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New York: Big Apple nur noch für die Superreichen?

New York: Big Apple nur noch für die Superreichen? | Bild: BR

Mitten in der Nacht - die Bronx. Für Phil English beginnt um ein Uhr morgens ein langer Arbeitstag.

Phil English
Phil English | Bild: Foto: BR

Phil ist Bauarbeiter und er wird nun zwei Stunden unterwegs sein, bis er seinen Arbeitsplatz in Manhattan erreicht. Ein Pendler wie 100.000 andere New Yorker auch. Es wird 16 Stunden dauern, bis er wieder nachhause kommt.

Phil arbeitet auf der teuersten und berühmtesten Baustelle New Yorks – ganz oben auf dem Neubau des World Trade Center. Symbol der wieder erstarkten Hauptstadt des Geldes.

Phil ist Vormann der Hilfsarbeiter, die den Schutt wegräumen. Leute wie er sind das Rückgrat der New Yorker Wirtschaft. Was für Texas das Öl sind für New York Immobilien: Job- und Geldmaschine für die Menschen und für die Stadtkasse - viel wichtiger als die Wallstreet.

Raum schaffen für Unternehmen und Menschen, vermieten, verpachten, verkaufen – möglichst teuer.

Das neue Wahrzeichen an der Südspitze Manhattans wird alles überragen, auch bei den Kosten: vier Milliarden Dollar haben die Investoren aufgebracht.

Phil English
Phil English | Bild: Foto: BR

Phil macht als Vormann 50 Dollar die Stunde, nicht schlecht, aber mit drei Kindern in der Ausbildung braucht er jeden Cent.

Phil English:

»In New York musst du viel arbeiten. Die Stadt ist hart. Ich hab meine Tochter an einem privaten College. Das kostet.«

Markus Schmidt

»Könnten Sie sich da unten eine Wohnung leisten?«

Phil English:

»Hätte ich keine Kinder, vielleicht. Da musst du richtig viel Kohle machen, um dir Manhattan leisten zu können.«

Gennadi Perepada
Gennadi Perepada | Bild: Foto: BR

Gennadi Perepada stammt aus Kiew. In New York ist er Fachmann für Manhattan und für Millionäre, die russisch sprechen. Er ist Makler und seine Kunden stammen aus Usbekistan, Kasachstan, Russland und der Ukraine

Gennadis Firma hat grade dieses Penthouse exklusiv an Land gezogen - kostet nur 15 Millionen Dollar. Vor einem Jahr war es noch für die Hälfte verkauft worden. "Die Preise spielen verrückt“, sagt er, aber seine Kunden seien auch verrückt auf New York. Namen nennt er nicht.

Gennadi Perepada, Makler One & Only:

»Ich mag diese Menschen. Ganz normale Menschen sind das. Die haben Klasse und Stil.«

Und so hilft er den Reichen aus der Ferne, den sicheren Hafen New York anzusteuern. Wer genügend Geld mitbringt, dem öffnet er in New York alle Türen. Das Kleingedruckte regeln seine Anwälte.

Gennadi Perepada, Makler One & Only:

»Wir bieten rund um alles an, einen richtigen VIP Service.«

Sein einziges Problem – es gibt zu wenig Luxusobjekte: So wie dieses hier, das er vor kurzem einer reichen Russin vermittelt hat. Kostenpunkt sieben Millionen Dollar für 80 Quadratmeter.

Die Dame hat das Ganze Interieur raus reißen lassen. War nicht ihr Geschmack. Bezahlt wurde cash - das sei so üblich: Prüft er, wo das Geld herkommt?

Gennadi Perepada, Makler One & Only:

»Nein, das zu prüfen, ist nicht mein Job. Ich bin Makler. Wie soll ich meine Kunden überprüfen. Die wollen, dass ich für sie schöne Wohnungen aussuche.«

Familie Pinder
Familie Pinder | Bild: Foto: BR

Wohnraum ist knapp, Wohnraum ist teuer. Ben Pinder, Lilly und seine Frau Molly leben in 40 Quadratmetern, das Kind schläft bei den Eltern und die Küche ist auch Wohnzimmer. Wenn im April Lillys Geschwisterkind kommt, stehen harte Entscheidungen an: Für eine größere Wohnung, 80 Quadratmeter, müssten sie hier mindestens 6000 Dollar bezahlen.

Sie lieben diese Gegend Brooklyn, sie fühlen sich wohl in der Nachbarschaft, aber mit dem zweiten Kind werden sie sich das nicht mehr leisten können.

Die Rechnung ist simpel: Zwei Kinder im Kindergarten macht 2500 Dollar plus Wohnung macht 5000 Dollar, bleiben noch netto 1500 zum Leben. Dabei haben beide gute Jobs, verdienen zusammen mehr als 100.000 brutto.

Ben Pinder:

»Das ist schon verrückt. Wir verdienen wirklich gut und trotzdem reicht es hinten und vorne nicht.«

Jetzt können sich auch die gut verdienenden jungen Familien den Luxus New York nicht mehr leisten. Der neue Bürgermeister verspricht Abhilfe: 200.000 bezahlbare Wohnungen in vier Jahren – zu spät, zu wenig.

Ben Pinder:

»Ja, es soll sich was ändern in New York, aber für uns kommt das zu spät. Unser neues Kind kommt doch schon in sechs Wochen.«

Manhattan verändert sein Gesicht. Erst wurden die Schwarzen und die Hispanos rausgedrängt, nun folgt die Mittelschicht.

In Szenevierteln wie um die Christopher Street sind die Häuser längst von Spekulanten aufgekauft worden, die alten Mieter werden mit rüden Geschäftsmethoden aus ihren Häusern vertrieben.

Und wenn gebaut wird, dann sind es neue Luftschlösser wie dieses – immer höher immer exklusiver – abgehoben vom Rest der Welt.

Richard Wallgren, Macklowe Properties:

»Jeder, der hier gekauft hat, hat mindestens zwei, drei Wohnungen, manche sechs. Das ist völlig normal und gehört zu New York, ist Teil seiner Vitalität. Diejenigen, die es geschafft haben, kommen hierher und die, die es nicht schaffen, müssen sich halt was anderes suchen.«

Mitleid darf man in New York nicht erwarten:

Molly Pinder:

»New York hat so etwas Besonderes, man kann davon nicht lassen. Und wenn du dann gehen musst, dann fühlt sich das an, als hättest du versagt und verloren.«

Für den Vormann Phil ist die Insel Manhattan Lohn und Brot – sechs Tage die Woche, eine ferne Insel, um zu arbeiten. Heute Nacht wird er vier Stunden Schlaf bekommen: Völlig normal – völlig ok – so ist das halt hier.

Autor: Markus Schmidt, ARD New York

Stand: 15.04.2014 10:45 Uhr

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