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Sehnsucht Frieden – Nordirland sucht sein Glück

Nordirland
Die meterhohen Mauern und Zäune heißen "Friedenslinien". Sie trennen in den größeren Städten Nordirlands – wie hier in Belfast – immer noch die Wohnviertel pro-irischer Republikaner von denen pro-britischer Unionisten. | Bild: NDR / Sven Lohmann

Für Nordirland werden die kommenden Monate zur Zerreißprobe. Mit einem Bein bleiben die Nordiren in der EU, mit dem anderen treten sie aus. Halb EU, halb Vereinigtes Königreich. Den Spagat halten manche für eine extreme Herausforderung, andere für eine großartige Chance. Wohin führt die neue Sonderrolle das Land, das seit je her um Frieden, Stabilität und wirtschaftlichen Erfolg ringt? Die neue Situation könnte auch die Frage nach der Identität Nordirlands wieder befeuern.

Eine Grenze mitten durch das Vereinigte Köngreich

Nordirland
Cooper McClure bringt in seinem Boxclub protestantische und katholische Jugendliche zusammen. Er will damit helfen, die Konflikte abzubauen.  | Bild: privat / Sven Lohmann

Auf der irischen Insel gibt es keine Grenze. Zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland läuft der Austausch schrankenlos. Reisefreiheit, Handel, gemeinsames Stromnetzwerk. Und das bleibt auch so, trotz Brexit, um den mühsam errungenen Frieden auf der Insel und das Karfreitagsabkommen nicht zu gefährden. Nordirland bleibt dafür faktisch im EU-Binnenmarkt. Die Grenze zur EU verläuft offiziell in der irischen See. Und das treibt die Hafenbetreiber und Spediteure zur Verzweiflung. Denn es wird eine Grenze geben, die künftig mitten im Vereinigten Königreich, zwischen Nordirland und Großbritannien, verläuft. Nun brauchen sie im Hafen eine Zollabfertigung und Kontrollen für Waren, die von Großbritannien nach Nordirland kommen. Spediteure müssen die Papierarbeit erledigen, obwohl sie sich faktisch im Inland befinden. Es ist in etwa so, als würde es eine Zollgrenze zwischen Bayern und Baden-Württemberg geben.

Die Wirtschaft muss sich neu orientieren

Nordirische Firmen wie Lebensmittelhersteller oder Technikproduzenten rätseln, was die Barrieren für Geschäft und Wohlstand des Landes bedeuten. Viele beziehen ihre Rohmaterialien aus Großbritannien, und das wird zukünftig teuer, sollten Abgaben fällig werden. Andere wiederum, wie ein Sportartikelhersteller aus Belfast, freuen sich über die Möglichkeit, trotz Brexit, weiterhin eng mit Irland und dem Rest der EU Geschäfte machen zu können. Die Wirtschaft muss sich neu orientieren und fürchtet, sich entscheiden zu müssen: Handel mit der EU oder mit Großbritannien.

Nordirland
Landwirt Victor Chesnutt fürchtet, dass er seine Milch und sein Rindfleisch nicht mehr los wird. Er möchte seinen Hof bestmöglich an seinen Sohn übergeben – hat aber Angst, dass die Sonderzone den Markt völlig auf den Kopf stellt.  | Bild: NDR / Sven Lohmann

Und damit wird die Sonderzone Nordirland auch zu einem politischen Thema. Treibt sie einen Keil zwischen Nordirland und Großbritannien, während die Beziehungen zur Republik Irland attraktiver zu werden scheinen? Längst schäumen daher die Unionisten im Land, die Nordirland als Teil des Vereinigten Königreichs sehen und eine wirtschaftliche Grenze strikt ablehnen. Während die Republikaner an eine nicht aufzuhaltende Dynamik glauben, die in der ersehnten Wiedervereinigung Irlands endet.

Wieder geht es um die Identität Nordirlands. Was macht der neue Status mit den Hafenarbeitern, den Farmern? Und wie wirkt er sich auf die Menschen in Belfast und Londonderry aus, die weiterhin an hohen Mauern leben, die Unionisten und Republikaner trennen?

Ein Film von Sven Lohmann

Stand: 04.11.2020 10:55 Uhr

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Norddeutscher Rundfunk
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