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Paris: Fahrrad-Boom durch Corona

Menschen auf Fahrrädern in Paris
Die Angst vor dem Corona-Virus läßt mehr Menschen aufs Fahrrad steigen | Bild: imago

Sich mit hunderten anderen in die überfüllte Bahn quetschen? Für Marie Christine Leudjeu ist das aktuell undenkbar – zu groß ist ihre Angst, sich mit Corona anzustecken. Die 55-Jährige steigt um aufs Rad, macht sogar einen Fahrrad-Kurs: Schulterblick, Abbiegen, Bremsen. Die Stadt Paris unterstützt die neue Mobilität, sperrt große Straßen für Autos.

Wer jetzt seinen alten Drahtesel reparieren lässt, bekommt 50 Euro Zuschuss. Der Ansturm ist groß. Das Umweltministerium lässt sich die Rad-Initiative einiges kosten und stellt bis zu 60 Millionen Euro bereit.

Paris fördert die Radfahrer

Kurven fahren mit dem Rad – gar nicht so einfach! Aber Marie Christine Leudjeu kämpft sich durch. "Hören Sie, ich muss am Ende die Hügel raufkommen, mit meinem Sohn. Schritt für Schritt. Ich gebe nicht auf. Und auch wegen Corona. Ich muss ranklotzen. Und aufhören Bahn zu fahren." Und dann? "Das Fahrrad nehmen!" Corona nutzen – und in diesem Kurs in Paris Fahrrad fahren lernen – das wollen sie alle hier. Doch statt der Ansteckungsgefahr wartet ein neues Risiko: "Mich beunruhigt der Verkehr. Hier ist es in Ordnung. Aber im Stadtzentrum zwischen den Autos und den Bussen!"

Frau fährt Kurven zwischen Hütchen bei Fahrradtraining
In Paris mit dem Fahrrad zu bestehen braucht Training  | Bild: SWR

Pferdestärke gegen Pedalkraft. In Paris ist das ein schwerer Kampf. Wie in vielen Hauptstädten Europas. Durch Corona geht er in eine neue Runde. Bis zu 60 Millionen Euro stellt der französische Staat jetzt zur Förderung des Radverkehrs zur Verfügung. Davon bezahlt werden Radwege, aber auch Fahrradkurse zur Auffrischung. Corona verstärkt die Politik des Wandels. Paris soll seit Jahren umweltfreundlicher werden. Sogar einen Tunnel an der Seine hat die Stadt schon gesperrt. Jetzt, in Corona-Zeiten, geht sie noch einen Schritt weiter: Sperrt die Rue de Rivoli, eine Hauptverkehrsachse, ganz für Autos.

Weniger Autoverkehr – weniger Luftschadstoffe

Doch die Fahrrad-Politik: Sie führt auch zu Konflikten, weiß Nicolas Clifford. Leidenschaftlicher Radfahrer und Besitzer einer Werkstatt. "Wir fühlen uns mehr und mehr durch die Autofahrer angegriffen. Weil wir immer mehr werden. Je mehr Platz wir einnehmen, desto mehr stören wir." Auch Nicolas profitiert von den Förder-Millionen:  Denn der Staat zahlt 50 Euro Zuschuss für jeden alten Drahtesel, der repariert wird. Direkt an die Werkstatt. Mehr als 60.000 Räder sind in ganz Frankreich in den ersten drei Wochen so schon wieder fit gemacht worden. "Ich fange um 9 Uhr an, und höre im Moment um Mitternacht auf. Mein Werkstatt-Leiter hat es jetzt endlich einmal geschafft einen freien Tag zu nehmen. Das war das erste Mal seit drei Wochen." Mehr Rad weniger Autos, Nicolas findet, es wäre der richtige Weg – auch für die Umwelt.

Mutter unterwegs mit Kind das Fahrrad fährt
Demnächst sind dann beide auf dem Rad unterwegs  | Bild: SWR

Während der Ausgangssperre gab es kaum Auto- und Flugverkehr – schon in den ersten drei Tagen war knapp ein Drittel weniger schädliches Stickstoffoxid in der Luft. Politik fürs Fahrrad findet auch Marie Christine Leudjeu richtig. Die 55jährige geht häufig mit ihrem Sohn spazieren. Er auf dem Rad. Sie noch zu Fuß. "Radfahren hilft das bei der Gesundheit, und gegen die Luftverschmutzung. Wir gewinnen alle dadurch." Ihr elfjähriger Sohn Julien unterstützt sie. "Das ist gut, man macht Sport. Und dann kann ich mit meiner Mutter Fahrradausflüge machen. Das wäre cool." Der Umstieg aufs Fahrrad – wie seiner Mutter gelingt er in diesen Zeiten vielen.

Autorin: Caroline Hoffmann, ARD-Studio Paris

Podcast zum Thema "Radwende – Beschleunigt Corona das Fahrradfahren?"

Stand: 14.06.2020 21:58 Uhr

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