Simone Ritscher im Interview

Zum Abschied von Doris van Norden

Doris
Kurz vor dem Showdown: Doris fasst einen finalen Entschluss. | Bild: ARD / Ann Paur

Wie hält man es als Schauspielerin aus, zwei Jahre auf "die Böse" gebucht zu sein?

Naja, "böse" ist ja ein weiter Begriff. Man muss sich eben die Freiheit nehmen, alles an Facetten aus einer Rolle herauszuholen. Man muss sich den Freiraum nehmen, der Rolle ein eigenes Leiden hinzuzufügen. Gerade das nonverbale Spielen – die Pausen, die ungesagten Worte, die Blicke – geben der Figur eine Vielschichtigkeit, die nicht im Drehbuch steht. Und gerade das ist mein Werk. Ich habe mit der Figur und ihrer Biografie gelebt und mir immer ihr hartes Schicksal vor Augen gehalten, das sie zu dem gnadenlosen Menschen machte, der sie am Fürstenhof war: Ihre Geschichte war ja geprägt von Einsamkeit, Armut, Gewalt. Und dann ist da auch noch ihre fast krankhafte Liebe zu Werner, die im Übrigen verstehen mag, wer will. Ihre Bösartigkeit entspringt  einer tiefen Sehnsucht nach Liebe, nach Familie und Geborgenheit – sie wählt nur fatalerweise immer die falschen Mittel, um dieses Ziel zu erreichen.

Doch ab und an schimmern ja auch andere Seiten ihres Charakters durch ...

Aber natürlich. Ich denke, um als "die Böse" so erfolgreich zu sein, muss sie ja auch ein paar Qualitäten mitbringen: Nur wer Witz, Mut und Charme hat, kann verführen. Und natürlich ist sie sehr intelligent und selbstbewusst. Das war mir sehr wichtig, ihr diese Nuancen mitzugeben.

Werner und Doris
Doris war krankhaft eifersüchtig und wollte Werner ganz für sich allein. | Bild: ARD / Ann Paur

Haben Sie etwas vermisst an der Rolle der Doris van Norden?

Ja, wenn ich ehrlich bin. Es wird in Telenovelas allgemein oft vergessen, dass die Menschen nicht nur in Beziehungen leben. Ich finde es schade, dass man Doris nicht gezeigt hat, wie sie arbeitet, obwohl sie ja als Geschäftsfrau sehr erfolgreich war – es gibt Figuren Glaubwürdigkeit, wenn man sie in ihrem Alltag zeigt. Und Arbeit ist ja ein sehr großer Bestandteil des Lebens.

Simone Ritscher und Nicola Tiggeler
Zwei Intrigantinnen mit Kultstatus: Simone Ritscher und Nicola Tiggeler, die als Barbara ihr Unwesen am Fürstenhof trieb. | Bild: ARD/Ann Paur

Sie haben ja als Doris van Norden wahren Kultstatus bei Ihren Fans erlangt. Spielt man manchmal damit ein wenig?

Oh, danke für das Kompliment. Sie meinen, ob ich in der Öffentlichkeit mal aus Spaß ein wenig die Doris gemimt hätte? Nein, niemals. Und dennoch gibt es rund fünf Prozent unter den "Sturm der Liebe"-Fans, die meine Rolle nicht von meiner Person trennen konnten. Das reichte von Beschimpfungen auf der Straße über Verwünschungen per Post bis hin zu einer Morddrohung. Beim Fan-Tag war deshalb auch ein Bodyguard für mich nötig. Doch, wie gesagt, das ist nur ein sehr kleiner Prozentsatz, der nicht zwischen Fiktion und Realität unterscheiden kann. Der allerallergrößte Teil der Fans ist ganz bezaubernd.

Gilt diese Verwechslungsgefahr auch für andere Rollen?

Mit Sicherheit. Aber Personenschutz ist immer nur für die Darsteller der Bösen nötig – übrigens nicht nur bei "Sturm der Liebe", sondern bei allen Telenovelas.

Haben Sie schon Pläne für die nächste Zeit?

Erstmal mache ich jetzt drei Monate richtig Pause, um für mich wieder neuen Input zu bekommen. Ich möchte jetzt nur einen normalen Alltag leben – Freunde sehen, meinen Sohn, meinen Mann. Denn meine Familie ist für mich das Allerwichtigste und kommt vor allem anderen. Ansonsten bin ich offen für das, was kommt.

Was sagen Ihre Fans jetzt, nachdem sie erfahren haben, dass Sie "Sturm der Liebe" verlassen werden?

Oh, da ist schon viel Abschiedsschmerz. Aber der ist ja beiderseitig.

Liebe Simone Ritscher, wir bedanken uns herzlich für dieses Gespräch zum Abschied vom "Sturm der Liebe" und hoffen sehr, Sie bald auf Bühne oder Fernsehschirm wieder sehen zu dürfen. Alles Gute! Interview: Iris Wehn

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