Interview mit Lars Hubrich und Stefan Schaller

Szenenbild
Szene aus dem Film: Mitten im Wald brennt nachts eine Hütte ab. Später werden die Reste eines menschlichen Körpers dort gefunden werden. | Bild: SWR / Benoit Linder

Der Film erzählt von einem Jurastudenten, der vollkommen überarbeitet ist und von Ängsten geplagt wird. Was hat Sie an der Geschichte gereizt?

Burnout und psychische Belastung sind allgegenwärtige Phänomene – viele haben sowas selbst erlebt, fast jeder kennt jemanden, der darunter schon mal gelitten hat. Wir wollten aber keinen Tatort schreiben, der sich eines aktuellen Themas bedient, bei dem die Figuren dann auf das Thema hin geschrieben werden und bei dem der Krimi und die Spannung hinten anstehen. Für uns lag der Reiz darin, das Thema Überforderung homogen, spannend und aus den Figuren heraus zu erzählen. Uns war der spannende Fall, die mysteriöse Atmosphäre dabei sehr wichtig. Gleichzeitig fanden wir es reizvoll, dass die Figur Damian in einer gewissen filmischen Tradition von Außenseiterfiguren steht, wie sie es zum Beispiel in den 70ern in Filmen immer wieder gegeben hat. Damian plagt eine diffuse Angst, die sich schließlich als Schizophrenie herausstellt. Er hat das Gefühl, die Welt hat sich gegen ihn verschworen, das fanden wir sehr erzählenswert. Dieses Thema der Überforderung spiegelt sich in unserem Tatort auch auf der Ebene der Ermittler wieder, die an der Grenze der Überarbeitung die Fälle lösen müssen.

Wie sind Sie auf die Idee für den Tatort gekommen?

Wir hatten uns an zwei Nachmittagen getroffen und Ideen ausgetauscht. Dabei haben wir mehrere Themen diskutiert. Die Idee, etwas über Ängste eines jungen Studenten zu erzählen ist dabei herausgestochen, das hat uns beide sofort fasziniert. Gerade weil Schizophrenie häufig bei jungen Menschen ausbricht, die unter Druck stehen, wie zum Beispiel im Studium. Die Überforderung und Müdigkeit fanden wir auch im Zusammenhang mit der Arbeitsrealität von Ermittlern interessant, und so war dann schnell ein stimmungsvoller Überbau für den Film gegeben. Sowohl die Kommissare Tobler und Weber sind überarbeitet, als auch Damian. Dann kam uns die Idee wie die Geschichte des Studenten mit den Ermittlungen der Kommissare verbunden ist und wie das Ganze endet. Das vereinfacht das Schreiben des Drehbuchs enorm, wenn man früh eine so klare Vorstellung von dem Ende des Films, der Auflösung des Rätsels hat.

Thomas Prenn spielt in dem Tatort seine erste Hauptrolle. Wie war die Zusammenarbeit mit ihm und wie die Vorbereitung auf das Thema Schizophrenie?

Thomas ist ein enorm intelligenter und sehr reifer Schauspieler, obwohl er erst am Anfang seiner Karriere steht. Er bereitet sich intensiv vor, gerade zu dem Thema Schizophrenie hat er viel recherchiert. Genauso wie uns war ihm wichtig, das Thema aus Respekt vor Betroffenen so authentisch wie möglich darzustellen. Er hat mit seinem Enthusiasmus und seiner berührenden Darstellung auch immer wieder das ganze Team begeistert und mitgerissen. Bei allem Talent ist er sehr bescheiden und hat sich mit absoluter Demut und Hingabe der Figur Damian genähert. Wir glauben von Thomas wird man noch viel hören.

Der Film hat trotz aller Tragik immer wieder humorvolle Momente. Finden Sie es wichtig, dass Tatorte auch komisch sind?

Wir wollten keinen ausgestellten Humor im Sinne einer "Krimikomödie" im Film haben. Der Humor sollte aus den Figuren bzw. den Situationen heraus entstehen. Einerseits hilft er einem, das Drama in gewissen Momenten erträglicher zu machen, andererseits wird die Tragik in anderen Momenten einer Szene durch den Humor noch verstärkt. Über die Recherche hatten wir den Eindruck gewonnen, dass Humor für die Ermittler auch ein Bewältigungsmechanismus ist, mit dem sie die Realität ihrer Arbeit erträglicher machen.

Franziska Tobler ermittelt in diesem Fall mit einem anderen Kollegen, Luca Weber. Inwiefern hat dieser Umstand die Drehbucharbeit beeinflusst, wie haben Sie das Ermittler-Duo in Damian inszeniert?

Hans Jochen Wagner war leider aufgrund von Krankheit für die Dreharbeiten kurzfristig ausgefallen. Umso glücklicher waren wir, dass mit Carlo Ljubek jemand gefunden wurde, der nicht nur ein hervorragender Schauspieler ist, sondern mit dem Franziska Tobler, gespielt von Eva Löbau, eine ganz eigene Dynamik entwickelt. Im Übrigen ist es in der Realität so, dass Kommissare nicht immer mit demselben Partner gemeinsam ermitteln. Bei der Inszenierung war es einerseits wichtig, realitätsnah und authentisch Ermittlungsarbeit zu porträtieren. Andererseits war es in diesem Fall eine besondere Herausforderung den Zustand von Müdigkeit authentisch zu inszenieren, ohne dass es ausgestellt wirkt.

Wie weit spielen der Schwarzwald und Freiburg eine Rolle in diesem Fall?

Wir fanden das Mysteriöse, Unheimliche interessant, das die Figur Damian in die Geschichte trägt, das sich aber auch in der Region des Schwarzwaldes wiederfindet und den Krimi stimmungsvoll auflädt. Bei der Recherche sind wir selbst einige Male mit dem Auto im Schwarzwald rumgefahren. Dabei fällt einem schnell auf, wie wunderschön der Schwarzwald ist, aber auch wie verwunschen und vor allem wie groß die Distanzen sind, die auf Landstraßen zurückgelegt werden müssen, um von einer Ortschaft zur nächsten zu kommen. Das fanden wir im Zusammenhang mit der Arbeitsrealität von Ermittlern in dieser Region sehr interessant. Man hat das Gefühl immer irgendwohin zu müssen, lange Wege zu haben – das hat sehr gut zu unserer Geschichte gepasst. Freiburg ist da eine Art Kontrastprogramm. Das Studentenmilieu, die Universität, alles liegt nah beieinander, überall ist etwas los. Wir haben Freiburg und die Schwarzwaldregion in der Vorbereitung und beim Dreh als sehr angenehm und offen empfunden. Eine Region zu erzählen, die nicht so häufig im Fernsehen zu sehen ist wie zum Beispiel Hamburg oder Berlin, und dabei sowohl Stadt als auch Land abzubilden, fanden wir reizvoll.

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