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China: Hightech-Altenheime

China: Hightech-Altenheime | Bild: SWR

Es ist die Ein-Kind-Politik, die heute zu einem massiven Betreuungsproblem für alte Menschen in China führt – weit größer noch als in anderen Gesellschaften. 400 Millionen Rentner, soviel werden es in China im Jahr 2050 sein. Für diese Zeiten plant China. Und die chinesische Lösung: Betreuung durch Technik. In riesigen Kommandozentralen laufen unzählige Gesundheitsdaten in Echtzeit ein. Wenn etwas nicht in Ordnung ist, löst der Computer Alarm aus und das Call-Center übernimmt, ruft an, fragt, ob der Betreute Hilfe braucht.

Zentrale Daten-Überwachung der alten Menschen

Hier laufen die Daten von etwa 160.000 Senioren zusammen: Ihr Blutdruck, die Herzfrequenz, ihre Bewegungen und vieles mehr. Die Zukunft der Altenbetreuung, wie sie sich China vorstellt. "Wir analysieren auch den Verbrauch von Wasser und Elektrizität bei den Alten", erklärt Zhai Weikang von der Stadtverwaltung in Tianjin. "Die Familienangehören bekommen die Daten auch geschickt, um zu wissen, wie die Lage ist. Wenn der Wasserverbrauch plötzlich stoppt, löst das einen Alarm aus." Hightech-Ingenieure wie Weikang sind gefragte Experten. China droht eine Überalterung. In keinem anderen Land dreht sich die Alterspyramide so schnell wie hier.

überwachung
Bei der Stadtverwaltung in Tianjin laufen die Daten der alten Menschen zusammen | Bild: SWR

Diese Plattform in der ostchinesischen Millionenstadt Tainjin ist eines von über zweihundert Pilotprojekten des Landes. Ein Vorzeigeprojekt – entsprechend viele Offizielle begleiten die Dreharbeiten. In einer Wohnanlage haben sie die 65jährige Liu Xiuhua für ein Interview ausgesucht. Sie führt uns durch ihre Wohnung. "Das nennt man Infrarot-Detektor, schau mal, der ist angegangen! Wenn Sie sich hier nähern, geht das rote Licht an. Wenn in einem bestimmten Zeitraum, z. B. über 24 Stunden, keine Bewegung von einer Person festgestellt wird, gibt er diese Information an Ihre Kinder oder die Gemeindemitarbeiter weiter." Alle Geräte hat Liu gratis bekommen – weil sie sich so früh am Pilotprojekt beteiligt hat. Das smarte Armband gehört auch dazu. Es ist mit dem Mini Roboter im Wohnzimmer verbunden. 

 Ein Roboter prüft die Gesundheit

Liu Xiuhua: "Wie ist meine Gesundheit heute?" Maschine: "Ich prüfe den Gesundheitsbericht für Sie, bitte warten Sie. Liu Xiuhuas Gesundheitszustand heute, Herzfrequenz 84 pro Minute ist normal, Blutdruck 76 zu 116 ist normal." Es zählt noch die Schlafstunden und Schrittzahl auf.  Maschine: "Ende des Berichts, gute Gesundheit!" Noch bis vor kurzem wäre es normal gewesen, dass sie bei ihrem Sohn einzieht. Der Nachwuchs galt quasi als Rentenversicherung. Aber das ändert sich derzeit in China. Kritisch wird es für all die Älteren, die Pflege brauchen. 

Liu Xiuhua in ihrer Wohnung
Liu Xiuhua nimmt am Pilotprojekt der Datenerfassung teil | Bild: SWR

Hier in der Millionenstadt Lanzhou betreut eine Einrichtung 130.000 Pflegebedürftige. Es ist eines der immer verbreiteteren "virtuellen Pflegeheime”. Die Alten leben weiterhin bei sich zuhause, werden aber hier aus dieser Zentrale versorgt. "Das ist unsere Zielgruppe", sagt die Direktorin Qin Tiantian. "Es sind alles ältere Menschen ohne Kinder, die nicht mehr arbeiten können. Beim Hausbesuch wird immer erstmal ein Foto für die Gesichtserkennung gemacht. Dank Internet und modernen Technologien ist die Aufsicht viel einfacher. Hier überwachen wir die Dauer des Besuchs mit einer Aufzeichnung. Für jeden Besuch werden 15 Minuten benötigt. Sie können eine Aufzeichnung öffnen und reinhören." 

Virtuelles Altersheim

Effizienz ist das oberste Gebot. Das wird vor allem im Nebenraum deutlich, eine Art Call-Center für die Alten. "Hallo, wie kann ich helfen?" fragt die Telefonistin Peng Bing. "Zwei Leute, Rindersuppe für heute ... Ok! Wiedersehen! Weil alles schon eingetragen ist, auch das Restaurant, bei dem er gerne bestellt, brauchen wir nur einen Knopf zu drücken", erklärt Peng BIng. "Alles geht schnell."

Zhang Zhenggang
Zhang Zhenggang ist Kunde des virtuellen Altenheims  | Bild: SWR

Doch wie finden das die so betreuten Senioren? Besuch bei Zhang Zhenggang. Seit einem Jahr ist er Kunde des virtuellen Altenheims. Haushaltshilfe, Essenslieferung, alles organisiert nun eine Telefonzentrale. Einmal die Woche kommt Schwester Yan Ying persönlich vorbei, macht einen medizinischen Check – strikt nach Protokoll. "Jeden Tag bekomme ich jetzt ein Essen hier durchs Fenster... Schaut wie praktisch das ist", erzählt Zhang Zhenggang. "Ich brauche es nur zu öffnen und zu essen! Deshalb möchte ich erst einmal hierbleiben. Wenn ich in ein Altersheim komme, werde ich von der Gesellschaft völlig isoliert sein. Hier kann ich die Zeitung lesen und Leute treffen, mit denen ich aufgewachsen bin."

Zhang hat seit seiner Jugend starkes Rheuma. Seit Jahren ist er nur noch im Bett. Jede Abwechslung ist ihm da willkommen. "Hallo, ich bin vom Altenheim", meldet sich Yu Qian über einen Monitor. "Was hat die Pflegerin gemacht?" "Sie hat eingekauft und geputzt", sagt Zhang Zhenggang. "Gute Gesundheit! Wiedersehen!" Noch bis vor einem Jahr hat er alle Mahlzeiten selbst gekocht. Nicht mal ein Handy besaß er. Seine Erwartungen an Pflege sind gering. Doch viel mehr dürfen sich die meisten Alten in China nicht erhoffen, wenn es immer weniger Junge gibt, die persönliche Pflege übernehmen könnten.

Autorin: Tamara Anthony, ARD-Studio Peking

Stand: 17.10.2021 22:26 Uhr

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