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Kolumbien: Escobars Nilpferde - das Erbe des Drogenbarons

Kolumbien: Escobars Nilpferde - das Erbe des Drogenbarons | Bild: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Fernando Vergara

Ein Wildunfall mit einem Nilpferd. So etwas hat es in Kolumbien bisher noch nicht gegeben. Verletzt wurde niemand, aber alle stehen unter Schock. Das Tier hat den Unfall nicht überlebt.  Tierärztin Cristina Buitrago wurde neben Feuerwehr und Polizei zum Unfallort gerufen. Was tun mit dem 1.500 Kilo Koloss? Runter von der Straße. Aber wie? Die ganze Aktion dauert mehr als eine Stunde. Wer kann, hilft mit.

Cristina Buitrago muss sie sich jetzt darum kümmern, dass der Kadaver fachgerecht entsorgt wird. Nicht einfach bei so einem großen Tier. Bis zum Morgengrauen muss das Nilpferd unter der Erde sein – bei dem heißen Klima beginnt sonst die Verwesung. Außerdem will sie das Nilpferd untersuchen, will mehr über das tote Tier herausfinden: "Jeden Tag gibt es mehr Nilpferde hier. Das Risiko von Unfällen mit Autos und mit Menschen wird steigen."

Nilpferde haben keine Fressfeinde

Eingang zur Luxus-Hacienda von Escobar.
Die Nilpferde stammen von Escobars Luxus-Hacienda, heute ein Vergnügungspark. | Bild: NDR

Nilpferde haben in Kolumbien eigentlich nichts verloren. Aber sie fühlen sich wohl. Zu wohl. Mehr als 100 Nilpferde leben mittlerweile in Kolumbien. Biologen und Tierärzte wie Cristina Buitrago versuchen seit einigen Jahren, den Nilpferdbestand einzudämmen. "Wir haben wirklich lange gebraucht, um Maßnahmen zu ergreifen. So hatten die Nilpferde viele Jahre Zeit, sich zu vermehren und sich anzupassen. Die Gegend ist ein Paradies für sie. Sie haben keine Fressfeinde und das Klima ist perfekt."

Alle Nilpferde, die hier leben, sind Nachfahren der Tiere aus Pablo Escobars Privatzoo. Escobar, Kolumbiens berüchtigter Drogenboss, pflegte den Zoo als exzentrisches Hobby und stellte so seinen Reichtum zur Schau – alles verdient mit dem Schmuggel von Kokain. Nach Escobars Tod wurden die Narco-Nilpferde freigelassen. Und breiten sich seitdem ungestört aus. Eine invasive Art, die der heimischen Tierwelt Konkurrenz macht.

Escobars Luxus-Hacienda ein Vergnügungspark

Die Luxus-Hacienda von Escobar ist inzwischen ein Vergnügungspark für die ganze Familie. Auch hier gehören die Nilpferde zu einer der Hauptattraktionen. "Vanessa" heißt das Maskottchen des Parks.  Der Name des letzten noch lebenden Nilpferds aus Escobars Zoo. Die echte Vanessa lebt allein in einem Gehege.

Ein kleines Museum am Rande des Parks zeigt das schillernde Leben des Drogenbosses. Die Parkbetreiber distanzieren sich zwar von seinen Gräueltaten. Doch die Fotos von Reichtum und Luxus überstrahlen alles. "So geht es eigentlich nicht. Wie das hier dargestellt wird, könnten Kinder und Jugendliche auf die Idee kommen: Wow – Pablo, die Hacienda. Drogenhandel ist doch was Cooles. Also das ist nicht die richtige Art", meint Cristina Buitrago.

Medellín: Drogenboss Escobar als Touristenmagnet

Drogenboss Pablo Escobar auf eine Hauswand gemalt.
In den 1980er-Jahren regierte der Drogenboss Pablo Escobar die Region um Medellín. | Bild: NDR

175 km entfernt in Medellín: Auch hier lebt die Erinnerung an Escobar weiter. Der Drogenboss ist ein Touristen-Magnet. Viele aus Escobars-Umfeld, die Größen der kolumbianischen Drogenmafia sind auf demselben Friedhof beerdigt. Täglich kommen Besucher aus aller Welt.  Stadtführer Julian Campos Cossio nimmt uns mit auf seine mit Abstand meistgebuchte Tour: Leben und Tod des Drogenbosses.

Am 2. Dezember 1993 wurde Escobar erschossen, auf dem Dach eines Hauses. "Er ist aus einem Fenster gesprungen. Und während er auf das Dach rannte, starb er", erzählt Stadtführer Julian Campos. In Medellín gilt Escobar bei vielen als der kolumbianische Robin Hood. "Wenn man in Medellín von Pablo spricht, spricht man mit Respekt. Denn er ist eine Person, die man – in Anführungszeichen  –  bewundern muss. Weil er den Ärmsten geholfen hat. Weil er das Land kontrolliert und die Regierung in die Knie gezwungen hat", sagt Campos.

Heute gibt es statt einem großen viele kleine Kartelle. Jeder Drogenboss hofft, der nächste Escobar zu werden. Doch aus der Deckung wagt sich keiner. Escobar dagegen spendierte damals den Armen von Medellín ein ganzes Stadtviertel, das bis heute seinen Namen trägt.  Hier hat der Drogenboss viele Verehrer. Wie Yamile Zapata. Ihr Friseursalon liegt mitten im Barrio Pablo Escobar. "Wir wissen, dass Pablo ein schlechter Mensch war, aber für uns war er ein guter Mensch, weil er Gutes tat. Dieses Viertel gebaut hat. Uns Essen gab und Bildung."

Nilpferde werden zum Teil nach Indien und Mexiko gebracht

Die Wände hängen voll mit Privatfotos – eine Leihgabe der Familie Escobar. Ihr Salon: eine Verbeugung vor dem Patrón. "Pablo war jemand, der das Unmögliche liebte. Er hielt sich Kängurus, die es in Kolumbien eigentlich gar nicht gibt. Zeigte uns Zebras, eine Reihe von Tieren", erzählt Yamile Zapata. "Die Nilpferde vermehren sich jetzt und müssen in andere Länder geschickt werden, weil sie sich zu stark ausbreiten. Aber das ist doch das Versäumnis der Regierung. Von denen, die heute Nápoles verwalten."

Ein paar der Nilpferde werden demnächst nach Indien und Mexiko gebracht – dort in Zoos eine neue Heimat finden. Tierärztin Cristina Buitrago und ihre Kollegen organisieren das Einfangen und den Transport: "Es sind niedliche Tiere. Sie strahlen Ruhe aus. Sie sind hübsch, aber nicht meine Lieblingstiere. Ich bevorzuge Tapire, Seekühe, Schildkröten. All die wunderbaren Tiere, die hier in diesem Land heimisch sind." Und die gilt es jetzt zu schützen. 

Autorin: Karin Feltes, ARD-Studio Mexico-City

Stand: 23.04.2023 19:57 Uhr

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