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Ukraine: Urlaub in Odessa?

Ukraine: Urlaub in Odessa? | Bild: picture alliance / Zoonar | Multipedia

Wer nach Odessa in den Urlaub fährt, will den Strand und das Schwarze Meer genießen. So war das früher einmal, aber jetzt ist Krieg – und Besucher kommen kaum noch in die Stadt, in der viele Menschen vom Tourismus leben. Alla Belenkovas Hotel Portofino liegt direkt am Strand. Vor dem Krieg, war es fast immer ausgebucht. Jetzt freut sie sich über jeden Gast, der bei ihr absteigt: "Wenn wir eine Buchungsquote von 30 Prozent unserer 46 Zimmer erreichen, dann sind wir zumindest kostendeckend und ich wäre sehr glücklich."  Noch hat sie aber erst zehn Prozent Auslastung. Nachdem schon die vergangene Sommersaison eine Katastrophe war, muss es dieses Jahr besser werden.

Jeder Gast zählt. Alla Belenkova hat sich genau überlegt, wie sie Touristen in ihr Hotel locken will. Zeitgenössische Kunst an den Wänden, Zimmer in edlem Design – Blogger und Influencer sollen hier eine perfekte Kulisse für Fotos finden und so neue Gäste über Social Media anziehen. Dass es absolut verboten ist, den Strand und das Meer, direkt vorm Hotel zu betreten, soll hier niemanden stören. "Wenn es dir verboten wird, dann geh in den Pool, wir haben einen schönen. Es gibt immer etwas im Leben, das verboten ist. Man muss zufrieden sein, mit dem was man hat."

"Tourismus gibt es de facto hier nicht mehr"

Magnete in einem Souveniershop
In Odessa leben viele Menschen vom Tourismus. | Bild: NDR

Auch die Souvenirläden in Odessas Innenstadt hoffen auf Touristen und Einnahmen – meist vergeblich. Nur selten betritt jemand den Laden von Svlitlana: "Wenn ich frage, woher kommt ihr, dann sagen sie aus Cherson, aus Mariupol, und dann weinen sie, dann erzählen sie schlimme Geschichten, ich glaube, sie müssen das einfach mitteilen. Wenn ich dann nach Hause gehen, dann weine ich auch."

Früher brachten ausländische Touristen viel Geld in die Stadt. Jetzt ist die Innenstadt relativ leer. Wir suchen nach Touristen – und finden sie tatsächlich. Im Rathaus sehen die Verantwortlichen auch die wenigen Touristen gar nicht gerne, obwohl der Stadtetat maßgeblich von der Urlaubsbranche abhängt.  "Tourismus gibt es de facto hier nicht mehr. Und wir als Stadt unternehmen auch nichts, um ihn zu fördern, denn er ist unmoralisch und unpassend in Kriegszeiten. Offen gesagt, gibt es hier gerade keinen Platz für Touristen", erklärt Oleh Bryndak, Vize-Bürgermeister von Odessa.

Im Hotel Portofino sehen sie das anders. Gerade haben zwei neue Gäste eingecheckt. Alla Belenkova hat eine Yogalehrerin engagiert, gut für die Nerven der Gäste in Kriegszeiten und beliebt bei wohlhabendem Klientel. Um 6 und 7 Uhr morgens soll es künftig eine Stunde geben – mit Blick auf das verbotene Meer. Nach einem Jahr fast ohne Einnahmen, brauchen sie dringend Gäste. "Das ist ein Albtraum. Aber es ist nun mal so und wir müssen das überleben", sagt Alla Belenkova unter Tränen.

85 Hotels haben Vertriebene aufgenommen

Ein Mann und eine Frau stehen an einem Hotel-Pool.
Alla Belenkovas Hotel Portofino braucht dingend Gäste. | Bild: NDR

Die meistens Hotels in Odessa kämpfen ums Überleben. Im Hotel Arkadia leben inzwischen ukrainische Kriegsflüchtlinge – zu günstigen Tarifen. "Jetzt haben wir Krieg, aber trotzdem in Odessa kosten die Wohnräume sehr viel, und wir haben die Möglichkeit, diesen Wohnraum hier billiger abzugeben", sagt Hotelmanager Andrej Bytschkow. Helfen, aber auch ein bisschen Geld verdienen – 85 Hotels in Odessa haben Vertriebene aus den besetzten Gebieten aufgenommen. Die Stadt Odessa hat um Hilfe gebeten. Denn rund 200.000 Menschen sind laut Schätzungen in die Urlaubsmetropole am Schwarzen Meer geflohen. 

Alla Belenkova und ihr Mann begutachten den Pool. Auch ein Steg wird gerade gebaut – ein kleiner Ersatz für den verbotenen Strand. Ab Mai, so hoffen sie, entspannen hier viele zahlende Gäste. Alla checkt die Buchungen mehrmals am Tag. „Wegen dem schönen Wetter sind heute noch 2 Buchungen dazu gekommen.“ Immerhin. Ob die Gäste dann aber wirklich kommen, wenn es wieder russische Attacken gibt? Alla hofft es. "Die nächsten Monaten wird alles gut, es ist Frühling und es ist Odessa, es werden Gäste kommen und wir hoffen, dass wir all ihre Erwartungen erfüllen können." Seit acht Jahren haben sie ihr Hotel am Strand. Ein Lebenstraum von der Pleite bedroht. Denn, dass Gäste am verminten Schwarzen Meer bald wieder unbeschwerten Urlaub machen können, ist kaum vorstellbar.

Autorin: Judith Schacht, ARD-Studio Kiew

Stand: 23.04.2023 19:55 Uhr

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