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Iran: Mit Rad und Brot für eine bessere Umwelt

Iran: Mit Rad und Brot für eine bessere Umwelt | Bild: WDR

Mit dem Fahrrad durch Teheran: Es ist die Ausnahme und eine echte Herausforderung – vor allem für die Gesundheit. Denn die Abgase, die man hier einatmet sind teilweise achtmal so hoch wie die von der WHO empfohlenen Höchstwerte. Regelmäßig versinkt Teheran im Smog. 

Elnaz Naseri möchte daran etwas ändern. Die 37-Jährige hat im Ausland studiert, führt nun ein Café in Teheran und ist seit kurzem Teil des 'Green Clubs', eine Gruppe junger Menschen, die ihre Stadt grüner machen wollen. Im Iran eine Randbewegung. "Die Menschen denken kaum darüber nach, wie sie etwas verändern können. Sie sagen sich: Weil wir hier in Teheran so viel Verkehr haben und eine so starke Luftverschmutzung, kann man ja unmöglich Rad fahren oder zu Fuß gehen. Aber die Wahrheit ist: Wir müssen das tun, eben um das zu ändern", sagt sie.

 Ein Café dient als Treffpunkt für die Bewegung

Elnaz Café ist Treffpunkt einer kleinen, aber eingeschworenen Fahrradfahrer-Gemeinschaft. Zweimal pro Woche bietet sie ihnen einen gratis Reparaturservice und kostenlosen Kaffee. Unter den Radfahrern sind viele Frauen. Radfahren ist ihnen nicht explizit verboten – allerdings fordern das Hardliner immer wieder, es sei unislamisch. Viele Iraner sehen das anders, erzählen die Frauen. 

"Meistens sind es positive Reaktionen, wenn mich Leute auf der Straße Fahrrad fahren sehen. Manche ermutigen mich, vor allem Frauen. Sie klatschen mir aus dem Fenster zu, hupen laut und manche rufen: Mashallah, wie toll!", erzählt eine Fahrradfahrerin.

Iran: Die Umweltbewegung im Iran ist noch eine Randerscheinung, aber wächst auch hier
Iran: Die Umweltbewegung im Iran ist noch eine Randerscheinung, aber wächst auch hier | Bild: WDR

Mit den Fahrradfahrern hat sich für Elnaz eine Synergie ergeben. Während der Pandemie hat sie begonnen Sauerteigbrot zu verkaufen. Ein Trend, der auch den Iran erreicht hat. Damit kann ihr Laden auch in Lockdown-Zeiten Geld verdienen. Doch was Elnaz nicht gefiel, war der dadurch verursachte Lieferverkehr. Sie fragte ein paar ihrer Fahrradfahrer - und fand schnell viele freiwillige Lieferanten. "Die Aktion läuft wirklich super! Wir haben vor zwei Monaten mit vier Fahrradfahrern begonnen und nun ist die Gruppe der Freiwilligen auf 100 angewachsen", erzählt die 37-Jährige.

Fotograf Jantin ist einer von ihnen. Jede Woche nimmt er sich extra einen Vormittag frei, um dabei sein zu können: "Bisher fehlt uns die Infrastruktur zum Radfahren. Durch unsere Aktion können wir hoffentlich die Behörden darauf aufmerksam machen, dass es Menschen wie uns gibt. Vielleicht werden sie dann Fahrradwege in der ganzen Stadt anlegen."

Fortbewegungswandel in Teheran

Und dann gehts los: Jantin und sein Kumpel Mohammad müssen nach Tadschrisch, ein Viertel im Norden. Radwege sind auch hier bisher Mangelware. Er verspricht, daran etwas zu ändern: Pirouz Hanachi, seit 2018 Bürgermeister von Teheran. Er gilt als reformorientiert. Rad fährt er dennoch nur mit männlichen Kollegen. Immer dienstags, den hat er seit kurzem zum 'Carfree Tuesday' ausgerufen.

Iran: Teherans Bürgermeister wirbt auch für die Umwelt, aber in seiner Radlergruppe sind nur Männer
Iran: Teherans Bürgermeister wirbt auch für die Umwelt, aber in seiner Radlergruppe sind nur Männer | Bild: WDR

"Wir haben Jahre lang nur ans Auto gedacht in der Stadt Teheran. Wir haben nur Strecken für Autos gebaut und die Bürger förmlich zum Autofahren eingeladen. Es ist Zeit umzudenken und den öffentlichen Raum für Fahrrad und Fußgängerwege zu entwickeln", erzählt der Bürgermeister. Sein Ziel: In den kommenden fünf Jahren soll der Anteil der Radfahrer am Teheraner Verkehr fünf Prozent betragen. Derzeit liegt er gerade einmal bei 0,9. 

Jantin ist bei seiner ersten Kundin für heute angekommen. Avideh nutzt den grünen Lieferservice einmal pro Woche, erzählt sie: "Ich spare mir Zeit, die ich sonst im Verkehr verbringen müsste. Außerdem mache ich neue Bekanntschaften, denn ich liebe es mit den Lieferanten einen Tee zu trinken."

Zeit für einen Tee haben Jantin und Mohammad, ihr Service ist schließlich freiwillig – Die Kunden müssen bisher nichts dafür zahlen. "Ich mache es wirklich gerne, denn ich möchte dazu beitragen, dass sich meine Stadt entwickelt. Dass mehr Leute Radfahren, aber auch, dass sich andere Unternehmen unserer Bewegung anschließen", sagt Jantin.

 Auch Elnaz sieht das Ganze als Bewegung – große Gewinne macht sie nicht. In der Pandemie kämpft sie wie die meisten Gastronomen ums Überleben – dennoch hält sie an ihrem Projekt fest: "Sollte ich irgendwann nicht mehr hier sein, will ich mehr hinterlassen als ein paar Mauern und das Essen. Ich wollte eine Bewegung in Gang bringen, etwas an das man sich erinnert und das man mit mir aber auch ohne mich weiterführen kann."

Deshalb will Elnaz so viele Menschen wie möglich erreichen. Denn erst dann, sagt sie, habe die Bewegung im Iran eine wirkliche Chance.

Autorin: Katharina Willinger /  ARD Studio Teheran

Stand: 15.05.2021 11:27 Uhr

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