Fragen an Oliver Masucci

Oliver Masucci als Paul Holthaus.
Oliver Masucci als Paul Holthaus.

Paul Holthaus beschließt als Whistleblower über die geheimen, von der Profitgier großer Wirtschaftskonzerne gelenkten TTIPVerhandlungen zu informieren. Welche Rolle spielen Whistleblower in unserer heutigen Gesellschaft?

Ein Wistleblower nimmt die totale Veränderung seines Lebens auf sich, im Dienste einer höheren Sache, die der Allgemeinheit von Nutzen sein soll. Das Verraten eines Geheimnisses. Das Aufdecken einer großen Lüge, die die Allgemeinheit täuschen soll. Eine große Schweinerei, die wissentlich geschieht und den Menschen schadet, statt hilft. Dafür wird er meist geächtet. Zum einen werden diese Menschen für ihren Mut von uns bewundert, aber interessant ist, dass unsere Gesellschaft sie dennoch ausschließt oder sogar zum Staatsfeind Nummer Eins macht. Im Fall von Snowden hat dieser uns etwas verraten, was wir ja eigentlich eh schon alle ahnten oder sogar wussten und in Kauf nahmen. Durch ihn wurde es Gewissheit, doch den Schutz, den er verdient hätte, konnten wir ihm nicht geben. Stattdessen werden diese Menschen von uns bestraft. Oder wir wissen nicht, was wir jetzt mit ihnen anfangen sollen. Derweil wird munter weiter abgehört und überwacht und ausgewertet und getan. Da hat sich rein gar nichts geändert. Genauso geht es z.B. den Dopingwistleblowern. Auch sie werden ausgeschlossen.

Inwiefern haben Sie die Dreharbeiten zu dem Film für das Thema TTIP sensibilisiert? Ihre Haltung verändert?

Das Lobbyistenaufkommen in Brüssel ist das zweitgrößte der Welt, gleich hinter Washington D.C. Sieben oder acht Lobbyisten kommen auf einen Politiker. Sie bearbeiten die Politiker von früh bis spät, was dahin führt, dass diese Politiker sich plötzlich für Dinge einsetzen, von denen die Bürger gar keinen Nutzen haben – sie verkaufen es ihnen aber als etwas sehr Wichtiges. (...) Im Fall von TTIP geht es um die Interessen von Automobilherstellern und Agrarkonzernen und diverser anderer. Wenn unsere Rechtsprechung sagt: Der Konzern muss beweisen, dass ein bestimmtes Produkt nicht krebserzeugend oder anderweitig schädlich ist, ist das doch ein tolles Gesetz, das die Bürger in Europa schützt. Wenn wir durch TTIP aber plötzlich der amerikanischen Gesetzgebung unterliegen, die genau gegenteilig argumentiert, nämlich: Der Staat muss dem Konzern beweisen, dass das Produkt, beispielsweise Glyphosat, krebserregend ist – bis er das bewiesen hat, darf das Produkt über Jahre hinweg munter weitervertrieben werden – dann ist das äußerst schlecht für die Bürger Europas und wir unterwerfen uns dem amerikanischen Wirtschaftssystem. Es wäre ein Kniefall vor den Großkonzernen.

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