Faktencheck zu "maischberger"
Sendung vom 06.12.2023
Faktencheck
Bei Maischberger wird engagiert diskutiert, Argumente werden ausgetauscht, es wird auch schon mal emotional und manchmal bleibt am Ende keine Zeit, um alles zu klären. Wenn Fragen offen bleiben, Aussagen nicht eindeutig waren oder einfach weitere Informationen hilfreich sein könnten, schauen wir nach der Sendung noch einmal drauf – hier in unserem Faktencheck.
Und das schauen wir uns an:
- Was versteht man unter einem Nothaushalt?
Was versteht man unter einem Nothaushalt?
Wie am heutigen Donnerstag (7.12.23) bekannt wurde, wird der Bundestag den Haushalt für das Jahr 2024 nicht mehr in diesem Jahr verabschieden. Die Haushaltsberatungen innerhalb der Koalition könnten nicht mehr rechtzeitig zum Abschluss gebracht werden, schrieb die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Katja Mast, in einer Mitteilung an alle SPD-Abgeordneten. Über die Beratungen sprachen wir in der Sendung mit dem SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil. In diesem Zusammenhang wurde auch vom sogenannten Nothaushalt gesprochen, mit dem die Bundesregierung nun in das Jahr 2024 geht. Was dieser Begriff genau bedeutet, schauen wir uns hier noch einmal näher an.
Maischberger: "Wenn Sie jetzt keine Einigung hinbekommen, dann gibt es ab Januar den sogenannten Nothaushalt. Dann ist die Richtlinie nicht mehr beim Kanzler, sondern dann sitzt Herr Lindner da und der kann dann jede einzelne –"
Klingbeil: "Ja, aber jetzt wird ja noch geredet in diesen Stunden."
Maischberger: "Ich möchte es nur sagen. Dann wird Herr Lindner derjenige sein, der jede einzelne Ausgabe sozusagen immer dann genehmigen kann oder nicht. Dann ist der Chef raus."
Klingbeil: "Und deswegen ist das Ziel, dass wir in diesem Jahr auch noch eine Einigung hinbekommen."
Maischberger: "Wessen Ziel? Auch das von Herrn Lindner?"
Klingbeil: "Das der Sozialdemokratie, das der Grünen und auch der FDP. Da bin ich mir sicher, dass alle Koalitionspartner daran interessiert sind, dass wir schnell eine Lösung bekommen."
Hintergrund: Was versteht man unter einem Nothaushalt?
Wofür der Staat Geld ausgibt und woher er seine Einnahmen bezieht, darüber entscheiden in parlamentarischen Demokratien grundsätzlich die Parlamente. Man spricht hier auch von der Budget-Hoheit des Parlaments. Die entsprechenden Pläne werden jedes Jahr neu in einem Haushaltsgesetz festgeschrieben. Wenn sich aber das Parlament bis zum Beginn eines neuen Jahres noch nicht auf einen Haushaltsplan einigen konnte, schränkt dies die Handlungsfähigkeit des Staates ein. In den USA, wo das Haushaltsjahr immer zum 1. Oktober beginnt, führte ein Haushaltsstreit im Kongress das Land unlängst an den Rand eines sogenannten "Government Shutdown", also der Stilllegung der Bundesverwaltung. In diesem Fall werden die Staatsgeschäfte weitgehend heruntergefahren. Bundesbeamte, die keine "unerlässlichen Aufgaben" erledigen, werden in unbezahlten Urlaub geschickt. Vom Shutdown unangetastet bleiben z.B. Polizei, Rettungsdienste und die Post. In den letzten 50 Jahren gab es in den USA insgesamt 20 solcher Shutdowns, die manchmal nur wenige Tage, in schwierigeren Fällen aber auch mehrere Wochen andauerten.
Um eine ähnliche Situation in Deutschland zu verhindern, sieht das Grundgesetz die Möglichkeit einer "vorläufigen Haushaltsführung" vor, die umgangssprachlich auch "Nothaushalt" genannt wird. Sie führt dazu, dass der Staat auch bei einem nicht rechtzeitig verabschiedeten Haushaltsgesetz voll funktionsfähig bleibt. Gemäß Artikel 111 GG darf die Bundesregierung in diesem Fall Ausgaben vornehmen, "die nötig sind,
Wie in der Sendung richtig gesagt wurde, kommt dem Bundesfinanzminister bei der Umsetzung des Nothaushalts eine zentrale Bedeutung zu. Denn laut Bundeshaushaltsordnung (BHO) ist er es, der den Fachressorts die Ausgaben bewilligt.
Dass es zu einer vorläufigen Haushaltsführung kommt, ist keine Seltenheit. Nach Bundestagswahlen wird der Haushalt oft erst im darauffolgenden Jahr beschlossen. Nach der letzten Wahl 2021 dauerte es bis Ende Mai 2022, bis der Haushalt verabschiedet wurde.
Wie am heutigen Donnerstag (7.12.23) bekannt wurde, wird eine innerkoalitionäre Einigung über den Haushalt 2024 nicht mehr rechtzeitig kommen, damit Bundestag und Bundesrat dem Haushaltsplan noch vor Jahresende zustimmen können. Letzter Sitzungstag des Jahres ist in beiden Kammern der 15.12.23. Das bedeutet, dass die Bundesregierung vorerst mit einem Nothaushalt in das neue Jahr gehen wird.
Fazit: Der sogenannte Nothaushalt kommt laut Verfassung immer dann zum Tragen, wenn sich das Parlament nicht rechtzeitig zu Beginn des Jahres auf ein neues Haushaltsgesetz einigen konnte. Die Bundesregierung darf in diesem Fall weiterhin die nötigen Ausgaben tätigen, um staatliche Verpflichtungen zu erfüllen. Anders als z.B. in den USA bleibt der Staat somit auch ohne verabschiedeten Haushalt voll funktionsfähig. Eine zentrale Rolle kommt dabei dem Bundesfinanzminister zu, der den einzelnen Fachressorts die Ausgaben bewilligt. Wie am heutigen Donnerstag (7.12.23) bekannt wurde, werden sich die Ampel-Parteien nicht rechtzeitig einigen, damit Bundestag und Bundesrat dem Haushaltsplan noch vor Jahresende zustimmen können. So wird die Bundesregierung mit einem Nothaushalt in das neue Jahr gehen.
Stand: 07.12.2023
Autor: Tim Berressem