Mo., 27.02.23 | 00:05 Uhr
Das Erste
Denis Scheck empfiehlt: Mohamed Mbougar Sarr
Literaturkritik ist ein gefährliches Geschäft. Manchmal sogar tödlich. So im Fall des aus dem Senegal stammenden Schriftstellers T. C. Elimane, den die französische Literaturkritik für seinen Roman "Labyrinth des Unmenschlichen" 1938 erst feiert, gar als "schwarzen Rimbaud" hochlobt, nur um ihn dann wegen eines Plagiatsvorwurfs fallenzulassen und gnadenlos zu verdammen. Doch T.C. Elimane weiß sich zu wehren. Alle der beteiligten Kritiker begehen kurz darauf Selbstmord. Zufall – oder steckt nicht doch der diffamierte Autor dahinter?
T.C. Elimane ist eine Erfindung des tatsächlich 1990 im Senegal geborenen, herausragend talentierten Mohamed Mbougar Sarr. Sein in Frankreich mit dem prestigeträchtigen Prix Goncourt ausgezeichneter Roman kreist um ein leeres Zentrum: denn natürlich bekommen wir dieses Zauberbuch "Labyrinth des Unmenschlichen" nie zu lesen. Genauso wenig wie wir diesen mysteriösen Autor T.C. Elimane, den es im Lauf eines über 100-jährigen Lebens von Paris nach Südamerika und Afrika verschlägt, je wirklich zu fassen bekommen. Aber dafür zieht uns Mohamed Mbougar Sarr in ein grandios inszeniertes literarisches Detektivspiel und konfrontiert uns mit brandaktuellen Fragen nach Rassismus, Identitätspolitik und kultureller Aneignung. Sarr fragt: Wie übersetzt sich Leben in Literatur – und umgekehrt, wie Literatur ins Leben. Die schlimmste Sünde im literarischen Kosmos von Mohamed Mbougar Sarr und seines Helden T.C. Elimane ist, "nicht richtig lesen" zu können. Mit diesem Buch kann man es lernen.
Stand: 26.02.2023 18:17 Uhr
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