Interview mit dem Autor Murmel Clausen

Die entführte Marlies Schrey (Nina Petri) wird von Freya (Sarah Viktoria Frick) überwältigt.
Die entführte Marlies Schrey wird von Freya überwältigt. | Bild: MDR / Steffen Junghans

Wie sind Sie auf die Idee zu "Der letzte Schrey" gekommen?

Clausen: Das Drehbuch basiert auf einer Idee, die Andreas Pflüger und ich vor drei Jahren verfolgt hatten. Wir wollten damals eine Entführungsgeschichte erzählen, in deren Zentrum ein großes Familiendrama schlummert. Es ist uns aber nicht geglückt, die Story emotional stark genug zu untermauern. Als Andreas dann ankündigte, sich aus dem Drehbuchgeschäft zurückzuziehen, und ich alleine einen neuen Fall entwerfen sollte, erinnerte ich mich an die Skizze und fand einen neuen Twist für die Story – und den emotionalen Zugang. Damit konnte ich dann die Produktion und Redaktion überzeugen und mich in die Drehbucharbeit stürzen.

Wie sah Ihre Recherche aus – sind Sie in diesem Fall zufällig auf die letzte Textilfabrik ihrer Art gestoßen oder wie kamen Sie darauf, sich in diesem Umfeld zu bewegen?

Clausen: Ursprünglich war Gerd Schrey als Baulöwe angedacht, da in Weimar sehr viel gebaut und renoviert wird. Aber irgendwie fand ich das Metier nicht passend für die Geschichte. Auf der Suche nach einem anderen Gewerbe in Weimar und Umgebung stieß ich schließlich auf die ehemalige Textilhochburg Apolda. Dort arbeiteten Ende des 19. Jahrhunderts fast alle Erwerbstätigen "in der Wolle" oder "für die Wolle". Heute gibt es in Apolda nur noch eine Strickerei – die aber immerhin schon seit 1896. Da mir auch sofort der passende Titel für den Film durch den Kopf schoss, war entschieden, in welche Welt ich Kira und Lessing schicken würde.

Sie schreiben zwar immer die Drehbücher für den Tatort Weimar, verfilmt werden Ihre Drehbücher aber (fast) immer von einem anderen Regisseur einer anderen Regisseurin. Was ist dabei die Herausforderung?

Clausen: Das ist so nicht ganz richtig: Ich habe – bis auf "Der kalte Fritte" – immer gemeinsam mit Andreas Pflüger geschrieben. Diese Zusammenarbeit hat den Weimarer Tatort geprägt. Wir waren in der angenehmen Situation, den Regisseuren und Regisseurinnen unsere Tonalität vorzugeben. Dennoch ist eine möglichst enge Zusammenarbeit mit der Regie für einen guten Film entscheidend. Dabei kommt es vorrangig auf eine klare Kommunikation an – und auf die müssen wir Autoren uns jedes Mal neu einstellen. Die eine telefoniert lieber, der andere schreibt seine Anmerkungen direkt ins Drehbuch, die dritte kommuniziert gerne in langen Emails in die Runde … Letztlich deuten wir die Ideen und Vorschläge aller an der Entwicklung Beteiligten und versuchen sie so umzusetzen, dass am Ende jede Partei zufrieden ist.

Wie war die Zusammenarbeit mit der Regisseurin?

Clausen: Perfekt. Ich könnte jetzt eine ganze Seite darüber schreiben, wie angenehm, bereichernd und professionell das gelaufen ist. Vermutlich liegt es daran, dass Mira nicht das Ego im Weg zu einer gemeinsamen kreativen Arbeit steht – im Gegensatz zu anderen Regisseuren und Regisseurinnen. Entsprechend hat sie auch nie versucht, "ihren Film" aus dem Drehbuch zu machen. Mira und ich haben "unseren Film" geschaffen. Und das Ergebnis spricht für sich. Nee. Uns.

Neu dabei war auch Denise Langenhan, die das Projekt für den MDR neben Jana Brandt redaktionell betreut hat. Auch ihr Gespür für Dramaturgie hat dazu beigetragen, dass die Arbeit an "Der letzte Schrey" eine so große Freude war, zu der natürlich auch Adrienne Selmke und Nanni Erben ihren Teil beitragen. Kein Wunder also, dass dieses Team schon einen weiteren Weimarer Tatort abgedreht hat …

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