Sicherheitsbehörden warnen vor Ausbreitung der Reichsbürger-Szene
Innenministerium Sachsen-Anhalt: „«Königreich Deutschland» auf Expansionskurs in die Mitte der Gesellschaft“
Mehrere Sicherheitsbehörden und Innenministerien warnen vor einer Ausbreitung der Reichsbürgerszene um das „Königreich Deutschland“. Die Gruppierung bemüht sich nach Recherchen des ARD-Politikmagazins REPORT MAINZ aktuell vor allem im Süden und Westen Deutschlands um neue Mitglieder.
Das sogenannte Königreich hat seinen Sitz in Sachsen-Anhalt. Demnach finden derzeit fast wöchentlich Werbeveranstaltungen statt, teils unter konspirativen Umständen. REPORT MAINZ wurden Aufnahmen einer Infoveranstaltung des „Königreich Deutschland“ zugespielt. Sie zeigen, mit welchen Inhalten die Gruppe auf Mitgliederfang geht.
Von der Corona-Pandemie zum Systemausstieg
In den Veranstaltungen ist beispielsweise die Rede von den Rothschilds, einer jüdischen Bankiersfamilie, die schon den „Bundestag in Frankfurt mitfinanziert und den Haushalt gestellt“ habe. Wer denke, dass das heute anders sei, sei ein „Schelm“. Die Bundesrepublik Deutschland sei „nicht souverän“. Das jetzige System müsse „ersetzt“ werden, denn es sei einzig zum Nachteil der Bevölkerung ausgelegt, um diese „zu versklaven, kleinzuhalten, sie auszunehmen“. Auffällig ist, dass es in dem Seminar immer wieder auch um die Corona-Pandemie geht: um die Impfungen, die Maske, den „Widerstand“ gegen die Maßnahmen. Auch bei den Akteuren findet sich ein Bezug zur Pandemie. So war eine der drei Veranstalterinnen der Infoveranstaltungen des „Königreichs“ früher Landesvorsitzende der Partei „Die Basis“. Die Partei selbst distanziert sich gegenüber REPORT MAINZ von den Aktivitäten ihres ehemaligen Mitglieds und dem „Königreich Deutschland“.
Innenministerium Sachsen-Anhalt: „Starker Expansionsdrang“
Die Innenministerien und Verfassungsschutzbehörden mehrerer Bundesländer beobachten die zunehmenden Aktivitäten des selbsternannten Königreiches. Das Innenministerium Sachsen-Anhalt beispielsweise spricht gegenüber REPORT MAINZ von „einem starken Expansionsdrang dieser Gruppierung“. Man beobachte vielfältige Maßnahmen, „die auf die Rekrutierung neuer Anhänger aus der Mitte der Gesellschaft und auf die Herstellung neuer Allianzen zielen“. Auch das baden-württembergische Innenministerium erkennt Bestrebungen der Gruppierung, um „die Errichtung pseudostaatlicher Parallelstrukturen bundesweit voranzutreiben“.
Das „Königreich Deutschland“ gilt als eine der aktivsten Gruppen der sogenannten Reichsbürger- und Selbstverwalterszene. Behörden stufen das „Königreich Deutschland“ als extremistisch und verfassungsfeindlich ein, weil sie einen eigenen Staat gründen will, u. a. mit eigenen Gesetzen und eigenem Finanzsystem. Die Gruppierung lasse keinen Zweifel daran, dass sie die in der Bundesrepublik Deutschland bestehende demokratische Ordnung ablehne und durch eine autoritäre Ordnung ersetzen will, so die Einschätzung des Innenministeriums Sachsen-Anhalt. Nach eigenen Angaben gehören dem „Königreich Deutschland“ rund 6.000 Mitglieder an.