SENDETERMIN Mo., 31.07.23 | 05:30 Uhr

Service: Urlauberrechte im Katastrophenfall

mit Kay P. Rodegra, Rechtsanwalt

Auf der griechischen Insel Rhodos und in vielen weiteren beliebten Reiseregionen in Südeuropa kommt es immer wieder zu verheerenden Waldbränden. Tausende Urlauber mussten evakuiert werden und ihre Reise abbrechen. Andere können den Urlaub gar nicht erst antreten, weil Flüge und Reisen vom Veranstalter gestrichen werden.

Die große Hitze und die schrecklichen Waldbrände im Süden Europas sorgen für Unsicherheit und viele Fragen bei den Urlaubern: Kann man einen bereits gebuchten Urlaub z.B. kostenfrei absagen, wenn es am Urlaubsziel zu gefährlich wird? Und was, wenn es während der Reise plötzlich zu einer Naturkatastrophe kommt und man die Reise vorzeitig abbrechen will oder muss?

Rücktritt durch die Kunden vor Reisebeginn

Kommt es am Reiseziel oder in dessen unmittelbarer Nähe zu einer akuten Gefahrenlage oder sind erhebliche Beeinträchtigungen zu erwarten, kann ein Pauschaltourist den kostenfreien Rücktritt von der Pauschalreise aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände erklären. Die besondere Situation muss aber zum Zeitpunkt des geplanten Reiseantritts feststehen bzw. höchst wahrscheinlich sein.

Erklärt der Reisekunde den Rücktritt zu früh, obwohl noch gar nicht absehbar ist, ob zum Zeitpunkt der Reise noch eine Gefahrenlage besteht, bzw. erhebliche Beeinträchtigungen vorhanden sind, kann der Reiseveranstalter Stornokosten verlangen. Individualreisende, die beispielsweise nur einen Flug gebucht haben, haben kein kostenfreies Rücktrittsrecht, wenn der Flug zum vereinbarten Flughafen tatsächlich durchgeführt wird.

Rücktritt durch den Reiseveranstalter vor Reisebeginn

Wenn unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände die Reise erheblich beeinträchtigen bzw. eine große Gefährdung darstellen, kann auch der Reiseveranstalter den Rücktritt vom Vertrag erklären. In einem solchen Fall muss der Reiseveranstalter innerhalb von 14 Tagen nach dem Rücktritt den vollständigen Reisepreis an den Reisekunden erstatten.

Einen Reisegutschein muss der Reisekunde nicht akzeptieren. Der Reiseveranstalter kann auch nicht verlangen, dass der Kunde zu einem anderen Reiseziel umgebucht wird, gleichwohl kann das der Reisekunde natürlich einvernehmlich mit dem Reiseveranstalter absprechen.

Abbruch der Reise im Katastrophenfall

Kommt es am Urlaubsort zu erheblichen Beeinträchtigungen bzw. zu großen Gefahren, kann der Urlauber die Reise kündigen. Gehört der Rückflug mit zum Reisevertrag, muss der Reiseveranstalter für eine zeitnahe Rückbeförderung sorgen. Anfallende Mehrkosten trägt der Reiseveranstalter. Für den ausgefallenen Teil der Reise kann der Urlauber zudem eine Teilrückerstattung des Reisepreises verlangen; einen zusätzlichen Schadensersatzanspruch wegen entgangener Urlaubsfreude hat er aber nicht.

Individualreisende, die nur den Rückflug nach Deutschland gebucht haben, müssen ihren Ersatzflug selbst bezahlen. Betroffene Urlauber sollten Kontakt zur ihrer Fluggesellschaft aufnehmen und absprechen, ob eine Umbuchung des ursprünglich gebuchten Fluges möglich ist.

Verspätete Rückreise im Katastrophenfall

Kann ein gebuchter Flug wegen einer Naturkatastrophe nicht durchgeführt werden und wird annulliert, ist die Fluggesellschaft in der Pflicht, soweit die EU-Fluggastrechte greifen. Die EU-Fluggastrechte gelten für sämtliche Flüge aus der EU und für Flüge von einem Drittstatt in die EU mit einer Airline, die ihren Sitz in der EU hat.
Fällt ein Flug aus, muss die Airline für einen Ersatzflug sorgen und bis zum Abflug kostenfreie Betreuungsleistungen, also Verpflegung und auch ein Hotel zur Verfügung stellen.

Bei Pauschalreisen ist auch der Reiseveranstalter in der Pflicht. Kommt es beim zum Reisevertrag gehörenden Rückflug aufgrund einer Naturkatastrophe zu einer Verzögerung, muss der Reiseveranstalter für bis zu 3 Tage kostenfrei eine Unterkunft stellen.

Gilt Hitze allein als Rücktrittsgrund?

Witterungsbedingungen wie beispielsweise die aktuelle Hitzewelle in Teilen Südeuropas fallen unter das allgemeine Lebensrisiko. Hohe Temperarturen allein stellen daher keinen unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand dar, der zum kostenfreien Rücktritt vom Reisevertrag berechtigt.

Nützt eine Reiserücktrittskostenversicherung im "Hitzefall“?

Eine Reiserücktrittskostenversicherung, die die Stornokosten übernimmt, greift nur, wenn der Urlauber eine Reise aufgrund von unerwarteten individuellen Risiken und Gründen nicht antreten kann bzw. ein Antritt der Reise nicht zumutbar ist. Dazu gehört zum Beispiel die plötzliche Erkrankung des Urlaubers, der Tod eines nahen Angehörigen oder auch der Einbruch oder Brand im eigenen Haus. Die Sorge oder Ängste, zu einem gebuchten Ziel zu reisen, oder extreme Wetterbedingungen sind kein Versicherungsfall. Gleiches gilt für eine Reiseabbruchversicherung.

Weitere Informationen

• Verbraucherzentrale: Ihre Rechte am Urlaubsort
https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/vertraege-reklamation/kundenrechte/erdbeben-feuer-und-andere-krisenereignisse-ihre-rechte-am-urlaubsort-10380

• ADAC: Stornierung bei Epidemie, Naturkatstrophe oder Terrorgefahr
https://www.adac.de/reise-freizeit/ratgeber/reiserecht/naturkatastrophe-terror/

• Tagesschau: FAQ – Was Griechenland-Reisende wissen müssen
https://www.tagesschau.de/griechenland-braende-evakuierungen-100.html

• MDR: Diese Rechte haben Urlauber bei Naturkatastrophen
https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/panorama/urlaub-rechte-naturkatastrophe-waldbrand-pauschalreise-100.html

Stand: 31.07.2023 07:15 Uhr

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