So., 11.09.22 | 18:30 Uhr
Das Erste
Großbritannien: Trauer um die Queen
Der Tod von Queen Elizabeth wird für die Briten nochmal greifbarer. Ihr Sarg ist zum ersten Mal zu sehen. Sechs Stunden Fahrt – von Schloss Balmoral nach Edinburgh. Normalerweise geben Monarchen wenig spontane Einblicke in ihre Gefühlswelt. Charles macht es als neuer König anders. "Ich habe den Moment, wenn sie stirbt, gefürchtet", erzählt er der neuen Premierministerin Liz Truss offen, obwohl er wusste, dass eine Kamera die beiden filmt.
Charles ist ganz anders als Monarch, als die Briten es von Elizabeth gewohnt sind. Offen, zugänglich. Er hat nicht die Akzeptanz seiner Mutter Elizabeth, aber er scheint gewillt, sie sich mit Charme zu erarbeiten. Die Monarchie soll unter ihm ja keinen Abschwung erleben.
Monarchie steht in der Kritik
Tatsächlich sind da gerade gefährliche Fliehkräfte. Charles ist König von 15 Staaten und manche wollen die Monarchie nicht mehr. Den Übergang von ihr zu ihm fürchtet der Palast. Deshalb umgarnt Charles auch sie: "Wo immer Sie leben, im Vereinigten Königreich oder in unseren Staaten anderswo auf der Welt. Ich werde mich bemühen, Ihnen mit Loyalität zu dienen, mit Respekt und Liebe während meines Lebens."
Vergangenes Jahr im November musste Charles, noch in Vertretung seiner Mutter ein Land verabschieden, das nicht mehr zur Monarchie gehören wollte. Barbados entschied sich, lieber eine Republik sein zu wollen. "Für sie wird es nun ein Neuanfang sein", hatte er damals gesagt. Aus 16 Staaten wurden 15.
Prinz William war im Frühjahr auf den Bahamas, in Belize und in Jamaika. In allen drei Ländern ist der britische Monarch das Staatsoberhaupt. Aber alle drei Staaten wollen das nicht mehr. Statt Herzen flog William aus der Bevölkerung heftige Kritik entgegen: "Geht wieder nach Hause!" Sklaverei während der Kolonialzeit, auf die Monarchie haben viele keine Lust mehr. Der jamaikanische Präsident teilte William das sogar vor laufenden Kameras mit: "Wir wollen uns lösen. Wir beabsichtigen, das in Kürze zu tun. Wir wollen eine floriendes Land sein. Und unabhängig."
"Das hatte William nicht erwartet. Es war peinlich für ihn. Die ganze Reise war ein Reinfall. Und William hat anschließend auch wahrgenommen: Die Zeiten ändern sich", erzählt Ed Owen, Historiker der britischen Monarchie. Aus 15 Staaten würden 12 Staaten, von denen Charles König wäre. Und mit Antigua und Barbuda hat gerade noch ein Land angekündigt, darüber abstimmen zu wollen. Dann wären es bald vielleicht nur noch 11.
Oder zehn? Auch Australien führt wieder die Diskussion, ob die Monarchie und ihre Rituale noch zu ihnen gehören. Manche dort sehen den Übergang von Queen Elizabeth zu König Charles als idealen Moment sich zu lösen. "Der Verlust von Australien würde die Monarchie sehr beschädigen. Wenn das größte Land auch den König als Staatsoberhaupt loswerden will, ja das würde zu erheblicher Unruhe im Commonwealth Realm führen", sagt Ed Owen.
Charles große Aufgabe als König wird sein, für sich und die Monarchie zu werben. Damit das Königreich nicht auseinanderfällt. Es zusammenzuhalten war ihre Lebensaufgabe. Queen Elizabeth Sarg ist mittlerweile in der schottischen Hauptstadt Edinburgh angekommen. Dort können die Menschen morgen von ihr Abschied nehmen.
Autorin: Sven Lohmann /ARD Studio London
Stand: 13.09.2022 14:50 Uhr
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