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Puntland / Somalia: Will noch jemand Pirat werden?

Puntland / Somalia: Will noch jemand Pirat werden? | Bild: BR

Es war der Traum vom großen Geld, der sie in den Knast gebracht hat. 10.000 Dollar sollte jeder Pirat bekommen – nicht gerade viel bei einer Million Dollar Lösegeld für ein Containerschiff plus Mannschaft. Doch manchmal geht alles schief.

Farah Idel
Farah Idel | Bild: Bild: BR

Farah Idel wurde weit vor Somalias Küste aufgegriffen. In seinem Boot: Enterleitern, zwei Kalaschnikows, Pistolen und Handgranaten.

Farah Ismail Idel, Pirat:

»"Was blieb uns Fischern anderes übrig? Jahrelang haben ausländische Trawler in unseren Küstengewässern geräubert und uns damit die Lebensgrundlage genommen. Die Welt hat das alles nicht interessiert, erst als wir selbst auf Beutejagd gingen; zuerst die Fischtrawler, dann die Frachter.“«

Zu acht Jahren Gefängnis wurde Farah Idel verurteilt. Von Reue keine Spur.

Farah Ismail Idel:

»"Wenn ich rauskomme, werde ich es noch mal versuchen. Bislang hatte ich keinen Erfolg. Aber vielleicht habe ich das nächste Mal ja mehr Glück.“«

Die Gefängnisse in Somalia sind mit finanzieller Unterstützung von UN und Europäischer Union aus- und umgebaut worden. Doch einsperren allein reicht nicht.

Als Teil eines Friedensprojekts geht eine Videogruppe in Puntland mitten rein in die Piratendörfer. Mit dabei: Generatoren, eine aufblasbare Leinwand und ein Aufklärungsfilm: Er zeigt, wie die Boote der Piraten in Brand gesteckt werden, wie die Freibeuter oft leer ausgehen und dennoch jahrelang im Gefängnis landen. Die Lösegelder haben vor allem Hintermänner kassiert. In den Dörfern an der Küste aber ist durch die Piraten alles teurer geworden.

Osman Ali, Dorfältester:

»"Sie haben mit Dollar um sich geschmissen. Eine Ziege kostete auf einmal das Zehnfache, ein Wasserkanister das Fünffache. Das kann sich doch keiner von uns leisten. Die Piraten – sie haben uns nur Unglück gebracht.“«

Abdirisak Abdulkadir
Abdirisak Abdulkadir | Bild: Bild: BR

Mit einer Kamera nimmt Abdirisak die Kommentare auf und mischt sie in seinem kleinen Schneideraum mit Videos internationaler Nachrichtensender.

Dass somalische Piraten auch in anderen Ländern, einige sogar in Deutschland inhaftiert sind, wissen viele nur vom Hörensagen. Dazu zeigt er Bilder der internationalen Kriegsschiffe, die vor der Küste patrouillieren. Seitdem sind die Piraten nur noch selten erfolgreich.

Abdirisak Abdulkadir, Videogruppe Puntland:

»"In einigen Dörfern, wo wir unsere Videos gezeigt haben, haben die Menschen die Piraten vertrieben. Sie wollten mit ihnen nichts mehr zu tun haben. Ohne Rückhalt in der Bevölkerung können die aber nicht agieren. Und das passierte nicht nur einmal, sondern in mehreren Dörfern an der Küste.“«

So sind die Fischer wieder unter sich. Ihre Boote haben schwache Motoren – für Kaperfahrten völlig ungeeignet.

Der Hummer, den sie fangen, war früher die Leibspeise der Piraten. Doch die sind weg, zusammen mit ihren Dollars, den Frauen, die sie sich kauften und den Trinkgelagen, die nicht nur strenggläubigen Muslimen ein Dorn im Auge waren.

Die Häfen im Norden Somalias sind die Tore zur Außenwelt. Saudi Arabien und die Emirate liefern, was die Somalier nicht haben – und das ist fast alles. Dafür gibt es im Gegenzug: Schlachtvieh. Vor allem auf der arabischen Halbinsel gelten Kamele als Delikatesse.

Beinahe verschlafen wirkt Puntlands Verwaltungshauptstadt Gerowe. Knapp 60.000 Menschen leben hier, darunter nur ein Dutzend Europäer, nicht aus Angst vor Piraten, sondern vor Entführungen. Wer dahinter steckt, ist oft unklar.

Ein bemaltes Geschäft
Ein bemaltes Geschäft | Bild: Bild: BR

Was die Geschäfte verkaufen, ist an den Fassaden aufgemalt. Das macht es für die vielen Analphabeten in Puntland leichter.

Inoffizielle Leitwährung ist nach wie vor der Dollar. Das einheimische Geld ist kaum etwas wert. Bei größeren Anschaffungen kommt man am besten gleich mit einer Schubkarre.

Die beiden Fahnen vor dem Präsidentenpalast zeigen das Selbstverständnis Puntlands: autonome Provinz, aber Teil Somalias. Dafür steht auch der neue starke Mann. Vorübergehend war Abdiweli Premierminister von ganz Somalia. Seit Januar ist er nun Präsident von Puntland. Zu den Piraten hat er seine eigene Meinung.

Abdiweli Mohamed Ali
Abdiweli Mohamed Ali | Bild: Bild: BR

Abdiweli Mohamed Ali, Präsident, Puntland:

»"Über die Mutter der Piraterie redet niemand. Dabei begann doch alles mit den ausländischen Fangflotten, die unrechtmäßig unsere Küstengewässer leer gefischt haben. Die Internationale Organisation für Seeschifffahrt schätzt den jährlichen Schaden für Somalia auf 400 Millionen bis eine Milliarde Dollar.“«

Autor: Peter Schreiber / ARD Nairobi

Stand: 15.04.2014 10:42 Uhr

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