Gespräch mit Petra Schmidt-Schaller

Sie spielt Hauptkommissarin Katharina Lorenz

»Ich bin froh, diese Reise unternommen zu haben.«

Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller)
Katharina Lorenz macht sich ihr eigenes Bild vom Asylbewerberheim. | Bild: NDR / Alexander Fischerkoesen

Es ist Ihr letzter Fall als Kommissarin Katharina Lorenz. Warum steigen Sie aus?

Die Reise war für mich beendet. Ich habe der Figur gegeben, was ich ihr geben wollte, und dann gemerkt, dass es mich weiter zieht. Zweimal im Jahr bin ich dieser Frau auf sehr intensive Weise begegnet. Es kam mir manchmal fast so vor, als wäre ich in den Beruf der Kommissarin eingetreten. Bei der Bundespolizei hatten wir es mit besonders brutalen Verbrechen zu tun, die haben mich lange beschäftigt.

Was haben Sie Katharina Lorenz gegeben?

Die Erkenntnis, dass ein Schreibtisch einen sehr selbstsicher machen kann und eine unmittelbare Erfahrung sehr menschlich. Am Anfang war sie wahnsinnig abgeklärt und meinte, die Welt zu kennen. Am Ende ist sie zu einem gewissen Grad desillusioniert und keine Du-brauchst-mir-nichts-erzählen-Frau mehr. Sie ist gar nicht so abgebrüht, wie sie glaubte. Ihr Partner Thorsten Falke war immer der Bauch- und sie der Kopfmensch. Doch der Kopf musste begreifen, dass es da noch etwas anderes gibt, und sie mit Logik nicht weiterkommt. Seit Lorenz bei der Bundespolizei arbeitet, lassen sie die Eindrücke nicht mehr los. Sie verspürt eine tiefe Ohnmacht. Richtige Lösungen gibt es nie, stattdessen nur neue Fälle und neue Brutalitäten.

"Verbrannt" erzählt von einem unfassbar grausamen Verbrechen. Waren Sie am Set erschüttert?

Beim ersten Ansehen des verkohlten Dummys ja. Gedanken an den wahren Fall ließen sich nicht vermeiden.

Der Mann hat wirklich gelebt. Dachten Sie beim Spielen daran?

Bei fast allen Filmen, die ich drehe, habe ich ehrlich gesagt das Gefühl, dass sie auf einem wahren Fall basieren. Liebesromanze oder Kriminalfall, ich nehme alle Geschichten so ernst, als wären sie echt. Weil ich glaube, in jeder steckt eine eigene Wahrheit, und diese Wahrheit gibt es irgendwo in der Welt. Einen Stoff wie diesen behandelt man natürlich mit allergrößter Umsicht. Ironie oder Humor zum Beispiel würden die Zuschauer sicherlich als Pietätlosigkeit empfinden.

Haben Sie im Team oft darüber gesprochen, was in Dessau passiert ist?

Thomas Stuber bat uns ausdrücklich darum, uns Dessau nicht als 1:1-Vorlage zu nehmen. Der Kern der Geschichte ist das Abgeben von Verantwortung unter dem Druck einer Gruppe. Die Hauptfrage ist: Wie verhalte ich mich, wenn ich dazugehören will. Wann muss ich beweisen, dass ich Rückgrat habe?

In dieser "Tatort"-Reihe dürfen sich junge Filmemacher beweisen.

Ja, das finde ich richtig, richtig toll. Die jungen Regisseure kommen mit einer unglaublichen Kraft daher. Ich will nicht die Arbeit älterer Regisseure schmälern, die über viel Erfahrung verfügen. Aber die jungen Leute haben da im Moment einen ganz anderen Zugriff. Mit Thomas Stuber habe ich vor zehn Jahren einen Kurzfilm gedreht. Wenn man wie er über viele Jahre in den Beruf hineinwächst, hat man eine wahnsinnige Erfahrung, man lässt sich vom Set nicht mehr so beeindrucken und fühlt sich mehr oder minder frei.

Hat Katharina Lorenz den Dienst noch rechtzeitig quittiert, bevor sich eine Liebesgeschichte mit Kollege Falke anbahnt?

In der vierten Folge, "Die Feigheit des Löwen", sind wir uns völlig unerwartet sehr nahe gekommen. Es stand ja nicht im Drehbuch: Sie küssen sich. Der Kuss passierte einfach so beim Spielen. Man hat immer gespürt, zwischen den beiden ist etwas. Doch diese Szene hat es konkret gemacht. In den Filmen danach gab es keine Berührungen. Jetzt nehmen wir den Strang wieder auf. Wotan und ich haben immer gesagt: Kommt bei ihnen Liebe ins Spiel, ist ihre Geschichte vorbei.

Hat der "Tatort" Ihrer Karriere einen Schub gegeben?

Diese Frage kann ich wohl erst in ein paar Jahren beantworten. Aber ich bin froh, diese Reise unternommen zu haben. Es war meine erste Rolle in einer Reihe, und ich habe eine Menge gelernt, auch darüber, was hinter den Kulissen passiert und wie viel Vorarbeit nötig ist. Und ich habe über mehr als zwei Jahre ein wenig wie eine Kommissarin gelebt, gedanklich.

Was mochten Sie an diesem Leben überhaupt nicht?

Die Waffen. Die Gewalt. Das habe ich wohl mit der Lorenz gemein, dass ich lieber erst einmal rede, bevor ich den Ansatz mache, anders zu verhandeln. Es ist ein Unterschied, ob man mit der Waffe in der Hand Kurzwortsätze wechselt oder ohne Waffe versucht, jemandem zuzuhören, ihn zu verstehen und ein Problem zu lösen. Dazwischen liegen die restlichen Möglichkeiten.

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