Gespräch mit Sibel Kekilli

»Es ist eigentlich ein ganz anderer, eigener Film geworden.«

Borowski und Sarah Brandt
Sie wissen noch nicht, was sie erwartet. | Bild: NDR / Philip Peschlow

»Bei "Borowski und der stille Gast" führte Christian Alvart die Regie, für die Rückkehr des Serienmörders übernahm die Regisseurin Claudia Garde das Ruder. Hat dieser Wechsel aus Ihrer Sicht einen Einfluss auf die Geschichte?«

Ja sehr. Es ist eigentlich ein ganz anderer, eigener Film geworden. Ich habe das Gefühl, dass sogar Korthals eine neue Figur ist.

Gleich Sarah Brandts erster Auftritt in "Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes" – ein traumatisiertes Opfer des Psychopathen wird im Polizeipräsidium einer Befragung unterzogen – lässt den Zuschauer den Atem stocken. Wie haben Sie diese intensiven Szenen erlebt und gestaltet?

Es stimmt, es war schon eine der intensiveren Szenen. Schon allein das Setdesign war unglaublich beeindruckend. Diese Szene ist für Sarah Brandt wichtig, weil sie in dieser Szene das erste Mal durch Andeutungen wie "er kommt durch die Wand" eine Vorahnung hat, dass der Täter Korthals ähnelt und durch die Zeichnung wird es ja nochmal bestätigt, dass er es auch tatsächlich ist. Da kommen bei ihr die alten Ängste hoch. Und das habe ich versucht zu spielen.

Sarah Brandt ermittelt jetzt seit 2011 an der Seite von Borowski, er war am Anfang für sie eine Art Mentorenfigur. Wie sehen Sie inzwischen das Kräfteverhältnis zwischen den beiden, insbesondere in Bezug auf "Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes"?

Die Rolle der Sarah Brandt war von Anfang an so angelegt, auf Augenhöhe mit Borowski zu agieren. Eine Rolle einzuführen, sich entwickeln zu lassen und sie zu etablieren braucht Zeit. Ich denke, dass vor allem in dieser Folge zu sehen ist, dass sich Sarah Brandt weiterentwickelt hat und reifer geworden ist, als Mensch und Kommissarin.

Im ersten Teil ist die Entdeckung von Sarahs Epilepsie noch ein wichtiges Thema, im aktuellen Sequel spielt ihre Krankheit gar keine Rolle mehr. Was bedeutet diese Veränderung für Sarah?

Das ist eine schwierige Frage. Epilepsie als Brandts Krankheit gibt es noch. Aber wir wollten es zwischendurch ruhen lassen, denn man muss immer wieder schauen, wo passt es rein, was und wie kann man es erzählen.

Warum erkennt Sarah früher als alle anderen, dass Korthals seine Strategie geändert hat?

Weil sie ihn gut kennt, da sie ja in der ersten Folge eines seiner Opfer war. Sie hat sich sehr intensiv und sehr genau mit ihm auseinandergesetzt. So wie er von ihr besessen war, war sie auch besessen von ihm. Deshalb macht es bei Brandt ja schon in der ersten Szene mit dem Opfer klick, wenn sie sagt: "Er kommt durch die Wand".

"Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes" ist ein Krimi im Ausnahmezustand. Wie geht Sarah Brandt mit Borowskis Zusammenbruch und seinem Alleingang um?

Sie durchschaut ihn sehr schnell, deshalb stellt sie ihm ja die Falle, indem sie Schladitz bittet, ihm mitzuteilen, dass die Suche nach Jung eingestellt wird. Sie macht es sehr klug. Denn nur so kommt sie weiter. Sie behält einen kühleren Kopf als Borowski, ist weniger emotional, auch wenn sie seit der ersten Begegnung vielleicht noch immer Angst vor Korthals hat, was am Ende des Films nochmal kurz deutlich wird.

Was würde Sarah Brandt tun, wenn Sie in der Situation von Borowski wäre?

Das war in der ersten Folge ja ganz gut zu sehen. Sie war emotional, wütend, ängstlich. Alle Gefühle aufgemischt eben. Ich glaube, sie hätte ihre Emotionen genauso wenig unter Kontrolle wie Borowski sie hat.

Kommt der Plan von Sarah Brandt, Borowski zum Schein vom Fall zu entbinden und ihn dadurch als Lockvogel zu benutzen?

Ja, wie schon gesagt, sie ist diejenige, die ihn sofort durchschaut, sowie sie einer der ersten ist, die sofort erkennt, dass es sich beim Täter um Korthals handelt.

Gelingt es Sarah Brandt am Ende des Films, ihr Trauma zu überwinden, und wenn ja wie?

Nein, ich denke nicht. Denn dieses Trauma wird bleiben, er hat ja damals ihre Intimsphäre verletzt und eine Grenze überschritten. Und am Ende merkt man, dass sie immer noch Angst, Ekel und vielleicht auch Hass und Unsicherheit ihm gegenüber empfindet.

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