und sie hat schon so einiges erlebt.

Über die Zukunft ihrer Heimat und den Weg des Landes, der politisch eingeschlagen wird, geht es heute in Kasachstan. Im 1300 Kilometer entfernten Astana wird der alte und vermutlich neue Präsident des Landes Qassym-Schomart Tokajew heißen und einen eigenen Weg zwischen Russland, China und dem Westen suchen.

Autor: Olaf Bock / WDR Köln

Stand: 20.11.2022 19:45 Uhr

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