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Bali: Die grüne Schule

Mitten im balinesischen Dschungel: Ein grünes Utopia für Selbsterfinder und Vordenker. Eine Schule, wo es keine Wände und Grenzen im Denken geben soll und ein Klassenzimmer aus Bambus, statt Glas und Beton. Handys sind auf dem Campus tabu, aber Laptop und High Speed Internet eine Selbstverständlichkeit.

Wichtiger als dicke Lehrbücher sind lebensnahe Projekte

Bali: Lernen unterm Bambusdach – die grüne Schule auf Bali
Bali: Lernen unterm Bambusdach – die grüne Schule auf Bali

Chayton stammt aus den USA und geht seit sieben Jahren in die Grüne Schule Bali, nächsten Sommer macht er seinen High School Abschluss. Heute überlegt er mit seinem Lehrer, was sein großes Abschlussprojekt sein könnte. Mein Lehrer ist eigentlich mehr wie ein Coach, sagt der 17-jährige. Und wichtiger als möglichst dicke Lehrbücher sind hier lebensnahe Projekte. Einziges Dogma: Alles MUSS grün, also umweltfreundlich sein.

"Bei der Projektarbeit wählen wir für sechs Wochen ein Thema aus, für das wir Lösungen finden müssen. Wir haben zum Beispiel mal ein künstliches Korallenriff gebaut. Dafür haben wir erst Tauchen gelernt. Zertifikate erworben und dann sind wir als freiwillige Helfer in den Norden von Bali gefahren und haben die Korallenriffe im Meer installiert", erzählt Chayton Thompson, Schüler an der "Green School Bali".

"Meine Rolle in der Klasse ist es, den Schülern den Start zu erleichtern. Aber am Ende managen sie das Projekt komplett selbst. Es soll wie im realen Leben sein. Sie gestalten Webseiten und Instagram, legen Richtlinien fest und überlegen, wie sie alles finanzieren können", so Mauricio Camacho, Lehrer an der "Green School Bali".

Auch die Seilrutsche auf dem Abenteuerspielplatz haben die Schüler selbst entworfen und größtenteils mit gebrauchten Materialien gebaut, erzählt Chayton. 41 Nationen lernen hier zusammen und erst ab der neunten Klasse gibt es Noten.

Nachhaltiges Lernen statt Eintrichtern von Fakten

Bali: Chayton geht auf die grüne Schule – Jahresgebühr: 22.000 Euro
Bali: Chayton geht auf die grüne Schule – Jahresgebühr: 22.000 Euro

Das ist einer der Busse der grünen Schule. Immer mittwochs sind ein paar Jugendliche der Oberstufe damit unterwegs, um in Restaurants und Hotels Altöl einzusammeln. Später machen wir daraus in der Schulwerkstatt Seife, erzählt Ashleigh aus der zehnten Klasse. Aber der Hauptanteil geht an eine Vertragsfirma, die daraus Biodiesel herstellt. Für sämtliche Schulbusse.

"Ein paar Schüler haben sich mit der Idee befasst, Biodiesel für die Schulbusse herzustellen. Sie haben das recherchiert und herausgefunden, dass man das Altöl vom Kochen dafür verwenden kann. So lassen sich Schulbusse und Autos umweltfreundlicher nutzen", so Ashleigh Nicholas, Schülerin an der "Green School Bali".

Zurück an der Schule: Die Solaranlage und das Wasserkraftwerk am Fluss versorgen die Schule weitestgehend mit Strom. Das Mittagessen ist vegan und das Gemüse stammt zu großen Teilen aus eigenem Anbau. Bananenblätter machen die Spülmaschine überflüssig, denn die landen nach dem Essen auf dem Kompost im Garten.

Am Rande des Schulgeländes: Der Coworking Space. Café, Büro, Konferenzraum in Einem – für die Eltern. Chayton trifft hier seinen Vater Chris, um die Bewerbung für ein Praktikum durchzugehen. Chris Thompson sagt: Wir brauchen ein neues Denken in den Schulen. Nachhaltiges Lernen statt Eintrichtern von Fakten. Und das, obwohl er selbst es durch das traditionelle Schulsystem bis an die Elite-Uni Stanford geschafft hat, inklusive Job im Silicon Valley.

"Ich will, dass meine Kinder glücklich sind. Und das bedeutet nicht, dass sie mit Schmetterlingen und in lila Roben herumspringen sollen. Ich will, dass sie Spaß am Lernen haben. Ich will, dass sie auf ihre Schulzeit zurückblicken und sagen: Das war toll, danke. Jetzt bin ich gespannt, was als Nächstes kommt", so Chris Thompson, Gründer des "Eltern-Coworking Space".

Lehrer haben viele Freiheiten

Bali: Vorreiter für die Zukunft – die grüne Schule auf Bali
Bali: Vorreiter für die Zukunft – die grüne Schule auf Bali

Luisa und ein paar andere Viert- und Fünftklässler wollen Froschleitern für den Schulteich bauen. In der Innovationswerkstatt der grünen Schule müssen sie jetzt erst mal Bambusstöcke zu Messgeräten zusammenstecken. Luisa sagt: Lernen mache hier viel mehr Spaß als an ihrer alten Schule. "In einer normalen Schule haben wir Mathe und Lesen und so was. Hier reden wir über Plastik. Auch über Mathe, aber Plastik, mehr so, wie wir die Welt retten können", sagt Lucia Janssen, Schülerin an der "Green School Bali".

Und dann geht es über zu den Gänsen und zum Teich, die natürlich auch zum Campus gehören. Grundschullehrer Matthieu Wiki aus der Schweiz hilft beim Messen. Er ist noch ganz neu an der Grünen Schule und begeistert über die Freiheiten, die er hier als Lehrer hat.

"In meiner alten Schule habe ich jeden Lernschritt ganz genau geplant und strukturiert. Hier machen wir eine grobe Vorgabe. Wir wissen, wie wir dahin kommen müssen, aber wir reden mit den Schülern und lassen sie entscheiden und Ideen entwickeln, wie sie ans Ziel kommen", sagt Matthieu Wiki, Grundschullehrer an der "Green School Bali".

In der Grünen Schule lernt man sich selbst zu helfen

Bali: Kaum ein Ort scheint besser geeignet für den Traum von einer grünen Zukunft. Die Familie von Chayton Thompson lebt in dieser selbst entworfenen balinesischen Villa. Ein Traum, den man sich leisten können muss. Chris Thompson hat mit seiner Firma, die Videospiele programmiert, gutes Geld verdient. Deshalb sind die umgerechnet knapp 22.000 Euro Schulgeld pro Jahr kein Problem. Wir leben hier in einem Paradies, sagt Chayton, fernab von der großen Weltpolitik.

"Natürlich lebe ich in einer Blase. Das ist ganz anders als in eine normale Schule zu gehen oder da draußen in der realen Welt zu leben. Darüber bin ich mir im Klaren. Wenn ich die Schule verlasse, wird das alles wahrscheinlich ganz anders sein", findet Chayton Thompson.

Trotzdem springt er optimistisch in die Zukunft: In der Grünen Schule habe er gelernt, sich selbst zu helfen, an die eigenen Ideen zu glauben und dabei auch an die Umwelt zu denken. Das ist auch für seinen Vater Chris das Wichtigste. Egal, ob sein Sohn mal für eine Umweltorganisation arbeitet oder eine Ölfirma.

"Vielleicht sitzt er irgendwann mal in einem Aufsichtsrat und jemand schlägt vielleicht vor, einen Regenwald abzuholzen, um mehr Gewinne zu machen. Ich hoffe, dass er dann seine Hand hebt und sagt: Vielleicht sollten wir doch einen anderen Ansatz wählen. Denn solche Schüler und Menschen braucht doch die Welt derzeit, um etwas zu verändern", sagt Chris Thompson.

Vater und Sohn sind sich einig: Die Grüne Schule ist eine Traumfabrik. Aber keine, die deshalb nur grüne Traumtänzer ins Leben entlässt.

Autorin: Sandra Ratzow / ARD-Studio Singapur

Stand: 02.12.2019 19:44 Uhr

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