Doppelinterview

Paul (Horst Krause) und sein Bruder Emil (Christian Grashof, li.) setzen auf Jiri
Paul und sein Bruder Emil setzen auf Jiri. | Bild: ARD Degeto / Olaf R. Benold

Doppelinterview mit Horst Krause und Christian Grashof über ihre Rollen als Horst und Emil Krüger

In „Kryger bleibt Krüger“ verschlägt es Horst Krause dieses Mal in die tschechische Provinz. Wie haben Sie die Dreharbeiten zwischen Prag, Marienbad und Berlin empfunden?

Horst Krause: Marienbad ist ein wunderschöner Kurort mit grünen Parks und einem singenden Brunnen. Zu jeder ungeraden Stunde ertönt Musik zum Spiel der Fontänen, und nachts ist er beleuchtet. Die traditionellen tschechischen Kneipen und das gute Essen haben es mir angetan. Aber im Herzen bin und bleibe ich natürlich ein Berliner! Meine Berliner Lieblingskneipe in meinem Kiez fehlt mir dann schon während der Dreharbeiten.

Christian Grashof: In Tschechien zu drehen hat im ersten Moment etwas Eigenartiges, aber zugleich etwas Schönes. Marienbad liegt in den Bergen – man trifft sehr viele freundliche Menschen dort, die auf eine besondere Art und Weise viel Ruhe ausstrahlen. Es war sehr angenehm dort.

Paul Krüger geht auf familiäre Spurensuche und trifft zum ersten Mal seit der Kindheit seinen Bruder Emil wieder. Wie würden Sie Ihre Rollen beschreiben und das Verhältnis der Brüder zueinander?

Horst Krause: Krüger ist kein Mann der großen Worte. In fremde Kulturen kann er sich erst einmal nur schwer reindenken. Auf den ersten Blick wirkt er immer etwas grantig, vor allem, wenn er sein geliebtes Berlin verlassen und sich auf Abenteuer ins Ausland begeben muss. Doch im Kern hat er ein gutes Herz – und reist nach Tschechien, um die geerbte Familienbrauerei und nicht weniger als die Belegschaft und seinen Geburtsort zu retten. Sein Bruder Emil lebt völlig zurückgezogen – und sagen wir es einmal so: Es treffen mit den beiden zwei ziemliche Dickschädel aufeinander!

Christian Grashof: Emil ist ganz anders als sein Bruder. Er ist sozusagen Aussteiger und beschäftigt sich mit Puppen, genauer gesagt: Er ist Marionettenspieler. Damit hat er für sein Leben etwas Einfaches, aber sehr Schönes gefunden. Menschen eine Freude zu machen, das ist sein Lebensmotto.

Die beiden Brüder sind in den Wirren nach dem Zweiten Weltkrieg voneinander getrennt worden: Paul Krüger ist mit seiner Mutter nach Berlin geflüchtet. Emil ist bei seinem Vater in Krygovice geblieben. Wie viel Ihrer eigenen Biographien steckt in dieser „Krüger“-Folge?

Horst Krause: Ich bin in Bönhof, im Norden Polens, im ehemaligen Westpreußen, geboren. Ich war das jüngste von fünf Kindern und wir wurden damals von dort vertrieben als ich sechs Jahre alt war. In Ludwigsfelde in Brandenburg haben wir eine neue Heimat gefunden. Deshalb ist mir die Mentalität der Tschechen, einem polnischen Nachbarland, auch nicht ganz fremd.

Christian Grashof: Ich bin in Gablonz, also Jablonec, etwas weiter östlich von Tschechien, geboren. Zusammen mit meiner Mutter – mein Vater war noch im Krieg – sind wir als Flüchtlinge mit einem Treck nach Deutschland gezogen. Wir blieben dann in Sachsen hängen, weil mein Vater aus Sachsen kommt. Dann kam der Mauerbau und das Land war zu. Meine Mutter konnte nicht mehr zu ihren sieben Geschwistern, die weiter bis nach Franken gezogen waren. Somit habe ich auch viel verstanden, was die Familie Krüger im Film betrifft, und habe dadurch eine Affinität zu dem Land.

Paul Krüger begibt sich zwar auf eine Reise in seine Kindheit, doch auch dort klopft bereits die Zukunft an: Chinesische Großinvestoren wollen sich die Familienbrauerei der Krygers unter den Nagel reißen. Wie stehen Sie zu derartigen Entwicklungen der modernen Wirtschaft?

Horst Krause: Selbstverständlich trinke ich lieber Bier aus einer regionalen Familienbrauerei, im besten Fall kenne ich noch den Besitzer. Viele deutsche Traditionsbiermarken gehören ja inzwischen bereits internationalen Konzernen, und da kann man nur hoffen, dass die Qualität unseres Lieblingsgetränks nicht darunter leidet.

Christian Grashof: Besonders kleinere Städte und Unternehmen werden immer attraktiver für Großinvestoren. Für die Menschen ist es nicht immer einfach zu verstehen, dass plötzlich alles aufgekauft und vergrößert wird. Die Veränderungen geschehen meist auf Kosten der kleinen Leute, während das Traditionelle dabei häufig verlorengeht.

Im Film dreht sich alles um die Rettung der tschechischen Familienbrauerei. Deutsches versus tschechisches Bier: Welches Land hat den besseren Gerstensaft zu bieten?

Horst Krause: Tschechisches Bier ist auf der ganzen Welt bekannt und gehört natürlich zu den besten Sorten. Wohl jeder Bierliebhaber hat schon mal ein Pilsner Urquell oder Budweiser getrunken. Aber ich persönlich sehe auf dem Etikett meines Biers dann doch lieber den Berliner Bären und bevorzuge ein heimisches Pils.

Christian Grashof: Tschechisches Bier ist sowieso besser als das deutsche. Ich mag es einfach. Natürlich gibt es auch in Deutschland wunderbares Bier. Ich finde, dass das tschechische Bier etwas Außergewöhnliches hat. Wenn es um deutsches Bier geht, bevorzuge ich dann eher ein Berliner Pilsner nach tschechischer Rezeptur als ein bayerisches Helles.

Herr Krause, in Berlin fürchtet Krüger, nach einer Haussanierung nicht mehr seine Miete zahlen zu können. Wie stehen Sie der aktuellen Diskussion zur Enteignung von Wohnkonzernen gegenüber?

Horst Krause: Wenn man die Berichterstattung in den Medien verfolgt, kann man sehen: Auch in Berlin sind die Mietpreise in den letzten Jahren erheblich angestiegen. Ich wohne in Berlin-Moabit, ein Ortsteil im Bezirk Mitte. Hier sind die Mieten in einer guten Lage inzwischen sehr teuer. Es geht meiner Meinung nach nicht, dass Mieter immer mehr für ihre Wohnungen ausgeben und auf der anderen Seite große Konzerne den Gewinn machen. Eine Enteignung der Konzerne wäre aber schon ein etwas zu radikaler Schritt. Aber man muss etwas dagegen unternehmen. Die Politik ist hier in der Verantwortung. Auch, dass Menschen gegen den „Mietwahnsinn“ auf die Straße gehen, finde ich gut.

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