Gespräch mit Martin Farkas (Kamera)

»Wir versuchen ein intensives Erzählen, indem wir den Schauspielern diesen Raum geben und mit ihnen tanzen.«

Martin Farkas
Kameramann Martin Farkas | Bild: dpa

Dies ist bereits Ihr vierter Rostocker "Polizeiruf", und Sie haben, wie man sieht, eine spezielle Beziehung zu dieser Reihe entwickelt.

Ja, ich kann da relativ pathetisch werden. Für mich ist der Rostocker "Polizeiruf" das, was mir die Liebe zur Fernseharbeit wieder zurückgebracht hat. Das kann ich wirklich so sagen. Es war toll für mich, diese "Polizeirufe" zu machen, und es ist immer noch toll. Ich finde sie besonders – in der Ernsthaftigkeit, mit der alle Beteiligten sich damit beschäftigen, in der Genauigkeit und in der Liebe, die man diesem Projekt entgegenbringt. Angefangen bei der Redaktion, bei der Produktion und eben bei dem Schauspielerensemble, das sich wahnsinnig einbringt. Und der Rostocker "Polizeiruf" ist auch deswegen so besonders, weil er dem so genannten horizontalen Erzählen ungewöhnlich viel Raum gibt. Also das, was wir an den neuen amerikanischen Serien so schätzen.

Die Szene relativ zu Anfang zu des Films, in der dieser Manager sich auf der Toilette einschließt, ist von unten aufgenommen und in blaues Licht getaucht …

Dieses Blau auf der Toilette ist eine lustige Referenz an die Werbung; dort werden menschliche Ausscheidungen immer blau eingefärbt. Die Flüssigkeiten, die in der Werbung auf irgendwelche Windeln oder Tampons geträufelt werden, sind immer blau. Das Blau steht für Sauberkeit und Hygiene. Wir haben das hier aufgegriffen, weil es einfach noch komischer wirkt, wenn dieser schicke Typ in dieser schicken Toilette seine Verrenkungen macht. Ich versuche das, was Christian von Castelberg in der Arbeit mit den Darstellern herausarbeitet, noch zu unterstützen.

Eine Besonderheit des "Polizeirufs" Rostock ist, wie Sie bereits sagten, die horizontale Erzählweise. Auch die Kamera unterstützt das sehr intensiv. Beschreiben Sie uns, wie das funktioniert.

Wir haben für die ganze Reihe relativ früh eine besondere Arbeitsweise entwickelt, und die betrifft alle Gewerke, die beteiligt sind. Wir versuchen, mit der Kameraarbeit und mit der Lichtgestaltung einen Raum für die Schauspieler herzustellen. Bevor gedreht wird, besprechen wir die einzelnen Szenen sehr sorgfältig, und Christian bespricht sie mit den Schauspielern am Morgen noch mal sehr präzise. Dann werden nicht einzelne Einstellungen abgearbeitet, sondern die Darsteller spielen die Szene von Anfang bis Ende, und wir begleiten sie mit zwei Kameras. So geben wir den Darstellern eine möglichst große Freiheit und werden aber auch selber von den Emotionen geführt. Die Kamera steht also einfach nicht da und der Schauspieler kriegt Anweisungen, jetzt mach das und das, sondern wir versuchen das, was die Schauspieler erzählen, auch mit der Kameraarbeit aufzunehmen. Das ist fast eine Umkehrung dessen, was sonst üblich ist. Üblicherweise bekommen die Schauspieler Markierungen, die ihnen anzeigen, wo sie stehen sollen, damit es am besten aussieht. Wir versuchen ein intensives Erzählen, indem wir den Schauspielern diesen Raum geben und mit ihnen tanzen. Dann gucken wir natürlich sehr genau hin, um die richtigen Perspektiven, die richtigen Größen, die richtige Emotionalität zu finden. Ob man noch ein bisschen größer wird, ein bisschen ranrückt, mit der Kamera noch einen kleinen Schritt nach links macht oder nach rechts, ergibt sich aus dem intensiven und genauen Spiel der Schauspieler.

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