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Trotz und Treue - Das Phänomen Sahra Wagenknecht

Seit über 30 Jahren ist Sahra Wagenknecht auf der politischen Bühne in Deutschland präsent. Sie ist zweifellos zu einer Ikone der Linken geworden – wenngleich auch eine, die polarisiert. Die einen verehren, die anderen verachten sie. Denn Sahra Wagenknecht bleibt sich bei allen Veränderungen, die sie in den letzten drei Jahrzehnten vollzogen hat, immer treu. Eine Treue, die viele auch als "kompromisslos" bezeichnen. Das macht sie zu einer Außenseiterin. Doch es scheint, als würde Sahra Wagenknecht von dieser Außenseiterposition immer wieder enorm profitieren. Sie verlässt die politische Bühne nicht, sie kommt auch nach den heftigsten Rückschlägen immer wieder zurück. Ihr neuster Coup: Sahra Wagenknecht hat die Partei DIE LINKE verlassen und ihre eigene Partei, das "BÜNDNIS SAHRA WAGENKNECHT" (BSW), gegründet. Wie lässt sich das Phänomen Sahra Wagenknecht entschlüsseln? Und wird sie mit ihrer eigenen Partei Erfolg haben?

Bereits in den ersten Jahren nach dem Mauerfall wurde Sahra Wagenknecht zum "berühmtesten Gesicht" der SED-Nachfolgepartei PDS. Doch schon als jüngstes Mitglied im Vorstand der Partei wird sie zum "Störfaktor". Sie ist unnachgiebig und schwimmt gegen den Strom. Sahra Wagenknecht distanziert sich nicht vom Stalinismus, nicht von der Berliner Mauer und wünscht sich eine reformierte DDR. Ihre "Außenseiterposition" manifestiert sich schnell. Sie wird aus dem Partei-Vorstand ausgeschlossen, findet aber immer wieder ihre Anhänger, vor allem bei jenen, die sich abgehängt fühlen von der Politik. Damals wie heute sammelt die "Außenseiterin" Sahra Wagenknecht all jene hinter sich, die sich ausgegrenzt fühlen. Sie sehen in ihr die Politikerin, die ihnen aus dem Herzen spricht, weil auch sie selbst eine Ausgrenzte ist.

Sahra Wagenknecht ist das Kind einer ostdeutschen Studentin und eines iranischen Studenten aus West-Berlin. Der Vater ist politisch engagiert, gehört zu den Gegnern des Schahs von Persien. Er geht in den Iran zurück, als Sahra drei Jahre alt ist. Was Sahra Wagenknecht vom Vater bleibt, ist eine schmerzliche Lücke und die Gewissheit anders zu sein, anders auszusehen, allein zu sein. All das hat sie bereits in ihrer Kindheit gelernt. Heute sagt Sahra Wagenknecht von sich selbst, dass sie vielleicht auch wegen dieser Erfahrung, es gut aushalten könne mit ihrer Meinung allein zu stehen.

Immer wieder tritt sie gegen eine Mehrheitsmeinung an. Sogar, als ihre Partei die PDS im Absturz ist, zweifelt sie daran, dass eine Vereinigung mit der von Oskar Lafontaine gegründeten WASG die Rettung sein könnte. Am Ende gründet sich 2005 die Linkspartei und Sahra Wagenknecht verwandelt ihre Gegnerschaft zum Politik-Schwergewicht Oskar Lafontaine in Liebe. Das ungleiche Paar steht seither im Rampenlicht und die Außenseiterin Sahra Wagenknecht wird nun endgültig zum Medienstar. Es ist ein weiterer Schritt, der sie ihrem eigenen Projekt - dem Soloprojekt "Wagenknecht" näherbringt.

Ihre Alleingänge werden zu Sahra Wagenknechts Markenzeichen. Die Spaltung der Linkspartei nimmt sie dafür billigend in Kauf. Und es zeigt sich, es sind die Krisen, die sie stark machen – die Flüchtlingskrise 2015, die Corona-Krise 2020, der Krieg gegen die Ukraine 2022. Sahra Wagenknecht spürt sehr genau, welche Botschaften in unsicheren Zeiten Anklang finden. Sie argumentiert gegen die Migrationspolitik, zweifelt die Corona-Maßnahmen an und hält nicht Putin, sondern vor allem die NATO, für schuldig am russischen Angriff auf die Ukraine. Nicht Wenige werfen ihr deshalb vor eine Populistin zu sein, die vor allem am rechten politischen Rand Wählerstimmen abwerben möchte. Die Idee, eine eigene Partei zu gründen, lag schon lange nahe. Nun hat sie, nach mehr als 30 Jahren als ewige Außenseiterin auf der politischen Bühne, diesen riskanten Schritt gewagt. Die Frage aber wird sein, so formuliert es Kevin Kühnert (SPD), ob es sich bei diesem Projekt um eine linke Kraft handelt. Denn für Sahra Wagenknecht, die einst als kommunistische Ikone der Linken galt, hält heute nichts mehr von den Labels "Links" und "Rechts".

Der Film blickt darauf, was die Politikerin Sahra Wagenknecht wirklich antreibt, befragt Weggefährten und politische Gegner. Wie hat sie sich seit 1989 verändert, entwickelt und selbst stilisiert? Welche politischen Veränderungen, Ereignisse und Entwicklungen in Deutschland und Europa haben sie in den letzten 30 Jahren geprägt? Die Biografie von Sahra Wagenknecht spiegelt auch drei Jahrzehnte deutscher Geschichte. Jetzt, wo Wagenknecht ihr Soloprojekt einer eigenen Partei in Angriff genommen hat, stellt sich auch die Frage, ob sie im Wahljahr 2024 Erfolg haben wird. Was steckt hinter dem Phänomen Sahra Wagenknecht und was macht sie zu einer der streitbarsten politischen Stimmen Deutschlands?

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Mitteldeutscher Rundfunk
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