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Ghana: Auswege aus der Plastikmüll-Misere

Plastikberge am Strand nahe Ghanas Hauptstadt Accra.
Plastikberge am Strand nahe Ghanas Hauptstadt Accra. | Bild: NDR

Plastik überall: Am Strand im Osten von Ghanas Hauptstadt Accra sammelt Richmond mit seinen Freunden Plastik-Dreck ein. Ein paar Wochen später wird es hier wieder genauso aussehen. "Wir verdienen es nicht, zur Müllhalde zu werden. Das hier ist unser kleines Paradies, das wollen wir behalten. Gemeinsam und verantwortungsvoll sollte die Welt nach anderen Verpackungslösungen suchen." Weit mehr als 1.000 Strandeinsätze haben sie schon hinter sich, gegen den Müll aus aller Welt: von Aldis Supermarkt-Tüte bis zum Fischernetz. Und nun das noch: Zur Plastik-Schwemme kommt die Covid-Pandemie: "Wir finden Medizinartikel zur Pandemiebekämpfung. Das sind nun neue Müllströme. Es wäre gut, wenn viele Menschen wiederverwertbare Masken benutzen würden. Diese Einwegsachen werden zu einer Pandemie innerhalb der Pandemie", sagt Richmond Kennedy Quarcoo, Mitbegründer "PlasticPunch".
Die Aktivisten werden von verschiedenen Organisationen mit kleinen Beträgen unterstützt – auch von der EU. Sie sind alarmiert – auch durch neue Studien: Denn in den nächsten 20 Jahren soll sich die Plastik-Menge im Ozean nochmal verdoppeln – auf zusammengenommen 600 Millionen Tonnen.

Nanoplastik-Teile riesiges Problem

Dr. Edem Mahu im Interview.
Dr. Edem Mahu: "Alle Chemikalien aus dem Plastikmüll enden in unserem Körper." | Bild: NDR

Längst schon hat sich das Plastik im Meer verselbstständigt. An der Universität von Accra untersucht Dr. Edem Mahu, was Kunststoff im Ozean anrichtet. Es sind Hunderttausende von Jahren bis Kunststoff abgebau ist. Bis dahin zerfällt Plastik immer weiter in Einzelteile. Kleinste Partikel – Nanoplastik-Teile, zum Beispiel im Fisch – seien ein Riesenproblem für die ghanaische Bevölkerung: "Plastik enthält Zusätze, wie Weichmacher und andere Chemikalien. Was also passiert, wenn wir den Fisch essen? All die Chemikalien enden in unserem Körper. Das alles ist also nicht nur eine große Herausforderung für den Ozean und sein Ökosystem, sondern insgesamt für den Menschen."

Plastik aus Recycling

Auch deshalb wollen die Ghanaer beim Recycling vorankommen. Der Kunststoff-Hersteller Mini-Plast wuchs in den vergangenen Jahren zu einem der wichtigsten Plastikfabrikanten Ghanas. Hier wird inzwischen beides produziert: Plastik aus neuem und aus recyceltem Material. "Unser Recycling wurde aus der Not geboren. Damals, vor 20 Jahren, waren die Ausgangsstoffe teuer. Wir haben also begonnen, Plastik aus Recycling zu machen", erklärt Manager Nadim Ghanem-Parés. "Heute besteht etwa die Hälfte der Produktion aus recycelten Stoffen. Die verkaufen wir auch an andere Hersteller. Nicht nur das: Wir glauben, in den nächsten zehn Jahren werden wir keinen einzigen Tropfen Plastik aus neuem Material herstellen."

Frauen sortieren Plastikmüll.
Plastikarten und Farben werden getrennt. | Bild: NDR

Wiederverwerten von Müll: Für die Firma eine Geldquelle, für die Menschen hier eine Chance zur Arbeit. Plastik sammeln, Plastik zerteilen – einfache Arbeiten, aber eine Einnahmequelle in einem Land, in dem solche Jobs fehlen. Getrennt nach Plastikarten und Farben entsteht am Ende eine heiße Plastikmasse, die schließlich zu Granulat wird. Gut für die Firma – und die Mitarbeiter: "Recyling schafft eine Menge Jobs, die gut bezahlt sind und hier dringend gebraucht werden. Wir haben inzwischen drei Fabriken aufgebaut, in denen gesammelt, geschreddert und recycled wird. Kleinere Firmen liefern ihnen zu. Wir trainieren sie und geben finanzielle Hilfe, manchmal ist auch die deutsche Entwicklungshilfe dabei", sagt Nadim Ghanem-Parés. Und die Firma ist umweltfreundlich bis zum Dach: Zweidrittel der Energie bekommt Mini-Plast durch die Sonne.

Vermeiden und recyceln

Am Strand von Accra, meinen die Aktivisten von Plastik-Punch: Recycling ist gut, Vermeidung besser. Sie wollen auch zum Nachdenken anregen - darin sehen sie ihre Aufgabe: "Die Gesellschaft muss ihren Blick auf das Problem ändern und ihr tägliches Leben anpassen. Wir müssen etwas Hoffnung geben. Wir machen sehr viel falsch, aber nachfolgende Generationen verdienen etwas Besseres. Diese Botschaft bringen wir rüber." Vermeiden und recyceln – es wird beides nötig sein – nicht nur in Ghana.

Autor: Norbert Hahn, ARD Nairobi

Stand: 30.05.2021 20:28 Uhr

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