ZUR ENTSTEHUNGSGESCHICHTE DER NEAR FUTURE-ERZÄHLUNG

Freund oder Feind? Paschke (Hans-Jochen Wagner)
Freund oder Feind? Paschke  | Bild: NDR / Andreas Schlieter

Sabine Holtgreve (NDR) Im Namen der Redaktion Verena Veihl (RBB), Andre Asschreitmüller (Arte), Claudia Tronnier (Arte)

( ZITAT: HARALD WELZER , HINTERM HORIZONT. SZ-MAGAZIN 25.10.2015)

»Der Sozialpsychologe Harald Welzer bescheinigte den Deutschen 2015 einen erschreckenden Mangel an Zukunftsvisionen. Tatsächlich gab es in der Literatur, im Kino und im Fernsehen in Deutschland lange Zeit kaum Narrationen, die sich mit dem Genre Near Future beschäftigen. Doch wie kann es ohne Ideen, Bilder und Träume von der Zukunft eine Entwicklung geben? Die Idee von Christian Granderath, Prosaautoren anzusprechen, um gemeinsam mit ihnen Geschichten zu entwickeln für eine Near Future-Reihe im Fernsehen, ist zutiefst öffentlich-rechtlich: Die drei bislang entstandenen Filme sind spannend, erfrischend und sie eröffnen einen Diskurs: Was hoffen und fürchten wir, wenn wir an die nahe Zukunft denken?

Als wir den Autoren und politische Journalist Dirk Kurbjuweit im Frühjahr 2016 ansprachen, war er von der Idee sofort überzeugt. Dirk Kurbjuweit entschied sich, die Digitalisierung eines Smart Homes zum Hintergrund eines haunted house-thrillers werden zu lassen. Er erzählt die Geschichte eines Journalisten, der mit einem Schreibverbot belegt wird und sich in eine Paranoia hineinbewegt. Dass der Protagonist Johann Hellström in der Erzählung „Das Haus“ versucht, die Kontrolle über sein Leben zurückzubekommen, in dem er sich seinem Smart Home ausliefert, birgt eine originelle Pointe.

Zwischen der Fertigstellung der Erzählung und dem vorliegenden Film lagen 5 Jahre – und eine Pandemie, die die Produktion zu einem Drehabbruch in Schweden zwang. Die extrem schwierigen Produktionsumstände merkt man dem Film zum Glück nicht an.

Bei der Umsetzung der Near Future-Erzählung im Film von Rick Ostermann ist – neben dem herausragenden Spiel von Tobias Moretti und Valery Tscheplanowa – die Visualität des modernen und gleichzeitig vertrauten Szenarios beeindruckend.

Rick Ostermann und sein Drehbuchautor Patrick Brunken spielen die Frage nach der Bedrohung des Menschen durch totalitäre Systeme und die Digitalisierung am Ende zurück: Sie machen kein System verantwortlich für das Scheitern ihrer Held*innen, sondern man könnte mit Bertolt Brecht sagen: „Das Schicksal des Menschen ist der Mensch“.«

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