So., 30.10.22 | 18:30 Uhr
Das Erste
Thailand: Affenplage in der Tempelstadt
Der Feierabendverkehr in Lopburi ist die perfekte Gelegenheit für Langschwanzmakaken, schnelle Beute zu machen. Wer hier seine Einkäufe nicht sicher versteckt, hat gegen die Affen keine Chance. Die sind flink, frech, furchtlos und hungrig. Darum haben sie längst die Scheu verloren - vor Autos, Menschen, der Zivilisation.
Manus Wimuktipan ist einer der wenigen in der Stadt, denen auch das Tierwohl wichtig ist. Er arbeitet ehrenamtlich als Tierschützer. Mit Spendengeld hat er Melonen gekauft. Alles für die Affen. Denn ansonsten bekommen die Tiere hier nicht viel. "Hier in der Stadt gibt es keine natürliche Futterquelle für die Affen. Hier finden sie keine frischen Früchte. Sie bekommen ihr Futter komplett von den Menschen. Wenn sie einen Menschen sehen, denken sie deshalb: Von dem kriege ich was. Deswegen hat sich ihr natürliches Verhalten so verändert", erklärt Manus Wimuktipanvon der Lopburi Monkey Foundation.
Weil die Langschwanzmakaken rund um die alte Tempelanlage leben, gehören sie für viele hier zur religiösen Tradition. Komplett vertreiben will sie deshalb kaum jemand. Auch, weil sie schon immer eine Touristenattraktion waren. Besucher bringen Futter für die Affen und Geld in die Stadt. Doch seit Corona kommt kaum noch jemand. Was das für Folgen haben kann, zeigen Videos in sozialen Netzwerken: Affenhorden kämpfen um Nahrung und um ihre Reviere. Denn mittlerweile haben sich einzelne Affenbanden gebildet. Solche Vorfälle haben Anwohner zunehmend verängstigt.
Affen verwüsten Geschäfte – Geschäftsleute sind genervt
Vor allem Geschäftsleute sind genervt. Taweesak Srisaguan betreibt einen Laden für Farben und Lacke. Affen haben schon mehrmals seinen Laden verwüstet. In seiner Verzweiflung legt er nun jeden Morgen Tigerköpfe aus Stoff zur Abschreckung ins Sortiment: "Die Affen beklauen mich sonst, schmeißen alles um und hinterlassen ein totales Chaos. Und das mit den Tigerköpfen, naja, also es hilft, sagen wir mal, zu 50 Prozent. Manche Affen wissen jetzt, dass es keine echten Tiger sind. Aber manche haben immer noch Angst vor ihnen."
Auch nebenan sind Affen Dauergäste im Shop. Patiphan und Suthip Tantiwong verkaufen Autozubehör in dritter Generation. Sie haben grundsätzlich ein Herz für die Tiere. Darum füttern sie ab und zu. Ein Zwiespalt. Denn manchmal empfinden sie die Affen auch als lästige Plage. "Sie kommen schon mal rein und klauen Ware aus den Regalen. Die älteren Affen hören noch auf mich, wenn ich streng werde. Die mag ich auch irgendwie. Aber die jüngeren sind richtig frech. Das ist mir dann zuviel und ich schmeiße sie raus", erzählt Suthip Tantiwong. Für besonders schwierige Phasen hat sie jetzt ein Gitter angebracht. Da kommen die Affen nicht durch.
Affen auch in anderen Städten Thailands ein Problem
Das Vertrackte in Lopburi: Menschen füttern die Tiere mit guten Absichten. Aber nicht immer ist das gesund für die Affen. Jede Menge Süßkram, Snacks und Reste sind hier im Angebot. Die Affen stürzen sich auch auf Zucker, Fett und Zusatzstoffe. Und werden dadurch noch weniger satt, und noch schneller gestresst. Sie kämpfen mit denselben gesundheitlichen Folgen wie Menschen: Diabetes, Herzschwäche, Übergewicht.
Das bemerkt auch Tierärztin Juthamsa Supanam. Sie versorgt nicht nur Wunden von verletzten Tieren, regelmäßig sterilisiert sie auch im Auftrag der Behörden Affen aus Lopburi. So soll die Population wieder schrumpfen. Aber sie kommt kaum hinterher. "Wir brauchen eine Sterilisationsquote von 75 Prozent. Ansonsten vermehren sich die Affen weiter. Aber jetzt sind wir gerade mal bei 15 Prozent, das ist kaum zu schaffen. Das ist aber auch in anderen Städten Thailands ein Problem, nicht nur hier", erklärt Juthamsa Supanam.
Keiner will Affen in der Nachbarschaft
Eine Art Gehege am Stadtrand könnte eine Lösung für das Affenproblem sein: Hier hätten mehrere Tausend Makaken ihre Ruhe - und artgerechtes Futter. Doch der Bau zieht sich hin, ist ziemlich teuer. Und Anwohner protestieren. Keiner will Affen in der Nachbarschaft.
Wir sind nochmal bei Manus Wimuktipan. Er zeigt uns, wohin sich viele Affen jetzt zurückziehen. In ein verfallenes, ehemaliges Kino. Es stinkt nach Müll und Exkrementen. Einen nachhaltigen Plan für die Zukunft der Makaken gibt es nicht. Die Tierschützen finden: Eigentlich haben diese Affen etwas Besseres verdient.
Autor: Florian Bahrdt, ARD-Studio Singapur
Stand: 31.10.2022 17:58 Uhr
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