Autor und Regisseur Tom Bohn

Autor und Regisseur Tom Bohn am Set.
Autor und Regisseur Tom Bohn am Set. | Bild: SWR / Sabine Hackenberg

Einer Ihrer frühen Lena-Odenthal-"Tatorte" war "Tod im All", ein Klassiker der Reihe. Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen den Filmen?

Durchaus. Beides sind ungewöhnliche "Tatorte", die im Bereich Sciencefiction angesiedelt sind. Für "Tod im All" haben wir deshalb bei der ersten Ausstrahlung von der Filmkritik harte Worte wegstecken müssen. Inzwischen gilt "Tod im All" als einer der anerkannten Kult-"Tatorte". Vermutlich erwartet uns mit "Maleficius" das gleiche Schicksal.

Wobei "Tod im All" ufologisch-utopisch war, während sich "Tatort: Maleficius" mit aktuellen wissenschaftlichen Entwicklungen beschäftigt. Treibt das Thema der Eingriffe ins menschliche Gehirn Sie um? Im Film geht es ja sowohl um die Lebensqualität von Gelähmten als auch um sehr viel weitergehende Versuche, also um Chancen und Risiken. Und auch Lena Odenthals Reaktionen schwanken zwischen Fasziniertheit und Abgeschrecktsein.

Ich glaube, dass neben der Ökologie die Digitalisierung DIE Schicksalfrage der Menschheit sein wird. Schon in den nächsten dreißig Jahren werden m.E. die Weichen gestellt sein, ob wir als Homo sapiens weiter selbstbestimmt und unabhängig leben werden oder ob wir einen riesigen Entwicklungsschritt in Richtung einer funktionalen, rechnergesteuerten Masse genommen haben. Es gibt ernstzunehmende Wissenschaftler, die zielstrebig an der Verbindung zwischen menschlichem Gehirn und Rechner arbeiten, um den Menschen zu "optimieren", also intelligenter und körperlich robuster zu machen.

Ich persönlich halte diese Richtung für verhängnisvoll, denn Intelligenz und Körperlichkeit sind nicht das Einzige, was uns zu dem gemacht hat, was wir sind. Meines Erachtens nach ist die Kultur, das kreative, individuelle Schaffen eines einzelnen, und die Liebe zwischen den Geschöpfen ebenso wichtig. Und diese Aspekte wären, bei einer Gleichschaltung des Homo sapiens zur allgemeinen Intelligenzerhöhung, zweifelsohne gefährdet.

Ganz anders als die klinische Welt ist die der Schrauber und Autoraser rund um die Figur Kaymaz. Sehen wir in der Art, wie die mit ihrem Leben spielen, eine andere Variante von Hybris?

Die Autotuner-Welt von Kaymaz zeigt uns, dass viele Menschen dazu neigen, alles was sie haben zu "frisieren", also besser und schneller zu machen. Heute sind das u.a. unsere Autos, Handys und Rechner. Wenn der Mensch die Möglichkeit erhält dasselbe mit seinem Gehirn zu machen, also "Updates" zu seinem Gehirn online installieren zu können, beginnt eine verhängnisvolle Entwicklung. Wer diesen Gedanken vorschnell als spekulative Spukgeschichte abtun möchte, dem empfehle ich das Buch "Homo Deus" von Yuval Noah Hariri zu lesen. Dieses präzise recherchierte Buch beschreibt genau den Stand der heutigen Forschungen und zeigt auf, wohin die Reise gehen kann, wenn wir nicht augenblicklich gegensteuern.

Die Klinik, in der Sebastian Bezzel als Prof. Bordauer agiert, hebt sich optisch von der übrigen Szenerie ab. Worauf kam es Ihnen dabei an?

Ein Stilmittel. Die Klinik von Bordauer hat in ihrer Sterilität mehr von einer Fabrik für Computer-Chips, als ein Krankenhaus für Menschen. In ihr herrscht das Hirn. Das Herz ist abhandengekommen. Wir haben uns für dieses radikale Mittel entschieden um zu verdeutlichen, wie unsere Welt aussehen kann, wenn wir sie ausschließlich der Forschung und dem unreflektierten Zukunftsglauben mancher unserer Zeitgenossen überlassen.

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