Gespräch mit Produzentin Dagmar Rosenbauer
Haben Sie bei der Luftwaffe lange um die Erlaubnis ringen müssen, auf den Luftstützpunkten zu drehen?
Es dauerte natürlich seinen Moment, bis die Genehmigung vorlag. Eine ähnliche Erfahrung habe ich Ende der Neunziger schon einmal gemacht. Damals habe ich Hartmut Schoens zweiteiligen Thriller "Warten ist der Tod" produziert, der ebenfalls im Umfeld der Bundeswehr spielte. Wir haben das Projekt mit einer gewissen Beharrlichkeit vorangetrieben. Nachdem die Erlaubnis dann erteilt war, lief die Zusammenarbeit wirklich toll. Dafür habe ich mich bei der Pressestelle der Bundeswehr und bei Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bedankt.
Wie haben Soldaten und Künstler denn zusammengearbeitet?
Bei den Dreharbeiten trafen zwei Welten aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die streng hierarchisch organisierte Truppe der Bundeswehr begegnete der vergleichsweise lockeren Künstlertruppe vom Fernsehen – und doch kamen beide Seiten auf die schönste Weise miteinander klar. Das war für mich extrem erfreulich. Die Unterstützung durch die Bundeswehr fand ich umso bemerkenswerter, als wir ja keinen Werbe- oder Jubelfilm über sie gedreht haben. Wir haben von Anfang an gesagt, dass es auch um die seelischen Verletzungen der Soldaten geht, die von ihren Auslandseinsätzen heimkehren. Und es war ihnen bekannt, dass der Täter aus ihren Reihen kommen könnte.
Kennt sich Hartmut Schoen in diesem Milieu aus?
Da er auch als Dokumentarfilmer Erfahrung mit der Bundeswehr hatte, lag es nahe, ihn zu bitten, das Projekt zu übernehmen. Es hätte keinen Sinn gehabt, diesen Film einem Regisseur anzuvertrauen, der eine grundsätzliche Aversion gegen die Bundeswehr pflegt.
Sie haben schon acht seiner Fernsehfilme produziert. Was zeichnet ihn als Regisseur aus?
Hartmut Schoen ist immer extrem gut vorbereitet und legt größten Wert auf Details. Alles ist geplant, nichts wird dem Zufall überlassen. Seine Filme sind weniger textlastig, weil er lieber nonverbal in Bildern und Stimmungen erzählt. Es gehört zu seinen Stärken, ungewöhnliche Menschen in ungewöhnlichen Situationen zu zeigen, ohne dass die Figuren sich ständig selber erklären. Auch sein neuer "Tatort" ragt visuell heraus: Der Film hat eine starke filmische Klammer mit einer durchkomponierten langen Anfangssequenz und einem furiosen Finale.
Ist der "Tatort" ein offenes Format für Filmkünstler?
Beim "Tatort" sind die Grenzen des Formats sehr weit gesteckt. Aber die NDR Reihe mit Maria Furtwängler ist ein klassischer Ermittlerkrimi, in dem die Kommissarin im Mittelpunkt steht. Inhaltlich legen ihre "Tatorte" den Focus auf Frauen und weibliche Berufstätigkeit. Wie ein roter Faden zieht sich die Frage durch ihre Filme: Wie bringe ich als alleinerziehende Mutter die Kinderbetreuung mit den Arbeitszeiten in Einklang? Sie kann sich ja nicht aussuchen, wann die Leute ermordet werden. Ich finde, Maria Furtwängler ist in der Rolle einfach großartig.
Großen Raum nehmen im Film die Transportflugzeuge der Bundeswehr ein.
Die Chance, mit diesen mächtigen Transall-Maschinen zu drehen, hat man als Kameramann vielleicht nur einmal. Und Andreas Doub hat sie vortrefflich genutzt. Seine Bilder sind außergewöhnlich. Es ist auch sein Verdienst, dass dieser "Tatort" einen so hohen "production value" aufweist. Doub und Schoen sind überhaupt ein Glücksfall. Zwei Männer, die sich gesucht und gefunden haben. Beide sind sehr kreativ und respektieren die Meinungen des anderen in visuellen Fragen, nach dem Motto: Das könnte ja eine noch bessere Idee sein!
Sie produzieren gerade den 1000. "Tatort". Der erste lief 1970. Wie haben sich die Sehgewohnheiten verändert?
Zwar wird heute parallel zur Ausstrahlung getwittertund man kann sogar einen "Tatort" im Liveticker mitverfolgen und kommentieren. Aber in meinen Augen ist das eigentlich Bemerkenswerte, dass sich unverändert jeden Sonntagabend Millionen Menschen in dieser Republik vor den Fernseher setzen und den ARD-Krimi einschalten. Und es ist fast egal, welcher Ermittler gerade dran ist. Ich kenne junge Zuschauer, die sich mit Freunden in der Kneipe zum Public Viewing verabreden, um den "Tatort" gemeinsam zu sehen. Also dieses Lagerfeuer brennt noch.
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