Gespräch mit Christoph Darnstädt (Drehbuch)

»'Kopfgeld' ist ein harter, auf Spannung, Tempo und Emotion gearbeiteter Thriller.«

Christoph Darnstädt (Drehbuch)
Christoph Darnstädt (Drehbuch) | Bild: NDR / Marion von der Mehden

Sie haben bereits das Drehbuch "Willkommen in Hamburg" geschrieben, das Nick Tschiller zu einem furiosen Start als neuem "Tatort"-Kommissar verhalf. Was war Ihnen bei der Figurenentwicklung wichtig in der Fortführung seines Kampfes gegen die organisierte Bandenkriminalität?

Keine idealisierte Heldengeschichte fortzuschreiben. Zu erzählen, dass der Nick-Tschiller-Weg, egal wie geil er anzuschauen ist, auch an und in Abgründe führt.

Haben Sie sich bei der Zeichnung des Astan-Clans von real existierenden Familienclans in Berlin oder Bremen inspirieren lassen?

Nein, der Astan-Clan ist der Astan-Clan. Aber die Miri- und die AbouChaka-Jungs, die bleiben schon seine Paten.

In "Kopfgeld" gibt es eine kleine Szene, in der sich ein paar Kids aus dem Dunstkreis der Astans ein Handy-Video des Rappers "Haftbefehl" ansehen. Ist die Assoziation zu Bushido gewollt?

Wer ist Bushido? Christian Granderath hat uns auf den "Haftbefehl"-Clip aufmerksam gemacht, extrem coolen Gangsta-Rap. Wir haben nach einer Möglichkeit gesucht, ihn einzubauen. Es steht für was, das Kids wie unseren Mehmet scharf macht, beeindruckt, verführt. Und uns auf unseren Elfenbeintürmen ja vielleicht auch.

Unter all den zwielichtigen Figuren, die in "Kopfgeld" ein doppeltes Spiel spielen, tritt auch ein sogenannter "Friedensrichter" der Astans an Nick Tschiller heran – und entpuppt sich als Clanmitglied mit guten Absichten. Wie und wo sind Sie auf diese spannende Figur gestoßen?

In der Realität. Da gibt es die Friedensrichter, die die internen Clan-/Familienstreitigkeiten lösen und eine Art Vergleich zwischen den Parteien erwirken. ("Er wird nicht plattgemacht, weil er eure Schwester angetatscht hat. Dafür verzichtet sein Bruder darauf, ihren Schwager abzustrafen, weil er in meinem Club gedealt hat. Und jetzt gebt euch die Hand!") Was manchmal Mord und Totschlag verhindert, vor allem aber die Parallelgesellschaft zementiert: Wir regeln das unter uns! Schillernde Figuren, um es nett zu sagen. Dann gibt es aber auch Clanmitglieder, die versuchen, ihre Jugendlichen mit Sozialarbeit von der Straße zu holen. Die für Bildung und einen Weg in die deutsche Gesellschaft kämpfen. Sie distanzieren sich nicht vom Clan, sie gehören ganz klar dazu, sehen aber Verantwortung für die nachwachsende Generation und wollen etwas ändern. Für mich die wahren Helden. Idris Ervan ist eine Mischung aus beiden. Mit einer dem Dramatischen geschuldeten Neigung zum Schillern.

Wenn Firat Astan, der inhaftierte Boss des Astan-Clans, in seiner letzten Szene bekennt "ich muss hier raus …", kündigen Sie dann hier für die Zukunft einen Showdown Mann gegen Mann mit Nick Tschiller an oder wird der Zuschauer ganz andere, unerwartete Mitspieler der Gangster kennenlernen?

Beides hoffentlich …

Ist "Kopfgeld" für Sie wieder ein "Popcorn-Tatort"?

Falls gemeint ist: "Kopfgeld" ist wieder kein korrekter Diskurs über aktuelle Feuchtgebiete, sondern ein harter, auf Spannung, Tempo und Emotion gearbeiteter Thriller – ja, genau!

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