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Iran: Dürre als Chance - Wie eine Kamelzüchterin Arbeitsplätze auf dem Land schafft

Iran: Dürre als Chance - Wie eine Kamelzüchterin Arbeitsplätze auf dem Land schafft | Bild: Katharina Willinger

Auf einem Kamel kommt sie nicht angeritten - das wäre Atekeh Nobaghi viel zu klischeehaft und unbequem. Vor der 37-Jährigen liegt mal wieder ein langer Arbeitstag - und sie wird schon freudig erwartet. Ihre Kamele warten auf die erste Fütterung des Tages.
Atekeh, die Kamelzüchterin. Klingt traditionell und eben nach orientalischem Klischee - ist aber in diesem Fall die Geschichte eines ländlichen Start-Ups. Denn Atekehs Familie hatte bis vor vier Jahren mit Kamelen gar nichts zu tun.

Kamele in der Dürre

Wie viele Regionen des Irans ist auch Atekehs Heimat Khorasan seit Jahren immer stärker von Dürre betroffen. Schuld ist nicht nur der Klimawandel - ein großer Teil ist menschengemacht. Dammprojekte haben über die letzten Jahrzehnte ganze Seen und Flüsse im Iran zum Austrocknen gebracht, darunter auch den größten Fluss des Landes, den Zayandeh Rud.
Durch die Dürre verlieren immer mehr Menschen auf dem Land ihre Lebensgrundlage. Auch Atekehs Familie war davon betroffen: ihre 400 Schafe und Rinder konnten sie nicht mehr erhalten. Atekeh Nobaghi: "Es regnet auch nicht mehr so viel wie früher, der Grundwasserspiegel ist von 20 Zentimeter auf fünf gesunken, daher kann bei uns fast nichts mehr angepflanzt werden - außer Alhagi."

Alhagi - eine krautartige Pflanze, die in sandigen Regionen wie Unkraut wächst. Als Futtermittel für Schafe oder Rinder ist sie ungeeignet. Atakeh, die Pflanzenkunde studiert hat, forschte nach und fand zwei Dinge heraus: Alhagi eignet sich als teures Destillat zur medizinischen Nutzung - oder ganz simpel als Futtermittel für Kamele.

Kamelwirtschaft

Vier Jahre später hat sie 80 Kamele. Das Fleisch und die Milch verkauft sie - beides gilt als sehr gesund. Um ins Kamelbusiness einsteigen zu können, absolvierte Atekeh ein Praktikum auf einer Kamelfarm weit weg von zu Hause, schrieb einen Geschäftsplan und überzeugte ihren Vater. Der war anfangs skeptisch - Kamele in unserer Region? fragte er. Heute ist er ihr größter Fan.

Inzwischen versorgt Atekehs Kamelzucht die gesamte Familie und hat sogar Arbeitsplätze für einige Dorfbewohner geschaffen.
Seit ihrer Scheidung lebt Atekeh wieder mit ihrer Familie zusammen. Sie hat sich bewusst für ein Leben auf dem Land entschieden - gegen eine Karriere an der Universität. Gegen ein Leben in der Stadt, wo es so viele junge Iraner hinzieht, weil sie auf dem Land keine Jobs mehr finden.

Mit der Kamelzucht hat sie einiges vorangebracht. Inzwischen berät Atekeh auch andere Landwirte in der Region. Und packt auch das Wasserproblem an: Zusammen mit anderen Dorfbewohnern wandte sie sich mehrmals an die Behörden - mit der Bitte die Probleme der Bauern ernst zu nehmen. Hilfe blieb aus - Atekeh wurde selbst tätig: "Wir Dorfbewohner haben Geld gesammelt, einen Bagger gemietet, Kanäle angelegt, Leitungsrohre gekauft und installiert. Das dauerte insgesamt 20 Tage und jetzt können wir durch die Leitung Wasser aus den Bergen nach unten ins Tal leiten."

Sie will ihr Kamel-Start-Up weiterentwickeln, vergrößern und irgendwann auch Handel mit dem Ausland treiben. Die Dürre, die ihre Heimat bedroht, hat Atekeh für sich in eine Chance verwandelt.

Autorin: Katharina Willinger, ARD Teheran

Im Rahmen der ARD-Themenwoche "Stadt. Land. Wandel - Wo ist die Zukunft zu Hause?"

Stand: 07.11.2021 22:38 Uhr

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