So., 25.02.24 | 23:05 Uhr
74. Berlinale: Wer bekommt die Bären?
Jury kürt Dokfilm "Dahomey" von Mati Diop
Mati Diop mit ihrem Team auf dem Roten Teppich – da wusste die französische Regisseurin mit senegalesischen Wurzeln noch nicht, dass ihr Dokumentarfilm "Dahomey" den Goldenen Bären gewinnen würde.
Raubkunst-Doku: Goldener Bär für "Dahomey"
Der Film begleitet 26 geraubte Kunstwerke auf ihrer Reise von Frankreich zurück in ihr Ursprungsland Benin, darunter eine Skulptur des Königs Ghéza. "Einer der Gründe, weshalb ich Kino mache, ist der Wille, Fragen zur Kolonialität so konkret, so verständlich und so sensibel wie möglich zu beleuchten. Denn die Zusammenhänge und Hintergründe bei diesem Thema sind nicht einfach zu begreifen", erklärt Regisseurin Mati Diop dazu.
Ihr Film zeigt auch, wie die Menschen in Benin mit Erstaunen die Ankunft der Kunstwerke erleben, wie Studenten über die Frage der Restitution diskutieren.
"Viele Leute wussten gar nicht, dass uns Kunstwerke geraubt wurden und als sie bei uns ankamen, wurde heftig debattiert. Viele wussten gar nicht, was Raubkunst ist, sie hatten in der Schule nichts darüber gelernt", erzählt Schauspieler Habib Ahandessi.
Film-Experiment: Silberner Bär für "Pepe"
Auch Nelson Carlos de Los Santos Arias, der Gewinner des Silbernen Bären für die beste Regie, erzählt in seinem Film "Pepe" von einer Reise über Kontinente hinweg. Er blickt nach Afrika, in die Heimat der Nilpferde. Drei von ihnen ließ der berüchtigte Drogenbaron Pablo Escobar in seinen Privatzoo nach Kolumbien bringen. Nach dessen Tod wurden sie ausgewildert, leben jetzt im Rio Magdalena, dem Magdalenenfluss.
"Heute sind 160 Nilpferde daraus geworden. Sie bilden die erste wildlebende Herde außerhalb Afrikas. Dabei spiegeln sie die Geschichte Lateinamerikas wider, denn unser Kontinent wurde ja von Europäern und Afrikanern und indigenen Völkern besiedelt", erzählt der Filmemacher.
Nilpferde als Migranten. Den Menschen, die am Magdalenenfluss leben, sind die Tiere fremd, unheimlich.Im Film übernimmt der Geist eines Nilpferds namens Pepe die Rolle des Erzählers. Pepe erinnert sich an den Verlust seiner Freiheit, an den Zoo des Drogenbarons, sogar an seinen eigenen Tod. In "Pepe" mischen sich Sprachen und Identitäten – magischer Realismus auf der Leinwand.
"Es war mir wichtig, dem Tier eine Persönlichkeit zu geben, mit Hilfe von Fantasy-Elementen. Denn das brauchen wir: neue Vorstellungen von der Welt", appelliert der Regisseur, der aus der Dominikanischen Republik stammt. Für ihn ist "Pepe" ein Symbol der Selbstermächtigung, für die Gleichberechtigung aller Kulturen: "Wenn man in einem Land wie dem meinen geboren wurde, wächst man auf in dem Glauben, dass man keine Identität hat und keine eigene Kultur. 'Pepe' erzählt also auch von meinem Leben."
Mit "Pepe" hat die Berlinale-Jury ein ungewöhnliches Filmexperiment ausgezeichnet in einem sonst eher durchschnittlichen Wettbewerb.
Autorin: Hilka Sinning
Stand: 25.02.2024 23:24 Uhr
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