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Ecuador/Galapagos: Plastikmüll ist grenzenlos

Ecuador/Galapagos: Plastikmüll ist grenzenlos | Bild: WDR

Sie leben frei in einer nahezu unberührten Natur. In einem der reichhaltigsten Meeresökosysteme der Welt. Die einen sind Wanderer, andere sind hier zu Hause. Zu Hause auf den Galapagosinseln. Wer im Dienste der Wissenschaft steht, der darf frühes Aufstehen nicht scheuen. Diana Pazmiño und ihr Team wollen Baby-Rochen und Haie erforschen und das geht nur im Morgengrauen. "Als ich ein Kind war, nahm mich mein Vater zum Schnorcheln mit, dort wo es Haie gab. Ich war starr vor Angst, sie sind so viel größer als du und denkst, dass sie dich fressen. Mit der Zeit wandelte sich Angst in Neugier. Müssen wir sie wirklich fürchten? Was geschieht mit ihnen. Warum werden es weniger?", erzählt die Meeresbiologin.

Forschung zum Schutz der Tiere

Der Tag erwacht rau vor der Insel San Cristobal. Nur ganz langsam nähert sich das Team von Meeresbiologen einer kleinen, vom Menschen nahezu unberührten Bucht. "Wir müssen sehr vorsichtig sein, die Haie können sich erschrecken und die Bucht verlassen. Wir haben einen Versuch, den müssen wir richtig machen", sagt Diana. Vorsichtig werfen sie das Netz aus und schließen so die Bucht ab. Und da sind sie tatsächlich: Haie und Rochen, Jäger der Meere, die im Leben bedroht sind. Äußerst flink holt der Kapitän Manolo einen kleinen Hai aus dem Wasser.

Galapagos: Ein Paradies für Rochen und andere Meerestiere – die Galapagos-Inseln
Galapagos: Ein Paradies für Rochen und andere Meerestiere – die Galapagos-Inseln | Bild: WDR

Diana ist Genforscherin, sie will wissen: Welche Haie oder Rochen bekommen hier ihre Kinder? Dafür nimmt sie eine Genprobe. Wenn geklärt ist, wo die Tiere geboren werden, wohin sie weiterreisen, könnten Schutzzonen entstehen, in denen sie gefahrlos leben können: "Ich liebe es, dass ich diese wunderbaren Tiere untersuchen darf. Sie sehen aus wie Spielzeuge. Aber am meisten gefällt mir, dass wir wichtige Information gewinnen. So können wir Behörden konkrete Empfehlungen geben, die etwas bringen."

Es fehlt noch so viel grundlegendes Wissen über die Meerestiere. Doch für Diana geht es längst um Artenschutz. Zu viele Tiere kollidieren mit Booten, verletzen sich an Motoren. "Schau, da ist einer!", ruft die Meeresbiologin. Ein Hammerhai! Er wird, wie alle Haie, oft wegen seiner Flossen gejagt oder ist versehentlicher Beifang. Und so sterben sie langsam aus. "Es braucht lange bis Haie geschlechtsreif sind, und dann bekommen sie nur wenige Kinder. Es superwichtig ihre ersten Lebensjahre zu schützen, bis sie sich reproduzieren", erzählt Diana.

Galapagos: Pro Jahr reisen 200.000 Touristen ins Naturparadies
Galapagos: Pro Jahr reisen 200.000 Touristen ins Naturparadies | Bild: WDR

Heute schützt Kapitän Manolo die Haie. Früher aber hat er sie, wie so viele Fischer hier, für den asiatischen Markt gejagt – ihnen die Flossen abgeschnitten. "Niemand ist perfekt. Aber dann kommt der Moment des Wandels. Jetzt habe ich eine große Wertschätzung, ein Hai ist lebendig so viel mehr wert als tot", sagt der Fischer. Die Chance für die Tiere auch später im Ozean zu überleben, ist jetzt deutlich gestiegen. Denn gerade wurde der zweitgrößte Schutzkorridor der Welt geschaffen: Von Galapagos bis nach Costa Rica. Diana war Teil des Forschungsteams, das den Erfolg möglich machte: "Ich bin extrem glücklich. Mit der neuen Schutzzone garantieren wir, dass diese Tiere auf ihren natürlichen Routen reisen können, aber sicher."

In der neuen Schutzzone ist Fischen verboten. Kapitän Manolo ist dankbar über die Einblicke, die ihm die Wissenschaft bietet. Einige Kilometer weiter draußen sind die großen Trawler, die Tonnenweise Fisch rausholen oft genug auch illegal. So könne das nicht weitergehen. "Vieler Fischer denken immer noch: rausholen, rausholen, so viel verkaufen wie irgendwie möglich", sagt Manolo. Er aber will Vorreiter sein für eine neue Art des Fischfangs.

Plastik aus aller Welt in der Schutzzone

Die Galapagosinseln selbst sind schon seit Jahrzehnten eine Schutzzone. Auf den vulkanischen Inseln leben insgesamt nur 30.000 Menschen und für die 200.000 Touristen im Jahr gilt: Tiere darf man anschauen, aber niemals anfassen. Plastik ist hier tabu. Doch Plastikmüll kennt keine Grenzen und Schutzzonen. Juan Pablo Muños und Daniela Alarcon sind ihm auf der Spur. Und finden ihn selbst an den unberührtesten Buchten der Welt. "Das kommt aus Lima, Peru. Das ist asiatisch. Warum sind asiatische Flaschen auf Galapagos?", fragt der Meeresbiologe. Woher kommt der Müll? Steckt Plastik in den Tieren? Gefährdet es ihre Gesundheit? Das wollen die Wissenschaftler klären. Wieviel Müll findet sich auf 25 Metern?

Galapagos: Plastikmüll kennt keine Grenzen und Schutzzonen
Galapagos: Plastikmüll kennt keine Grenzen und Schutzzonen | Bild: WDR

Alles was groß ist können die Wissenschaftler einsammeln. Sie sagen, das sei nur der sichtbare Müll, der größte Teil liege im Ozean. "Die wurden von Schildkröten und Fischen angeknabbert. Da sind die Bissspuren", sagt Juan Pablo. Es ist unmöglich alles Plastik einzusammeln, denn mit der Witterung zerfällt es in immer kleinere Teile. "Siehst du den Plastikstaub hier? Das ist die Zukunft von allem was du hier siehst. Von allem Einwegplastik auf dieser Welt. Vergiss, dass Plastik in tausend, zweitausend oder einer Millionen Jahre verschwindet, das ist gelogen. Plastik bleibt für immer."

Ihre Arbeit habe gezeigt, das Plastik auf Galapagos kommt von den Fischerbooten, die ihren Müll einfach ins Meer kippen, sagt Juan Pablo. Die Fischerei stelle so mehrere Bedrohungen dar: Überfischung, die Gefährdung von Tieren, Müll. Es brauche mehr Kontrolle: "Wie kontrollierst du, dass sie keinen Müll reinwerfen, wenn du nicht mal kontrollieren kannst, dass sie nicht illegal fischen?" Kapitän Manolo setzt auf Transparenz als Geschäftsmodel. Er hat auf seinem Fischerboot eine Kamera installiert, die ununterbrochen filmt, wo er fischt, was er fischt, wie er fischt. Das Video kann der Endkunde beim Kauf seines Produktes abrufen. Das macht seinen Fang teurer, dafür muss er weniger fischen. "Ich will ein Vorbild sein für einen neue Generation von Fischern. Um unsere Mentalität zu ändern. Für eine verantwortliche, nachhaltige Fischerei", sagt Manolo.

Vom Haijäger zum Umweltschützer. Juan Pablo schaut tief ins Mikroskop und zeigt das Mikroplastik, das er in den Ausscheidungen einer Schildkröte gefunden hat. Plastik in Tieren, Plastik im Wasser, Neste, die mit Plastik gebaut werden. Das alles im Naturparadies Galapagos. Noch wissen Juan Pablo und Daniela nicht, ob Plastik den Tieren gesundheitlich schadet. Es sei aber alarmierend genug, dass überhaupt Plastik in Tieren sei. Eine Welt ohne Plastik sei unrealistisch, ein verantwortlicher Umgang aber von allen dringend notwendig. "Das hier ist doch heftig! Das hier zu sehen, bricht mir das Herz", sagt Juan Pablo.

Es wird mit Nachdruck geforscht auf den Galapagosinseln, denn die Zeit drängt. Es wird geforscht zum Schutz der Tiere – für eine nachhaltige Zukunft für die ganze Welt.

Autorin:  Xenia Böttcher / ARD Studio Mexiko

Stand: 13.03.2022 18:31 Uhr

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