SENDETERMIN Mo., 31.10.22 | 00:05 Uhr | Das Erste

Denis Scheck empfiehlt: "Mildred"

Denis Scheck empfiehlt "Mildred"  | Video verfügbar bis 30.10.2025 | Bild: NDR

Ich möchte Ihnen ein Buch über eine der mutigsten Frauen der Welt vorstellen. Hitler persönlich sorgte dafür, dass diese Frau 1943 unter dem Fallbeil hingerichtet wurde. Sie war Amerikanerin und hieß Mildred Harnack. Dass sie in Deutschland und in den USA so gut wie unbekannt ist, muss verwundern; Rebecca Donners Buch "Mildred" wird dies ändern. 

Aufgewachsen in Armut im amerikanischen Mittleren Westen, lernt die Literaturwissenschaftlerin Mildred Fish ihren deutschen Ehemann Arvid Harnack an einer amerikanischen Universität kennen. Arvid ist Jurist, sein Cousin ist Dietrich Bonhoeffer, sein Onkel der einflussreiche Theologe Adolf von Harnack. Mit seiner amerikanischen Frau kehrt er Ende der 1920er Jahre zurück nach Berlin. 1933 unterrichtet Mildred in Berlin am Abendgymnasium und schreibt ihrer Mutter: "Ich bin dreißig Jahre alt und eine freie Frau. Ich habe die Arbeit, die ich möchte, es gibt keine unüberbrückbaren Hindernisse, um darin voranzukommen [...] Das Leben ist gut."  

Tags darauf wird Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt und Mildreds Leben ändert sich radikal. Sie leistet Widerstand. Organisiert einen Freundeskreis von Antinazis. Hilft Juden. Spioniert. 

Mildred Harnack ist die Urgroßtante von Autorin Rebecca Donner. Literarisch aufregend ist dieses Buch aufgrund der Mittel, derer sich Donner bedient. Sie liefert als Basis eine zeitgeschichtliche Darstellung, setzt aber auch auf literarische Mittel wie die der Collage, lässt Mildred ihre Verhaftung als surrealen Tanz erleben mit "Gestapobeamten in Tutus, die eine makabre Choreografie aufführen" und greift auf die uralte literarische Form der Liste zurück.

Die grauenhafteste Liste in diesem Buch (aber) ist die Liste von Anatomie-Professor Hermann Stieve, auf der er Buch über die Frauen führt, die er seziert hat – darunter viele NS-Opfer. Mildred Harnack ist die Nummer 84 von 182. 

Rebecca Donners "Mildred" fragt, warum einige Menschen sich verweigerten, in einer Zeit, wo so viele mitmachten. Was Widerstand bedeutet. Welchen Preis er hat. Und welche Notwendigkeit. Also vertrauen Sie mir, ich weiß, was ich tue, und lesen Sie "Mildred" von Rebecca Donner", erschienen in der deutschen Übersetzung von Laura Su Bischoff, Sabine Franke und Erich Ammereller im Kanon Verlag. 

Stand: 15.04.2023 23:42 Uhr

0 Bewertungen
Kommentare
Bewerten

Kommentare

Kommentar hinzufügen

Bitte beachten: Kommentare erscheinen nicht sofort, sondern werden innerhalb von 24 Stunden durch die Redaktion freigeschaltet. Es dürfen keine externen Links, Adressen oder Telefonnummern veröffentlicht werden. Bitte vermeiden Sie aus Datenschutzgründen, Ihre E-Mail-Adresse anzugeben. Fragen zu den Inhalten der Sendung, zur Mediathek oder Wiederholungsterminen richten Sie bitte direkt über das Kontaktformular an die ARD-Zuschauerredaktion: https://hilfe.ard.de/kontakt/. Vielen Dank!

*
*

* Pflichtfeld (bitte geben Sie aus Datenschutzgründen hier nicht Ihre Mailadresse oder Ähnliches ein)

Kommentar abschicken

Ihr Kommentar konnte aus technischen Gründen leider nicht entgegengenommen werden

Kommentar erfolgreich abgegeben. Dieser wird so bald wie möglich geprüft und danach veröffentlicht. Es gelten die Nutzungsbedingungen von DasErste.de.