Fr., 15.11.19 | 19:45 Uhr
Das Erste
Lernen auf Finnisch!
Anlässlich der ARD Themenwoche haben wir uns bei "Wissen vor acht – Zukunft" mit Konzepten zur "Bildung in der Zukunft" auseinandergesetzt. An dieser Stelle noch ergänzende Informationen zu unserem Beitrag "Lernen auf Finnisch".
Das finnische Schulsystem unterscheidet sich vom deutschen vor allem dadurch, dass das dreigliedrige Schulsystem schon 1974 abgeschafft wurde. Seitdem besuchen finnische Schüler bis zur 9. Klasse eine Gesamtschule. Alle Lehrmaterialien sind bis dahin kostenlos und oftmals hat sogar jeder Schüler ein Laptop oder Tablet zur Verfügung. Nach der 9. Klasse besteht noch mindestens 2 Jahre Schulpflicht an einer weiterführenden Schule. Maximal 5 Jahre können die Schüler sich jedoch ihre Zeit einteilen für ihre Kurse. Denn für die Zulassung zum Abitur benötigt man eine Mindestanzahl von 75 Kursen, um an einer von zwei Abiturprüfungen im Jahr teilnehmen zu können. Sitzenbleiben ist hier passé und auch bei einer länger währenden Krankheit bietet sich ein flexibler Wiedereinstieg in die Kurse an.
Das Essen in der Mensa ist in den ersten 9 Jahren ebenfalls kostenfrei und wird gemeinsam mit den Lehrern eingenommen. Insgesamt besteht zwischen Lehrern und Schülern eine größere Nähe, auch Duzen ist nicht ungewöhnlich. Trotzdem genießen Lehrer in Finnland sehr großen Respekt bei den Schülern wie auch bei den Eltern. Denn der Lehrerausbildung geht ein Eignungstest voran, den nur ca. jeder 10. Anwärter besteht. Hierbei wird das Augenmerk nicht nur auf fachliche Kompetenzen gelegt, sondern sehr stark auf den sozialen, spielerischen Umgang mit den Schülern, der ein vertrauensvolles Lernumfeld schafft. Frontalunterricht ist verpönt, wohingegen Gruppenarbeit und rege Diskussionen mit und unter den Schülern sehr gefördert werden.
Im Vergleich zu deutschen Klassen, die oft bis zu dreißig Kindern umfassen, besteht eine finnische Klasse oft nur aus bis zu 20 Schülern. Und zudem gibt es an fast jeder finnischen Schule Assistenten, die Lehrer in der Klasse unterstützen und z.B. Störenfriede beschäftigen. Darüber hinaus gibt es eine/n Schulpsychologin/en, die/der auch über den Unterricht hinaus für Schüler da ist und die Lehrer in außer-unterrichtlichen Belangen entlasten kann.
Ziel bei allem ist es, die Schüler auf die Anforderungen der Zukunft vorzubereiten und daher wird seit 2019 der "Phänomen"- basierte, fächerübergreifende Unterricht zunächst bei den Schülern ab 16 eingeführt und erprobt. Zu einem späteren Zeitpunkt ist geplant, das Konzept auch auf die jüngeren Klassen auszuweiten. Die fächerübergreifende Projektarbeit wird auch in Deutschland zunehmend gefördert. Rund 30 Schulen in verschiedenen Bundesländern sind daran beteiligt und setzen diese Projekte um. Über eine Abschaffung der Schulfächer denkt man indes hierzulande nicht nach. Wie sich diese radikale Neuerung im finnischen Schulsystem entwickeln wird, wird sich schließlich erst in ein paar Jahren zeigen.