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USA: Rätsel um verbotenen Genweizen

Bauern verklagen Monsanto

USA - Rätsel um verbotenen Genweizen | Bild: BR
Tom Stahl
Tom Stahl | Bild: BR

Und er gedeiht prächtig. Es könnte eine Rekordernte werden. Trotzdem plagen Tom schlaflose Nächte. Ein paar rätselhafte Körner gefährden sein Geschäft.

»"Uns droht eine Katastrophe. Wir exportieren 80 bis 90 Prozent unseres Weizens. Aber die Asiaten wollen kein gen-manipuliertes Getreide und haben deshalb alle Importe gestoppt, bis klar ist, wie viel Weizen tatsächlich betroffen ist." Tom Stahl«

Sechs Wochen bis zur Ernte – Toms Freund Lynn hilft ihm, den Traktor auf Trab zu bringen. Doch lohnt sich das überhaupt? Schon jetzt ist der Preis für ihren Weizen im Keller. Auch die EU verschärft ihre Kontrollen. Dabei sind bisher auf einem einzigen Feld in Oregon veränderte Pflanzen entdeckt worden. Doch das könnte den weltweit größten Weizenexporteur USA Milliarden kosten – und den guten Ruf.

»"Ich weiß nicht, ob es Gottes Plan ist, dass wir in seine Schöpfung eingreifen und verändern, was die Natur geschaffen hat. Die spielen mit dem Erbgut herum, und ich kann mir nicht vorstellen, dass das gesund und sicher ist." Lynn Polson«

Tom Stahl und Lynn Polson
Tom Stahl und Lynn Polson | Bild: BR

Bisher ist völlig unklar, wie Frankensteins Weizen, wie sie ihn hier nennen, auf das Feld in Oregon gelangt ist. Auch die Fachpresse kann nur spekulieren. Klar ist: Dieser Gen-Weizen ist nicht zugelassen, überall auf der Welt verpönt. Der Agrarriese Monsanto hat ihn zwar auch in Oregon getestet, doch das ist zwölf Jahre her. Tom und Lynn wollen jetzt wissen, was passiert ist – und haben geklagt gegen Monsanto.

»"Unsere Anwälte sagen, wenn wir klagen, dann müssen sie rausrücken mit der ganzen Wahrheit. Und zwar nicht nur Monsanto, sondern auch unsere Regierung." Tom Stahl«

Carol Mallory-Smith
Carol Mallory-Smith | Bild: BR

Wir machen uns auf nach Oregon, hätten gerne den Bauern getroffen, der den so genannten Super-Weizen gefunden hat. Doch der scheut die Öffentlichkeit. Carol Mallory-Smith hat seinen Weizen untersucht und kann verstehen, dass er anonym bleiben will. Zu heikel sei das Thema Genweizen.

»"Weizen ist ein uraltes Korn, das schon in der Bibel erwähnt wird und fast sakrale Bedeutung hat. Viele Menschen lehnen veränderten Weizen ab, auch weil wir ihn, anders als Soja oder Mais, vor allem in seiner reinen Form essen." Carol Mallory-Smith, Unkrautforscherin und Professorin an der Universität Corvallis«

Die Professorin zeigt uns, wie der Gen-Test abläuft – an Gräsern. Den veränderten Weizen hat sie weggeschlossen. Wer weiß, vielleicht wird der noch als Beweismittel gebraucht. Monsanto, die Firma, die Gene ausgetauscht hat, misstraut ihren Tests, behauptet, nur die eigenen Verfahren seien sicher. Dabei hat auch das Landwirtschaftsministerium den Fund von Genweizen längst bestätigt.

»"Dieser ganze Prozess mag vielleicht kompliziert klingen. Aber eigentlich ist der so simpel – wie ein Kochrezept. Sogar Highschool-Schüler lernen schon, wie man Gene analysiert." Carol Mallory-Smith«

Gen-Weizen in Oregon, Carol wollte es anfangs gar nicht glauben. Zu lange sind die Feldversuche her. Die veränderten Pflanzen damals angeblich vernichtet oder gesichert. Wurde damals vielleicht geschlampt?

»"Wenn wir Gen-Pflanzen aus dem Labor in die Umwelt bringen, dann werden sie Teil davon. Sie zu beherrschen – fast unmöglich. Das Getreide verbreitet sich genauso wild wie andere Pflanzen. Alles andere ist ein Irrglaube. Das ist simple Biologie. So läuft die Bestäubung." Carol Mallory-Smith«

Gentechnisch veränderter Mais, Afalfa oder Soja - längst gesellschaftsfähig in Amerika. Es gibt sie kaum noch unverändert auf dem Markt. Nur Weizen ist bisher tabu. Kein Wunder, dass Agrarriesen wie Monsanto hier ihr Geschäft wittern.

Der Fund in Oregon kommt da ungelegen. Sabotage, so behauptet die Firma. Anders sei das nicht zu erklären. Interviews gibt es nicht – wir werden auf das Internet verwiesen.

»"Dieser Weizen enthält dasselbe längst zugelassene Gen wie unsere Mais-, Soja-, Baumwoll- und Raps-Sorten. Es gibt keinen Anlass zu Sorge, sollte das Gen tatsächlich im Weizen gefunden worden sein." Robb Fraley, Monsanto«

Monsanto, der Retter der Welt, so verkauft sich der Konzern in seinen Werbespots. Doppelt so hohe Erträge für die Bauern, genug Essen für alle. Biotechnologie als Heilsbringer. Kein Wort über die Gefahren.

Tom Stahl
Tom Stahl | Bild: BR

Von wegen – alles für die Bauern. Dem Konzern gehe es vor allem darum, die letzte große genfreie Bastion zu erobern, sagt Tom. Deshalb wundert es ihn nicht, dass Monsanto längst wieder Feldversuche mit Gen-Weizen macht – ob es den Verbrauchern und Bauern schmeckt oder nicht.

»"Die haben schon so oft gelogen. Ihre berühmteste Lüge: Agent Orange, das Entlaubungsmittel, angeblich ungefährlich, aber Vietnam leidet heute noch. Woher wissen die, dass der Genweizen sich nicht längst weiter verbreitet hat. Aber vielleicht ist ihnen das ja sogar recht. Nach dem Motto, wenn alles verseucht ist, dann haben die Verbraucher keine Wahl mehr." Tom Stahl«

Es ist die aggressive Verkaufspolitik von Monsanto, die den gelernten Juristen an den hehren Zielen des Konzerns zweifeln lässt. Wer etwa Saatgut kauft, darf die Reste im nächsten Jahr nicht nutzen, so wie es früher üblich war.

»"Ihre Inspektoren sprühen das firmeneigene Pflanzenschutzmittel auf die Felder. Bleiben die Pflanzen stehen, dann wissen sie, es ist ihr Saatgut, weil es ein Gen hat, das dem Gift widersteht. Sie bitten die Bauern zur Kasse oder drohen mit einer Klage. Mafia-Methoden." Tom Stahl«

Tom weiß: Er kämpft wie David gegen Goliath. Und es bleibt nicht viel Zeit. Denn wenn der Gengeist einmal aus der Flasche ist, dann dürfte er nicht mehr zu stoppen sein.

Tom Stahl
Tom Stahl | Bild: BR

Guckt mal, zeigt uns Tom. Der fruchtbare Boden hier hat schon seinen Urgroßeltern gute Ernten beschert. Ganz ohne Biotechnologie.

»"Keine der Genpflanzen hat uns wirklich nach vorne gebracht. Die Erträge nicht größer, der Nährwert nicht höher, der Geschmack nicht besser. Aber sie bescheren diesen Konzernen ein großes Geschäft. Die wollen uns nur in ihre Fänge bekommen." Tom«

Der Gen-Weizen im Westen – er bleibt ein großes Rätsel. Auch wenn die Behörden versichern, es handle sich um ein einzelnes Ereignis – das Image des amerikanischen Weizens könnte auf Dauer weltweit angekratzt sein.

Autorin: Marion Schmickler, ARD Washington

Stand: 15.04.2014 11:07 Uhr

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