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Ägypten: Der Arabische Frühling – zehn Jahre später

Ägypten: Der Arabische Frühling – zehn Jahre später | Bild: ARD / weltspiegel

Yassin Mohamed demonstrierte auf dem Tahir-Platz für Gerechtigkeit, Freiheit und bessere Perspektiven in seiner Heimat zusammen mit hunderttausenden anderen Ägyptern Er radelt, um sich frei zu fühlen, wenigstens für ein paar Stunden auf einer Schnellstraße entlang der Pyramiden. Tatsächlich aber ist Mohamed Zaree im eigenen Land eingesperrt. Der Menschenrechtsaktivist darf Ägypten nicht verlassen, wurde mit Strafverfahren überzogen, ist zehn Jahre nach Beginn der Revolution bitter enttäuscht: "Die Regierung weiß, dass am 25. Januar 2011 etwas ganz Großes geschehen ist. Deshalb ist die Unterdrückung heute doppelt so schlimm, schlimmer als je zuvor und kann mit nichts in der Vergangenheit verglichen werden."

"Tage des Zorns"

In Kairo entlädt sich Wut und Frust über die herrschende Elite. Hunderttausende fordern am Tahir-Platz Brot und Würde, das Ende von Gängelei, Korruption und Ungleichheit. Ägyptens Sicherheitsapparat schlägt brutal zurück. Hunderte Menschen sterben. Doch die Protestwelle lässt sich nicht mehr stoppen.

Er war mittendrin, im Epizentrum der Arabellion. Yassin Mohamed riskierte alles. Im Alter von 16 Jahren wollte er für seine Rechte kämpfen, für eine bessere Zukunft in seiner Heimat: "Ich habe davon geträumt, in einem freien Land zu leben, so wie sich das alle wünschen. Dass ich meine Meinung zum Ausdruck bringen, meine Gedanken äußern kann, so lange ich damit niemandem schade. Ich fühle mich mit allen verbunden, die für Menschlichkeit einstehen."

Der Pharao stürzt. Husni Mubarak tritt drei Wochen nach Beginn der Proteste ab, nach 30 Jahren als Präsident. Damit ist der Weg geebnet für die ersten freien Wahlen Ägyptens.

Bassem Kamel gewinnt einen Sitz für die Sozialdemokraten, kämpft leidenschaftlich für die Ziele der Revolution. Ein halbes Jahr später wird das Parlament schon wieder aufgelöst: "Wir sind für soziale Gerechtigkeit und Würde angetreten, für Freiheit und Demokratie. Diese Ziele wurden nie verwirklicht. Ein anderes aber haben wir erreicht: Wir haben Angst und Verzweiflung überwunden, nicht vollkommen, so wie wir uns das gewünscht haben, aber dennoch spüren wir bis heute, dass es besser geworden ist."

Autokratie und Repression

Heute ist die Demokratie in Ägypten Geschichte. Proteste werden im Keim erstickt. Zehntausende politische Gefangenen harren in überfüllten Zellen aus, wie Menschenrechtsorganisationen berichten.
Yassin war einer von ihnen. Dreieinhalb Jahre verbrachte er hinter Gittern, weil er für seine Überzeugungen friedlich demonstriert hat, wie er sagt. Eine traumatische Erfahrung, die ihn bis heute prägt. In seinen Gemälden verarbeitet er die furchtbaren Erlebnisse, malt auch Freunde, die noch einsitzen. Dunkle Bilder, die von Leid und Verzweiflung erzählen. Heute ist Yassin ein anderer Mensch.

Bassem Kamel zieht keine ganz so düstere Bilanz. Der Sozialdemokrat ist weiter in seiner Partei aktiv, ermuntert junge Leute, in die Politik zu gehen – eine heikle Gradwanderung in einem Land, in dem der Spielraum so eng ist. Doch sie sollen es einmal besser machen als Kamels Generation: "Vor zehn Jahren waren die Jugendlichen noch voller Hoffnung. Wir hatten große Ziele, waren wild entschlossen, Änderungen durchzusetzen. Aber die meisten von uns waren nicht gut ausgebildet, hatten keinen politischen Hintergrund, konnten keine Prioritäten setzen. Heute bilden wir deshalb eine neue Generation aus, damit sie das eines Tages besser einschätzen können."

Mohamed Zaree hat viel erreicht und noch viel mehr verloren. Er wird Direktor eines Menschenrechtsinstituts mit 18 Mitarbeitern. Dann folgen Ermittlungen, sein Konto wird eingefroren. Heute ist er Einzelkämpfer und steht noch immer für seine Ideale von damals ein. Für ein freies, demokratisches Ägypten nach seiner Vorstellung allerdings wird er wohl noch einen langen Atem brauchen.

Autor: Daniel Hechler, ARD Kairo

Stand: 24.01.2021 20:25 Uhr

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