So., 23.10.22 | 12:03 Uhr
Das Erste
Presseclub
Seit fünf Wochen schwappt eine landesweite Protestwelle über die Islamische Republik. Es sind vor allem junge Frauen, die sich gegen die systematische Unterdrückung durch das Mullah-Regime wehren und dabei selbst Gewalt und Tod in Kauf nehmen. Entzündet hat sich der Funke am Schicksal der 22-jährigen Kurdin Amini. Die Sittenpolizei hatte ihr vorgeworfen, das Kopftuch nicht korrekt getragen zu haben, weshalb sie in Polizeigewahrsam genommen wurde. Das hat sie nicht überlebt. Anfang der Woche haben die europäischen Außenminister deshalb Sanktionen gegen die Sittenpolizei und weitere Verantwortliche verhängt. Reicht das aus oder muss viel mehr geschehen?
Das Regime versucht den Widerstand, der sich inzwischen durch alle gesellschaftlichen Schichten zieht, mit äußerster Gewalt zu brechen. Mehr als 240 Menschen sollen dabei getötet, mehr als 12.000 Menschen verhaftet worden sein. Wird die Regierung diese Proteste politisch überleben? Viele Exiliraner und -iranerinnen verlangen eine entschiedenere Reaktion, um das Mullah-Regime zu Fall zu bringen – vor allem von Außenministerin Baerbock. Der Vorwurf: Sie habe viel zu spät reagiert und ihre Idee einer feministischen Außenpolitik verraten. Aber der Westen ist nicht nur aufgrund der Menschenrechtsverletzungen unter Zugzwang, sondern auch, weil der Iran Russland offensichtlich Kamikazedrohnen liefert, um die Energieinfrastruktur in der Ukraine zu zerstören. Deshalb hat die Europäische Union neue Sanktionen gegen den Iran auf den Weg gebracht. Es mehren sich Stimmen, die Deutschland auffordern, jeglichen Handel mit dem Iran zu beenden und die Verhandlungen über das Atomabkommen endgültig aufzukündigen. Berlin und Washington scheuen bisher davor zurück. Der Iran dürfe auf keinen Fall eine Atommacht werden. Ist das Zögern klug oder ist das Abkommen sowieso längst tot?
Darüber diskutiert WDR-Chefredakteurin Ellen Ehni mit den Gästen:
Paul-Anton Krüger, Süddeutsche Zeitung
Gordon Repinski, Media Pioneer
Gilda Sahebi, freie Journalistin
Anja Wehler-Schöck, Der Tagesspiegel